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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
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stakste durch den Schlamm. Ein kleiner Mann, der ihr gerade bis zur Hüfte reichte, verführte die Besucher zum Hütchenspiel. Zwei leichtbekleidete Tänzerinnen schlugen Räder auf einer Bühne und warfen einander durch die Luft. Ein paar Zelte weiter stand ein ungeheurer Kerl, so breit wie hoch. Seine Brust war behaart wie die eines Bären, er bog Eisenstangen mit seinen Pranken, und April fragte sich, ob er nicht vielleicht wirklich ein Bär war, der sich bloß in einen Mann verwandelt hatte.
    Sie war so glücklich wie seit Jahren nicht. Dies war die Welt, von der Todd und sie als Kinder geträumt hatten, und je länger sie sich in ihr verlor, desto ferner schien ihr die, aus der sie stammte. Eine Weile folgte sie ein paar Musikern von Zelt zu Zelt. Sie gab ihre letzten Pennys für ein paar gebrannte Nüsse und ein süßes Getränk aus und stellte fest, dass sie noch nie in ihrem Leben etwas so Gutes gegessen hatte.
    Dann sah sie auf einmal einen Mann vor sich stehen. Sie wusste auf den ersten Blick, dass er kein Mensch war, aber sie kannte keinen Namen für das, was er war. Er war weiß und dürr wie ein Birkenzweig und jonglierte mit blitzenden Messern, deren tödliche Schönheit Staunen und Schrecken unter den Zuschauern hervorrief, und mit einer seltsamen Mischung aus Argwohn und Faszination trat April näher.
    Er hatte weißes Haar, fast silbrig, das schimmerte wie Weidenkätzchen. Sein Gesicht war kreideweiß geschminkt, seine Nase schmal wie eines seiner Messer, doch seine Augen so groß und grün und wach, als sie ihren begegneten, dass sie wie vom Blitz getroffen stehen blieb. Im selben Moment erstarrte auch der Mann,und die Messer fielen herab, eins nach dem anderen. Mit einer beiläufigen Geste, als knöpfe er sich sein Wams zu, pflückte der Mann sie aus der Luft und ließ sie an seinem Gürtel verschwinden. Keine Sekunde löste er dabei den Blick von ihr, und als April einen Schritt zur Seite tat, machte auch er einen Schritt, und als sie den Mund öffnete, etwas zu sagen, setzte auch er an, ein Wort zu bilden, das er noch nicht kannte, und so ahmte er jede ihrer Gesten nach wie ein perfektes, geisterhaftes Spiegelbild.
    April ließ sich auf das Spiel ein, und die Zuschauer verfolgten amüsiert, wie sie den Geschminkten dazu zwang, diese oder jene unverhoffte Bewegung auszuführen. »Frag ihn was«, sagte eine Stimme neben ihr, und April bemerkte den kleinen Hütchenspieler, der sie ans Bein stupste.
    Also fragte April den weißen Mann, woher er kam und was er erlebt hatte, und da erzählte er eine Geschichte, ohne dabei ein einziges Wort zu sprechen. Er erzählte mit seinen Händen und seinem Gesicht, seine Finger formten lebendige Bilder, seine Augen schienen jede Regung imitieren zu können, die Menschen je gefühlt hatten. Auf eigentümliche Weise fühlte sich April an ihre Begegnung mit dem Zauberer im Schnee erinnert. Dieser Mann hier war nicht wie er – aber auch in ihm schimmerte eine alte Kraft, wie April sie noch bei keinem Menschen gespürt hatte.
    So erfuhr April, wie der stumme Mann vor vielen Jahren übers Meer gekommen war. Sie erfuhr, dass er einst seine Liebste verloren hatte und fast verzweifelt war; wie er nach langen Jahren des Umherirrens auf den Jahrmarkt stieß und dort eine neue Heimat fand. Mit jeder neuen Wendung der Geschichte entstanden Bilder in ihrem Geist, die sie von hier weglocken wollten wie eine ferne Musik. Sie lauschte auf die Melodie dieser stillen Musik und sah, dass sie auch das restliche Publikum in ihren Bann schlug, bis sie schließlich auf einem bittersüßen Ton endete, der noch lange in ihnen nachklang.
    Der weiße Mann verbeugte sich. Dabei berührte er April lächelnd an der Stirn und legte fragend den Kopf auf die Seite. Dochehe sie auf diese unerwartete Geste eine Antwort fand, wandte er sich ab und verschwand in einem nahen Zelt. Seine Zuhörer schüttelten sich benommen und schnappten nach Luft. Ein paar Frauen schauten ihm fast wehmütig nach, zwei reich gekleidete Männer aber schoben sich entrüstet an April vorbei.
    »Kein Wunder, dass der Kaiser sie jagen lässt«, murmelte der eine. »So weit ist es gekommen.«
    »Verfluchte Eolyn«, sagte der andere und spuckte aus. »Wir könnten ihn melden – oder wir verlangen unser Geld zurück. Von Verhextwerden war nicht die Rede.«
    Der andere grunzte und winkte ab. »Die Tänzerinnen waren gut«, gab er zu bedenken.
    April aber fand, dass in der stummen Darbietung des Eolyn, wenn dies denn sein Name

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