Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)
im Palast meint. Da schmerzt es ihn, sie enttäuscht zu haben, und beinahe hätte er ihr alles erzählt.
»Es war ein Unfall«, sagt er.
»Du wirst vor Gericht gestellt«, sagt Korianthe. »Man klagt dich an, einen Pakt mit einer der Wesenheiten geschlossen und den Orden hintergangen zu haben.«
»Wer klagt mich an?«, fragt er – doch er kennt die Antwort. Er sagt: »Borchiak hat mir meinen Aufstieg vom ersten Tag an geneidet.« Er sagt: »Er wäre der Erste, der versuchen würde, einen solchen Pakt zu schließen, wenn es ihm nützt.«
»Borchiak ist schon lange einer der Mächtigen und hat mir nie einen Eid geleistet«, erwidert Korianthe. »Er kann tun und lassen, was er will. Du aber bist Teil meines Ordens und weißt, dass es dir noch verboten ist, Handel mit den Wesen von jenseits der Nacht zu treiben. Ihr Licht soll nur durch die Meister deines Ordens auf dich scheinen. Geh jetzt, und bereite dich vor.«
Bei der Verhandlung führen Nerian und zahlreiche Großmeister denVorsitz. Wahrscheinlich könnten sie ihn brechen und zwingen, die Wahrheit zu sagen, doch die Wahrheit ist ein wandelbares Gut für einen Magier – das gesprochene Wort hingegen hat Macht, deshalb wollen sie ihn anhören. Dennoch hat Sarik sich fast damit abgefunden, dass es vorbei ist. Er hat einen schweren Fehler begangen und würde es vielleicht wieder tun. Als die Wesenheit zum ersten Mal das Wort an ihn richtete, ist er der ältesten Versuchung überhaupt erlegen: der schmeichelhaften Vorstellung, etwas Besonderes zu sein.
Borchiak, der auf einer riesigen Sänfte ruht und Juwelen wie brennende Kohlen auf seinen Hörnern trägt, sagt aus, wie er die Wesenheit an Nerians Hof bedeutungsvolle Blicke mit Sarik tauschen sah. Weiter sagt er, dass niemand außer einer Wesenheit den Stein von Tunar ungesehen aus dem Tempel hätte entfernen können, und er ihre Anwesenheit abermals im Palast der Spiegel gespürt habe. Er sagt, der Verlust des Palasts sei ebenso wenig ein Zufall wie all die anderen Begebenheiten, bei denen Sarik das verbindende Element war.
Doch wenn Sarik geglaubt hat, dass sein Schicksal nunmehr besiegelt sei, hat er sich getäuscht. Korianthe selbst nimmt ihn in Schutz. Sie sagt, die Wesenheit, die Borchiak meine, sei bekannt dafür, sich in die Angelegenheiten der Mächtigen, ja selbst der Sterblichen zu mischen. Sie sagt, die Meister ihres Ordens glaubten, dass sie unter ihresgleichen nur ein Kind sei, das die alten Regeln nicht respektiere und nicht verstehe, welche Auswirkungen ihr Handeln auf ihrer aller Leben hat. Alles, was Borchiak sage, deute zwar darauf hin, dass diese Wesenheit ihre Finger im Spiel habe – beweise aber nicht, dass Sarik gegen seinen Orden handelte.
Sie gibt Sarik Gelegenheit, sich zu verteidigen. Er zögert kurz, dann ergreift er das Wort. Zwar quält es ihn, dass Zearis für seinen Fehler bezahlen musste – doch dass Borchiak nun Vorteil oder Genugtuung aus seinem Fall ziehen will, missfällt ihm noch mehr.
Er bestätigt also, die Wesenheit in Iljudis gesehen zu haben. Weiter gibt er an, auch Borchiak bei dieser und den anderen beiden Gelegenheiten gesehen zu haben. Er erinnert daran, dass die Politik des Ordens Borchiak früher schon ein Dorn im Auge war, und beteuert, dass er, Sarik, den Weisungen Korianthes immer nach bestem Wissen und Gewissen folgte.
Damit steht Aussage gegen Aussage. Borchiak funkelt Sarik an, als wollte er ihn auf der Stelle verschlingen, und Korianthe und Nerian werfen sich betrübte Blicke zu. Kläger oder Angeklagter, einer von beiden muss ein Lügner sein. Sie haben eine schwere Entscheidung zu treffen.
Da betritt Zeona den Saal, mit Tränen auf den Wangen. Sie bittet darum, gehört zu werden, und Korianthe erteilt ihr das Wort.
Zeona sagt, ihr Bruder sei in dieser Stunde gestorben. Kurz vor seinem Tod aber habe er noch einmal das Bewusstsein erlangt und ihr gesagt, dass ihm vor dem Unglück Borchiak in der Leere begegnet sei: Borchiak, so Zearis, sei derjenige gewesen, der den Palast in den Untergang riss.
Zeona blickt Sarik an und sagt, sie wisse, wie sehr Sarik unter dem Verlust ihres Bruders leide. So leide nur jemand, der ohne Schuld ist.
Die Verhandlung endet in Tumult, und nur Nerians Eingreifen verhindert einen tödlichen Kampf. Borchiak spuckt Rauch und Feuer und bezichtigt sie alle der Konspiration. Nerian und die anderen Meister ziehen sich zur Beratung zurück. Dann fällen sie ihr Urteil:
Borchiak wird für schuldig befunden, mit der Wesenheit
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