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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cyrus Darbandi
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heißer Schwall reinster Angst flutete Mevissens Stammhirn.
    »Was ist los? Rede mit mir«, rief Mevissen. Zu dunkel, dachte er, es war viel zu dunkel in diesem Raum, keine gute Idee, hierherzukommen, das wenige Licht, das sich durch Ritzen und Spalten quälte, reichte nicht, um vernünftig kämpfen zu können. Denn darauf lief es hinaus.
    Beck schlug die Tür hinter sich zu.
    Mevissen zog sein Messer, ließ die lange scharfe Klinge aufspringen. »Mach jetzt keinen Scheiß«, sagte er. »Hörst du, Magnus, mach jetzt keinen Scheiß.«
    »Wen? Wen meinst du denn damit«, hörte er aus der Dunkelheit eine Stimme. Sie hörte sich überhaupt nicht wie die von Beck an. Mevissen kapierte überhaupt nichts. Wer war noch hier?
    »Wer ist da?«, rief er.
    »Na ich.«
    »Magnus?«
    »Wer ist denn dieser Kerl?«
    »Verarsch mich nicht … sag was, Magnus, rede mit mir.« Mevissen bewegte sich sehr vorsichtig in Richtung der Stimme. Er kniff die Augen zusammen und sah die Umrisse einer Person. Er streckte die Hand mit der Klinge vor. Der Umriss verschwand wieder wie schwarzer Rauch in der Dunkelheit. Mevissen schwitzte wie verrückt, obwohl es hier eisig war. Er würde Beck verdammt noch mal abstechen.
    Komm schon, dachte er, sag noch einmal etwas … lotse mich zu dir.
    »Magnus.«
    »Magnus … tja, ich fürchte, der ist gerade nicht zu Hause.«
    Die Stimme kam von rechts, und Mevissen wirbelte herum und rammte das Messer in die Mitte der Schwärze, dorthin, wo sich Beck befinden musste, aber sogleich packten ihn von hinten zwei starke Arme und hoben ihn hoch und schleudertenihn, als wäre er nicht mehr als eine Puppe, gegen die Wand. Seine Nase brach mit einem hässlichen Geräusch, Blitze tanzten vor seinen Augen, und er verlor das Messer. Bevor er überhaupt realisierte, was weiter mit ihm geschah, schlossen sich Hände wie stählerne Zangen um seinen Hals, und eine Stimme, die der Finsternis selbst gehörte, zischte in sein Ohr:
    »Nein, ich glaube, der kommt auch nicht mehr.«

KAPITEL
VIERZIG
    Später konnte sie nicht sagen, wie oft sie seine Nummer vergeblich gewählt hatte. Tranceartig, betäubt, wie unter einem fremden Einfluss verließ sie das Sidewalks Express-Internet-Café. Auf die Idee, dass Mevissen sie bei seiner Rückkehr dorthin nicht mehr vorfinden würde, kam sie nicht.
    Sie ging nicht davon aus, dass er zurückkehrte.
    Ihr Handy klingelte. Mit steifgefrorenen Fingern drückte sie die grüne Taste.
    »Christian?«
    Nein, nicht Christian. Beck.
    »Polly? Sag doch etwas? Ich weiß, dass du dran bist. Komm zurück, Polly. Christian will mit dir sprechen. Wir haben alle gemeinsam etwas zu bereden.«
    Sollte sie ihm antworten? Was war mit Christian? Wieso rief er sie nicht selbst an? Wieso hatte Beck sein Handy? Das konnte nur eines bedeuten …
    Sie gab einen erstickten Laut von sich.
    Beck sagte: »Sag mir, wo du bist, und wir kommen dich abholen.«
    Dann machte sie den Fehler und sprach.
    »Wo ist Christian?«
    »Er sucht nach dir.«
    Das war gelogen. Christian wusste ja, wo sie war … nein, wusste er nicht. Weil du weggegangen bist. Sie war so blöd. Vielleicht suchte er wirklich nach ihr. Aber wieso hatte er dann sein Handy nicht mitgenommen, sondern es Beck gegeben? Das ergab keinen Sinn. Es sei denn … es sei denn, Beck hielt ihn gefangen.
    Oder Schlimmeres.
    Und warum sprach Beck dann von »wir«, wenn er doch offenkundig alleine war. Immerhin war Mevissen angeblich ja schon auf der Suche nach ihr.
    »Er hätte doch sein Handy mitgenommen …«, sagte sie.
    »Doc war in Sorge, weil du nicht da warst. Ist Hals über Kopf abgehauen. Sag mir, wo ich dich finde, dann hole ich dich ab und wir warten auf Doc.«
    Trau ihm nicht. Trau ihm nicht. Trau ihm nicht.
    Sie durfte nicht in dieses Haus zurückkehren. Mevissen hätte nicht zurückgehen sollen.
    Polly wusste nicht, was sie tun sollte. Sie geriet in Panik. Die Welt vor ihr schwankte betrunken und drohte jeden Moment wegzukippen.
    Und wenn es mir gelingt, ihn vom Haus wegzulocken, überlegte sie. Wenn er Christian gefangen hält und ich ihn weglocke, dann kann die Polizei ihn herausholen.
    Sie sagte zu Beck: »Ich bin am Alexanderplatz.«
    Beck sagte: »Ich bin in fünfzehn Minuten da. Am besten, du wartest am Brunnen der Völkerfreundschaft auf mich. Ist nicht zu übersehen.«
    Beck schob sich Mevissens Handy in die Hosentasche, in der schon die Autoschlüssel waren. Er ging zu Mevissen, der eingepfercht im Wandschrank kauerte.
    Stumm, sehr stumm, für

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