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Das Licht des Nordens

Das Licht des Nordens

Titel: Das Licht des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Hühnersuppe gekocht hatte, wenn jemand krank war. Mir graute davor, eines unserer Hühner zu schlachten, aber es blieb mir nichts anderes übrig.
    Ich lief nach unten, pumpte Wasser in einen Krug. nahm ein Glas und lief wieder nach oben. Ich gab jedem genügend zu trinken und hielt ihnen dabei den Kopf hoch, damit sie schlucken konnten. Es war mühsam, Beth zum Trinken zu bewegen, aber Lou. Abby und Pa tranken gierig. Die schmutzige Wäsche stank furchtbar, und ich wußte, daß es nicht gut war. schlechte Luft einzuatmen, deshalb bündelte ich alles zusammen, einschließlich Beths durchnäßtem Bettzeug und ihrer Strohmatratze, und brachte es nach draußen. Im Hof sah ich zum Stall hinüber. Drei Kälber waren inzwischen auf die Weide gebracht worden. ein anderes lief in Richtung Einfahrt. Zwei weitere rannten durchs Maisfeld und trampelten die zarten Pflanzen nieder. Mir sank das Herz. Wir brauchten doch jedes einzelne Korn für den Winter. Plötzlich entdeckte ich Tommy. Er befand sich in der Nähe der Bienenstöcke und versuchte, ein anderes Kalb – Baldwin – auf die Weide zu schieben, aber Balwin blieb wie angewurzelt stehen, hob den Kopf und brüllte erbarmungswürdig. Ein Schwall Kot ergoß sich aus seinem Hinterteil und bespritzte Tommy von oben bis unten. Tommy fluchte und boxte das Kalb auf den Kopf. Immer und immer wieder. Das Brüllen des Tiers ging in schrille angstvolle Schreie über, und seine Vorderläufe sackten ein.
    Â»Hör auf, Tommy!« rief ich und rannte auf ihn zu.
    Rot vor Scham sah mich Tommy an und wich zurück. Tränen standen in seinen Augen, und unter einem war ein bläulich-roter Striemen. »Ich hatte Angst«, schluchzte er. »Ich wollte nicht, daß sie alle rauslaufen … sie sind auf mich losgestürmt …«
    Â»Tommy, wer hat dich geschlagen …«, begann ich und streckte die Hand nach ihm aus, aber er duckte sich weg und rannte dem Kalb in der Einfahrt nach. Baldwins Schreie waren inzwischen in leises Stöhnen übergegangen. Er blutete unter einem Auge. »Jetzt komm. Baldwin, beruhig dich«, sagte ich und half ihm vorsichtig wieder auf die Beine. Ich hielt ihm meine Finger hin, um ihn daran saugen zu lassen, was ihn besänftigte. dann schaffte ich es, ihn Schritt für Schritt auf die Weide hinauszuführen. Sobald er dort war, lief ich den beiden Kälbern im Maisfeld nach. Sie standen nebeneinander. die Köpfe über die jungen Stengel erhoben. »Komm. Bertie, komm her, Allie«, rief ich. Sie waren Zwillinge. und wenn ich eines zu mir locken konnte, würde das andere folgen. Doch sobald sie mich hörten, stoben sie auseinander, rannten davon und trampelten noch mehr Schneisen in den kostbaren Mais.
    Â»Bertie, Bertie, komm her, Bertie«, sang ich mit brechender Stimme. »Bitte, Bertie …« Er blieb stehen, sah mich an und nahm erneut Reißaus. Beth hatte die beiden Albert Edward und Alexandra genannt, nachdem sie in
Harpers Magazine
ein Bild des englischen Königspaares gesehen hatte. Die wilde, ausgelassene Beth, deren Stimme jetzt nur noch ein Wimmern war. Deren kleine flinke Hände wie Tauben gegen mich flatterten, als ich sie wusch. Tränen traten mir in die Augen, die ich schnell fortwischte.
    Wenn ich eine der Kühe anlocken wollte, rupfte ich immer eine Handvoll Gras aus und wedelte damit vor ihr herum, aber die Kälber fraßen noch kein Gras. Pa fütterte sie immer noch mit Milch und Leinsamen und Hafermehl. Plötzlich wußte ich, was ich tun mußte. Ich lief in die Milchkammer, nahm die Eimer, in denen Pa ihr Futter mischte, und schlug sie aneinander. Bertie spitzte die Ohren und kam auf mich zu. Allie folgte ihm, und ich konnte die beiden auf die Weide führen.
    Sie muhten vorwurfsvoll, als sie feststellten, daß ich kein Futter für sie hatte. Sie mußten großen Hunger haben. Wer weiß, wann sie zum letzten Mal Futter bekommen hatten, oder wann sie welches kriegen würden. Wenn sich die Euter der Kühe entzündet hatten, wäre ihre Milch mit Eiter und Blut durchsetzt. Wo würde ich dann frische Milch für die Kälber herbekommen? Wie würde ich die Entzündung behandeln? Ich wußte nicht, wie man kranke Kühe kurierte. nur Pa konnte das.
    Eins nach dem andern, Mattie, eins nach dem andern,
sagte ich mir und kämpfte die aufsteigende Panik nieder.
    Ich lief in die Küche zurück, wo

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