Das Licht der Toten: Roman (German Edition)
dachte er.
Diese Botschaft, denn um nichts anderes handelte es sich hier, war für ihn bestimmt.
Und da war Blut auf dem Boden. Blutspuren, die ihn zur Dusche führten. Sie waren in die Wohnung eingedrungen, als Selina unter der Dusche stand, nackt und wehrlos. Glas war zersplittert, vielleicht hatte sie sich während des Kampfes, denn sie hatte sich bestimmt zur Wehr gesetzt, verletzt. Oder die Killer hatten sie verletzt. Vielleicht war sie gar nicht mehr am Leben.Nein. Sie sollte vor den Augen ihres Vaters sterben. Ein zu früher Tod wäre höchst unprofessionell.
Der Plan, den Killer von seinem Bruder abfangen zu lassen, würde nun nicht mehr funktionieren.
Also musste er sich etwas anderes ausdenken. Aber seine Optionen tendierten gegen null.
Er rief Mikosch an.
Sicher konnten Arschawin und der Killer Mikoschs Nummer aus Selina herausholen, aber das war nicht ihre Aufgabe, das war seine Aufgabe. Seine persönliche Tortur.
Geh ran, dachte er, geh um Himmels willen ran.
Zuerst hört er nur ein Rauschen, doch darin verbarg sich das mühsam angespannte Atmen eines Mannes unter Druck.
Wie ich, dachte er, wir beide nun.
Robert sagte: »Wenn Ihnen etwas an Ihrer Tochter liegt, dann kommen Sie zu Selinas Wohnung. Die haben sie. Die haben Ihre Tochter. Überlegen Sie, was Sie tun, Mikosch. Bringen Sie das gottverdammte Geld mit. Ich schätze, wir haben jetzt alle beide keine Optionen mehr.«
Keine Antwort, nichts. Das Rauschen verschwand, das Atmen ebenso. Stille.
Robert dachte: Wenn er nicht kommt, ist Selina tot.
Doch wenn er kommt und sich stellt, ist sie es ebenfalls.
Seine Finger huschten über die Tasten seines Handys, tippten Franks Nummer ein. Verharrten über der grünen Verbinden-Taste. Frank war da draußen, um einen Serienmörder zu jagen, und anscheinend war er ihm hart auf der Spur. Mit welcher Begründung konnte sein Bruder jetzt mitten in der heißen Fahndungsphase aussteigen? Frank hatte versprochen, ihm zu helfen, aber das war vor Selinas Entführung gewesen.
Die Karten waren unterdessen neu gemischt worden, und Robert besaß kein einziges gutes Blatt.
Er setzte sich in einen Stuhl und wartete, bis Mikosch auftauchte oder nicht.
KAPITEL
DREIUNDVIERZIG
Schneider, der Leiter des Spezialeinsatzkommandos, unter der Hand als SEK-Schneider bekannt und berüchtigt, hatte seine Männer so platziert, dass sie unsichtbar waren. Abraham und Kleber waren bei ihm im Einsatzfahrzeug. Kameras, deren Bilder auf Monitore übertragen wurden, überwachten die Straße.
»Wenn er kommt, schnappen wir ihn uns«, sagte SEK-Schneider. Die Zielperson. Das war Beck ab jetzt: die Zielperson. »Und falls er drinnen ist, holen wir ihn raus.«
»Nein. Sie lassen ihn in das Haus gehen, falls er auftaucht«, sagte Abraham. Kleber sah ihn an.
»Er könnte inzwischen zurückgekehrt sein, Boss. Wer weiß, ob der Typ, von dem uns die Frau erzählt hat, nicht tot ist. Oder seine Geisel.«
Eher tot, dachte Abraham.
»Vielleicht kommt er auch gar nicht mehr zurück. Er kann sich doch denken, dass die Frau zur Polizei gegangen ist und wir vielleicht schon auf ihn warten«, meinte SEK-Schneider.
»Nein, der kommt zurück«, sagte Abraham. »Der holt sich die restlichen Tonbänder, wenn er hier die Biege macht. Auf keinen Fall flieht er ohne die Aufnahmen.«
»Das ist Beweismaterial«, ergänzte Kleber, »er muss es verschwinden lassen. Die Aufnahme von der Tötung Edda Markowitz’ ist echt, die anderen sind es dann wahrscheinlich auch. Mit Namen beschriftet – jeder Name steht für eine ermordete Frau.«
»Beck verschwindet nicht ohne sie«, sagte Abraham. Das stand für ihn fest. »Und wenn er kommt, dann trifft er auf mich, denn ich werde in seiner Wohnung auf ihn warten.«
»Alleine?«
»Ja.«
Kleber grunzte. »Spinnst du, Boss? Ich lasse dich dort nicht alleine reingehen. Und falls er da ist, dann schon gar nicht ohne Verstärkung …«
Kleber und der Einsatzleiter sahen ihn an wie einen Lebensmüden.
Beck war brandgefährlich. Ein Totschläger und mutmaßlicher Serienkiller. Ihm alleine gegenüberzutreten, war reiner Wahnsinn.
»Das kann ich nicht verantworten«, sagte SEK-Schneider entschieden.
»Gut, dass Sie es nicht müssen«, sagte Abraham. »Ich leite die Festnahme …«
»Und ich den Zugriff. Wollen Sie unbedingt der nächste tote Bulle in Berlin werden?«
Kleber nahm Abraham zur Seite. »Was bitte soll das? Was ist nur los mit dir? Du bist ja völlig durch den Wind …«
»Vertraust du mir
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