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Das Licht des Nordens

Das Licht des Nordens

Titel: Das Licht des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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fünf Dollar Strafe aufgebrummt, und als der Barkeeper mir sagte, es seien dieselben gewesen, die dich angegriffen haben, hab ich sie festgenommen und die Nacht über in den Keller des Summit gesperrt. John Denio hat einen Blick auf sie geworfen und bestätigt, daß ich die richtigen erwischt habe. Jetzt mußt du das gleiche machen, und dann verschaff ich ihnen einen kurzen Urlaub in Herkimer als Gäste des Staates von New York. Sie kriegen ein gemütliches kleines Zimmer und auch neue Klamotten. Solche mit Streifen drauf.«
    Zum erstenmal seit Tagen grinste Weaver. »Danke. Mr. Higby. Ich bin Ihnen sehr verbunden, daß Sie sich die Zeit dafür genommen haben.«
    Â»Ich tu bloß meine Arbeit. Jetzt hab ich mit Dwight noch was Geschäftliches zu besprechen, wenn ich fertig bin, ruf ich nach dir.«
    Mr. Higby ging Mr. Sperry suchen, und Weaver machte sich wieder ans Spülen. Er trug den Kopf hoch. und seine Augen, die während der vergangenen vier Tage vor Zorn ganz dunkel waren, funkelten auf einmal.
    Manchmal, wenn man jemanden im richtigen Moment überrascht, kann man erkennen, wie er einst sein wird. Einmal sah ich Beth den Kopf heben, als ein Kojote in der Dämmerung schrie. Ihre Pupillen weiteten sich – teils aus Staunen, teils aus Angst –, und ich sah, daß sie eines Tages schön sein würde. Nicht nur hübsch, sondern wirklich schön. Bei Lawton entdeckte ich die Unruhe, lange bevor er uns verließ. Das sah ich schon damals, als er noch ein kleiner Junge war und Stöcke und Blätter in die reißende Flut des Moose River warf und beobachtete wie sie fortgespült wurden, an Orte, an die er nicht gelangen konnte. Ich habe Royal beobachtet, wie er bei der Arbeit innehielt und sich im hellen Mittagslicht die Stirn abwischte, und ich habe den Farmer gesehen, der er einst sein wird. Ein besserer als sein Pa, ein besserer als meiner. Jemand. der an einem trockenen Tag den kommenden Regen riechen kann und allein aufgrund des Raschelns der Blätter weiß, wann sein Mais reif ist.
    Und in dem Moment sah ich auch, was aus Weaver einst werden würde. Ich sah ihn in einem Gerichtssaal, wo er vor den Geschworenen eine zündende Rede hielt und mit der Kraft seiner Überzeugung und der Leidenschaft seiner Worte ihren Verstand und ihr Herz gefangennahm.
    Dieser Mann war Weaver noch nicht, er war noch ein großer, schlaksiger Junge, der eine fettige Bratpfanne schrubbte. Aber zu diesem Mann würde er werden. Schrubben mußte Weaver Smith nur heute. nicht für immer.
    Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete die Köchin ihn bei seiner Arbeit. Sie haßte es, im Unrecht zu sein. Offensichtlich hatte er ihren Blick gespürt. denn er sah vom Abwasch zu ihr auf.
    Â»Das ändert gar nichts, und das weißt du auch«, sagte sie.
    Â»Es ändert alles«, antwortete er. »Das sind drei Männer, die es sich in Zukunft zweimal überlegen werden, bevor sie Leute beschimpfen und zusammenschlagen.«
    Â»Drei von einer Million.«
    Â»Dann bleiben mir nur noch 999 997, oder?«
    Das war Weaver. Entschlossen, die Welt zu verändern. Drei schmutzige, betrunkene, üble Trapper, mit denen er es auf einmal aufgenommen hatte. Ich lächelte ihn an, und mir wurde warm ums Herz, obwohl ich genau wußte, daß die verbleibenden 999 997 keine Gnade kannten.

Poe • ni • tenz
    Als Tommy Hubbard um sieben Uhr morgens an der Küchentür des Glenmore auftauchte, wußte ich gleich, daß irgendwas Schlimmes passiert war. Ich formte gerade Butterstückchen für die Frühstückstische, als ich ihn hörte.
    Â»Hallo! Ist Mattie da? Ist sie da?« rief er.
    Â»Wer bist du? Hör auf zu schreien!« rief die Köchin.
    Â»Ich bin’s, Tommy Hubbard. Ich muß zu Mattie.«
    Â»Setz ja keinen Fuß in meine Küche, Tom!«
    Â»Mich juckt’s nicht, ich schwör’s, ich …«
    Â»Du bleibst draußen! Ich hol sie für dich.«
    Â»Bin schon da«, sagte ich und öffnete die Fliegentür. Auf Toms schmutzigem Gesicht waren Tränenspuren zu sehen, und er keuchte wie ein gehetztes Pferd.
    Â»Ich bin so schnell gerannt, wie ich konnte, Mattie … so schnell ich konnte …«, schluchzte er.
    Â»Von wo? Von zu Hause?« Von Toms Haus zur Big Moose Road war es eine Meile, und dann noch mal fünf bis zum Glenmore.
    Â»Du mußt mit heimkommen«, sagte er und zog mich

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