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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
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Überraschung befolgten die Männer ihren Befehl. Alles fällt auseinander , dachte sie. Der Kaiser führt diese Männer schon lange nicht mehr. Erst war es Dougal – und jetzt bin es ich.
    Sobald die Leiche fort war, wandte sie sich ab. Ihr Atem ging schnell, und ihr war übel. Wenn dieser besondere Gruß für sie bestimmt gewesen war, hatte er seinen Zweck erfüllt. Sie ahnte jedoch, dass dies nicht der einzige Grund für den Tod dieses Mannes gewesen war – wenn er denn tot war.
    Er war ein Zeichen: sowohl an die Belagerten als auch an die Belagerer. Wenn Dougal sich in der Festung zu erkennen gegeben hatte, dann wusste der Orden spätestens jetzt, dass er es nichtnur mit der Armee zu tun hatte. Und für Lesardre war der falsche Senator ein Köder – ein Wechselbalg noch, der ausgeschaltet werden musste, ehe es begann.
    Wenn er den letzten Krumen aufnahm, begänne der Krieg.
    Wartete er aber zu lange und der Tote käme wieder zu sich, bräche Chaos im Lager aus.
    Da bebte für einen Moment die Erde. Es war nur ein kurzer Stoß, als wären sie mit einem Schiff auf Grund gelaufen, doch es reichte, um die Soldaten in helle Angst zu versetzen. Dann wurden die Fanfaren geblasen, die Offiziere riefen ihre Männer zur Ordnung, und mit grimmigen Gesichtern machte man sich wieder an die Arbeit.
    Cassiopeia warf einen Blick zum roten Himmel, an dem sich dunkle Wolken zusammenzogen. Eine Krähe schrie, und zwischen den dunklen Schatten der Vögel am Himmel glaubte sie einen einzelnen weißen Fleck auszumachen.
    »Lass mich nicht im Stich«, flüsterte sie.
    Sie brauchte das Schwert – und zwar so schnell wie möglich.

DER ZORN DER WESENHEITEN
    I hr habt meine Mutter getötet?«, flüsterte sie fassungslos.
    Sie waren wieder im Steinkreis, in Deckung hinter den großen Menhiren. April saß auf dem Boden und starrte ausdruckslos auf das Heerlager, das ihr wie eine Ameisenburg erschien: emsige Arbeiter, die aufgeregt umherliefen und ihren Turm aus zerbrechlichen Stöckchen errichteten. Sie trug wieder Hosen und ein frisches Hemd, das noch so sauber roch, dass es nicht an diesen trostlosen Ort zu passen schien. Sie dachte an jenen Tag vor langer Zeit mit Todds Mutter, als die Männer in einem fernen Land im Krieg waren und im Hof die Wäsche friedlich in der Sonne trocknete.
    Das Irrlicht pulsierte mitfühlend, ein blassrosa Ball im purpurgrauen Licht des Mittags. Sariks Gesicht dagegen war ausdruckslos und leer.
    »Nein«, sagte er. »Die Hüterin des letzten Ordens hat eine der Unsrigen angewiesen, die Geburt eines hellsichtigen Kindes einzuleiten. Eines ganz besonderen Kindes; es sollte empfänglich für die Präsenz einer Magie sein, wie sie kaum noch existiert auf der Welt, mit Sinnen so scharf, dass wir uns daneben wie Blinde ausnehmen. Der Magier, von dem ich dir erzählt habe, hatte Schneeklinge aus dieser Welt entrückt – und weder Korianthe noch ich noch sonst einer von uns waren mehr in der Lage, das Schloss, in dem er es verwahrte, zu entdecken. Für dich dagegen war es so offensichtlich wie der lichte Tag.«
    »Aber wieso habt ihr sie getötet?«
    »Die Frau, die bei deiner Geburt zugegen war«, sagte Sarik, »hat der Magie einen von vielen denkbaren Wegen gewiesen. Deine Geburt war ein solcher Weg. Denke es dir als einen Fluss, dem man ein Bett gräbt. Doch es hat seinen Preis – denn der Fluss ist schon beinahe versiegt.«
    Es war eine schwere Geburt, hatte Todds Mutter gesagt, und wir hatten keine Hebamme zur Hand. Eine Fremde reiste damals durch das Dorf, und sie bot ihre Hilfe an.
    April schwieg und biss die Zähne zusammen. Sie dachte an die Nacht ihrer Geburt, an die Fremde, die man mit Steinen vertrieb, und an ihren Vater, der sie alleine aufzog und nie eine Tochter gewollt hatte.
    »Du wärst heute sonst gar nicht hier«, versuchte es Sarik.
    Dein Vater ist nicht immer so gewesen, weißt du.
    »Nein«, sagte April und ließ den Blick über das Heerlager schweifen. »Ich wäre sonst heute nicht hier. Alles wäre anders gekommen.«
    Ihre Finger umklammerten Schneeklinges Silberknauf. Sie verstand jetzt, was Janner ihr mit seiner Erzählung über Banneisen zu sagen versucht hatte. Es lagen einfach zu viele Möglichkeiten in solch einer Waffe: Leben und Tod, Freiheit und Leid. Sie wünschte, er wäre schon zurück. Gleichzeitig hatte sie Angst vor dem, was dann geschehen würde.
    »Wer war die Frau?«, fragte sie.
    Wir hatten eine wie sie noch nie gesehen.
    »Die Schwester des Magiers«, sagte Sarik.

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