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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cyrus Darbandi
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zitterte er in der Dunkelheit, das Fenster halb auf Kipp gestellt. Die Kälte strich wie mit Rasiermessern über seine Haut, und draußen riss die Morgendämmerung immer größere Fetzen aus der Nacht. Berlin erwachte wie ein schlaftrunkener Gigant aus wirren Träumen, schälte sich aus den Resten der Nacht, streifte sie ab wie einen stinkenden, klammen Anzug. Langsam baute sich seine Geräuschkulisse auf, sein mitunter hässliches, zur Fratze entstelltes Gesicht. Aus seinen Hautfalten fielen die Überreste der letzten Stunden; Betrunkene, Betrogene, Erschlagene, Verhungerte, Erfrorene. Das Leben hatte seinen Zoll entrichtet.
    Abraham hörte die Dusche rauschen. Zündete sich eine Zigarette an. Dann noch eine, weil er wusste, dass Erin ebenfalls danach verlangen würde. Er stand auf, verzichtete auf die Umarmung seiner Decke, ging zum Fenster, wartete auf das erst bläuliche, dann fahle Licht. Erin trat neben ihn, nur ihr Gesicht lugte unter dem Stoff hervor. Als er ihre Hand nahm, schob sie diese weg, und er empfand fast körperliche Schmerzen dabei. Aber vielleicht war es ja besser so. Nein, nichts daran war besser. Nichts war gut. Leg deine Hand um mich, dachte er, lass sie dort liegen, bleib.
    Nach einer solchen gemeinsamen Nacht waren ihre Gesichtszüge, die sich in den letzten Jahren so verhärtet hatten, aufgebrochen, endlich schienen ihre weichen Linien wieder durch. Wir leuchten immer noch, dachte er. Nicht stark, aber auch noch nicht erledigt. Kein Feuer mehr, aber das Glimmen der Glut.
    »Wir waren magisch«, sagte er.
    »Waren wir das?«
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir es waren.« Er reichte ihr die zweite Zigarette.
    »Welche Magie das auch immer war, Frank, sie war nicht stark genug. Nicht stärker als die Dinge, die uns voneinander trennen.«
    Was sollte er daraufhin sagen? Sie hatte recht.
    Trotzdem war da eine Vertrautheit, und sie würde immer bleiben. Unmöglich, dass Erin ihm jemals als Fremde begegnen würde – auch wenn ihre Körper so taten, als wären sie es, um sich nicht vor ihrer gescheiterten Geschichte rechtfertigen zu müssen.
    Er sah sie an, lange und intensiv, und sie spürte seinen Blick, der so unerbittlich sein konnte, wenn er einem Verdächtigen gegenübersaß, und so zärtlich bei den Menschen, die er liebte. Manchmal reicht ein Blick aus, dachte sie, und wir verlieren uns darin, weil wir verloren sein wollen. Sie erinnerte sich daran, wie sie ihm das erste Mal begegnet war. Das Schicksal hatte sie ihm direkt in die Arme geworfen. Um sie herum eilten die Menschen durch den Sturm, jeder sich selbst der Nächste; kleine Fischerboote, dabei, noch rechtzeitig den schützenden Hafen zu erreichen. Sie war auf dem nassen Berliner Pflasterstein mit ihren untauglichen Pariser High Heels eingeknickt, war durchnässt und fror, und davon abgesehen war sie verdammt noch mal einsam.
    Ihre letzte Beziehung zu einem Landsmann in Paris, einem Musiker, hatte sich als Rock-’n’-Roll-Schwindel entpuppt.
    Der Typ dachte, er sei der neue Mick Jagger und sie Jerry Hall. Nun, er war es nicht, dafür aber der Meinung, er könne es mit jeder treiben, und sie wäre damit einverstanden.
    (»Hier in Europa sind alle Bigamisten, Babe.«)
    Sie sehnte sich nach Ruhe, nach Stabilität. Nach einem Gefährten, der sie festhielt, wenn sie es brauchte, und der schweigen konnte, wenn sie traurig war und nur den Wolken zusehen wollte, die über sie hinwegzogen, gen Atlantik, nach Hause. Und der sie bedingungslos liebte, wenn sie es nicht mehr mit sich selbst aushielt.
    »Okay«, sagte Abraham, weil er spürte, wie sie zitterte, als die Erinnerungen sie überrannten. Egal, wie hoch wir unsere Festung bauen, wie tief wir den Schlossgraben ziehen, egal, wie stark die Mauern sind, diesem Ansturm halten wir niemals stand. Wieder griff er nach ihrer Hand. Diesmal zog sie sie nicht weg. Sein Herz stieß eine einsame Fanfare aus. Auf dem Nachttisch lag sein Handy, es vibrierte, summte, das Display leuchtete unheilvoll.
    Erin vergrub ihr Gesicht in seiner Seite, seufzte, sagte:
    »Das war abgesprochen, nicht?«
    In der Dunkelheit flimmerte ein Lächeln über sein müdes Gesicht.
    »Für so hinterhältig hältst du mich?
    »Nein, nur für allzeit bereit.«
    »Ich könnte ihnen sagen, regelt das selbst. Kleber ist schon ziemlich lange ein großer Junge«.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, du bist es, den sie brauchen. Das wird immer so bleiben, du wirst immer so bleiben, ich habe es nur zu spät verstanden.«
    »Es

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