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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cyrus Darbandi
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Kerl in der Kneipe hatte an diesem Tag keines.«
    Es war ein banaler Streit gewesen, ein dummer Wortwechsel, der eine betrunken, der andere gereizt, man begann in der Kneipe und machte draußen weiter, bis einer von beiden nicht mehr aufstand. Beck flüchtete und wurde später geschnappt.
    »Er saß brav seine fünf Jahre in der JVA Werl ab. Entlassen wegen guter Führung. Verließ dann Nordrhein-Westfalen und ging nach Berlin. Lebt hier von Hartz-IV. Ab und an in Fortbildungenund ABM-Maßnahmen. Ich habe schon herumtelefoniert, aber du weißt ja, mit Infos halten sie einen knapp, selbst wenn der Betreffende die Hand am Zünder hat. Scheint aber ein renitenter Bursche zu sein, Typ Besserwisser. Arrogant, überheblich.«
    »Hat er einen ARGE-Mitarbeiter mal bedroht?«
    »Nein. Weder verbal noch körperlich, und das, obwohl ihm schon Leistungen wegen Nichterscheinen gekürzt wurden. Was heißt das? Hat er sich so gut unter Kontrolle? Hat er das vielleicht im Knast gelernt?«
    »Möglicherweise hat er eine Anti-Aggressions-Therapie mitgemacht. Vielleicht hat er auch einfach nur kapiert, dass es besser ist, den Ball flach zu halten, um nicht gleich wieder einzufahren. Apropos Therapie: So etwas käme für unseren Jungen tatsächlich in Betracht. Aber davon steht hier nichts. Dabei wäre es doch interessant zu wissen, wie’s in seinem Kopf so aussieht.«
    »Wenn du mich fragst: unheimlich und zappenduster. Soll ich die Kollegen in NRW kontaktieren?«
    »Das mache ich selbst.«
    Der Direktor der JVA Werl lieferte Abraham keine neuen Erkenntnisse, verwies ihn aber auf einen Psychiater namens Kersten, der sich mit Beck auseinandergesetzt hatte. Er gab Abraham dessen Nummer. Abraham ließ sich verbinden und wartete volle zehn Minuten, bis Kersten für ihn Zeit hatte.
    »Hören Sie«, sagte Kersten, »aufgrund der Vorgeschichte des Insassen wurde ein einmaliger Gesprächstermin angesetzt.«
    »Vorgeschichte? Meinen Sie die Einbrüche und die Brandstiftung?«
    »Nein. Nun, darüber haben wir auch gesprochen, aber er war da sehr zurückhaltend. Eigentlich ging es darum, dass ein Mitgefangener ihn angeschwärzt hatte. Na ja, angeblich hatte ihm Beck von dem Mord an einer Frau erzählt.«
    »Glaubhaft?«
    »Tja, Beck hat dies mir gegenüber natürlich bestritten, und es war ja außer den beiden auch keiner dabei.«
    »Hatte er seinem Zellenkumpel Details genannt?«
    »Nein, es waren eher vage Äußerungen allgemeiner Natur. Mordphantasien, aber nichts wirklich Konkretes, nichts, was weitere Ermittlungen nach sich gezogen hätte. Und Sie wissen selbst, was die Männer reden, wenn ihnen die Decke auf den Kopf fällt.«
    »Ja, Mord und Totschlagstorys vertreiben einem da drin wirklich die Zeit.«
    Kersten bemühte sich, den zynischen Unterton zu überhören. »Beck hatte gar kein Problem mit dem Gespräch. Er war sehr kooperativ. Sehr höflich, sehr beherrscht, obwohl …«
    »Ja?«
    »Es schien ihm Mühe zu bereiten, einen gefestigten Eindruck zu machen. Er wirkte sehr verbissen in seiner Zurückhaltung. So als hätte er sich das zuvor antrainiert. Ich glaube, er war innerlich aufgewühlt.«
    »Und haben Sie nachgehakt?«
    »Ich hielt das nicht für nötig«, rechtfertigte sich Kersten. »Der Mann saß wegen Totschlags und nicht wegen heimtückischen Mordes, und er war auch in keiner Sicherheitsverwahrung, die ein psychologisches Gutachten gerechtfertigt hätte.«
    »Was hat er denn zu den Vorwürfen gesagt?«
    »Er nannte sie Spinnereien seines Zellengenossen.«
    »Und das haben Sie ihm geglaubt.«
    »Nun, es stellte sich heraus, dass der Mitgefangene ein notorischer Lügner war, der einem anderen Häftling schon einmal mit der gleichen Geschichte Ärger gemacht hatte. Deshalb wurde die Sache schnell wieder fallen gelassen. Beck erwähnte im Gespräch mit mir nur Depressionen, unter denen er litt, und ich sorgte dafür, dass er medikamentös eingestellt wurde. Und mehr war nicht.«
    Was für ein netter, kleiner letzter Satz, dachte Abraham, alser auflegte. Mehr war nicht. Den konnte man sich fast schon über den Schreibtisch hängen.
    »Und was nun? Wir haben Becks Adresse, sollen wir ihm einen Besuch abstatten?«
    Kleber fläzte sich auf seinem Stuhl herum. Abraham starrte intensiv auf die hängenden Blätter der Zimmertopfpflanze.
    Der Himmel steuerte zur allgemeinen Tristesse bei. Die Zeit gefror ihnen zu dicken Blöcken massivster Hilflosigkeit.
    Da draußen lief ein Killer herum und folgte seinen eigenen verschlungenen,

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