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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cyrus Darbandi
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Tagen.
    »Auf so etwas achtest du, Freund«, sagte Arschawin. Er anscheinend nicht. »Na ja, es liegt wahrscheinlich daran, dass sie ständig neben irgendwelchen Typen aufwacht. Und das nicht in ihrem Bett.«
    Roberts fragender Blick.
    »Du siehst, ich knie mich auch rein«, sagte Arschawin. »Ich war fast überall mit dabei. Ist keine große Sache. Diese Kunstszene ist ohnehin wie ein großes, offenes Haus. Es reicht, wenn du interessiert tust. All diese Typen sind ja immer auf dem Sprung – probieren jeden Tag ein anderes Leben aus, und jedes führt zu nichts. Sie bewegt sich in diesen Kreisen als eine Art Scout. Vermittelt, knüpft Beziehungen. Sie ist von einer Menge Leute umgeben, die sich wichtig nehmen. Mit einigen von ihnen geht sie mit. Oder die mit ihr, das ist wohl fließend. Kontakte auf einer anderen Ebene knüpfen.«
    Für eine Nacht, für einen halben Tag. Das war einerseits ein bisschen wenig, andererseits der übliche Standard in dieser Stadt, in der man sich jahrelang aus den Augen verlieren konnte, wenn man nur wollte.
    »Und weiter?«
    »Ihre Mutter liegt in der Charité. Krebs, so viel habe ich rausbekommen. Keine Ahnung welcher, aber da sie schon seit längerer Zeit auf der onkologischen Station liegt, wird es wohl etwas Ernsteres sein. Andererseits ist Krebs immer eine ernste Sache.
    Das war der Grund für ihre Traurigkeit, dachte Robert. Ihre Mutter lag im Sterben, ihr Vater war ein großes Nirgendwo, und sie ließ sich treiben. Das erinnerte ihn an irgendjemanden, der so aussah wie er selbst und den zu kennen er glaubte.
    Nun, eigentlich immer weniger.
    Das erklärte vielleicht auch, warum Selina Leifheit so extrem dünn war. Sie neigte zum Verschwinden, was ihn berührte. Sie trug kein Make-up, was sie natürlich erscheinen ließ und gleichzeitig auch verletzlich. Ihr Blick hingegen schien konzentriert, aber tatsächlich musste sie wie durch einen Nebel sehen. Im Schmerz verloren die Dinge an Schärfe. Robert kannte dieses Gefühl. Frank war bei ihm gewesen, damals, und er hatte gelernt, dass es einfacher war, den Schmerz zu ertragen, wenn man ihn mit jemandem teilen konnte … das war wann noch mal gewesen? Tausend Lichtjahre entfernt von dem Punkt, an dem er heute war.
    »Deshalb wird Mikosch hier auftauchen«, sagte Robert.
    »Wenn du flüsterst, höre ich dank der Lautstärke unserer beiden Senoritas nichts, Freund«, sagte Arschawin.
    »Mikosch wird seine Frau …«
    »Exfrau.«
    »… noch einmal sehen wollen.«
    »Keine gute Idee. Gar nicht gut. Wo er doch denken kann, dass wir nach ihm suchen.«
    »Er wird nicht direkt zu ihr gehen, sondern den Weg über seine Tochter nehmen.«
    »Für die er quasi ein Fremder ist. Was wird das hier? Eine Familienzusammenführung wie in einer Vorabend-Soap?«
    Nein, dachte Robert, eher der verzweifelte Versuch, Rechnungen zu begleichen und Dinge zu ordnen. Im Angesicht des Todes für Klarheit zu sorgen.
    »Dann häng dich an die Tochter, denn wenn du lange genug in ihrer Nähe bist, begegnest du automatisch unserem Freund«,sagte Arschawin. »Alles Weitere übernimmt dann der Eismann.«
    »Der wer?«
    Arschawin tat erstaunt.
    »Na, das wird dir Nagy doch wohl verraten haben. Er ist ein vodry, Mann, die lassen sich nicht bestehlen. Tu nicht so, als wärst du überrascht, das bist du nämlich nicht.« Dann, mit einem lauernden Unterton in seiner Stimme: »Es sei denn, du fühlst dich mit so einer Sache überfordert. Nicht dass ich das glaube, aber …«
    »Unfug«, zischte Robert schärfer als gewollt.
    Arschawin hob beschwichtigend die Hände.
    »Okay. Ich sage dazu nichts mehr. Jedenfalls soll der Job so schnell wie möglich erledigt werden. Du klebst an der Kleinen, fängst ihren Daddy ab und lieferst ihn an die wirklich harten Jungs aus. Ich berichte Nagy, dass alles gut abläuft.«
    Als er sah, dass Robert, immer noch in Selinas Bild versunken, ihm nicht antwortete, beugte er sich zu ihm herüber und sagte: »Das wird es doch, oder?«
    »Natürlich wird alles reibungslos ablaufen«, sagte Robert und sah dabei demonstrativ an Arschawin vorbei. Falls es ihn kränkte, und das tat es bestimmt, so ließ sich Arschawin nichts anmerken, sondern lehnte sich daraufhin bequem zurück, die Arme vor der Brust verschränkt. Er sah jetzt wirklich wie das aus, was er war und immer bleiben würde: ein mieser kleiner Gangster.
    »Da bin ich aber sehr froh.«
    Robert war klar, dass Arschawin Nagy von dem Gespräch berichten würde. Er war nicht nur für die

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