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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
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ihn erstarren zu lassen. Er war wie gelähmt.
    »Genug der Fragen! Du hast deine Aufgabe erfüllt, und ich bin dir zu Dank verpflichtet. Ich benötige deine Dienste nicht länger. Ist es das, was du hören wolltest? Dann geh, wenn du willst, und beschütze das Mädchen. Erzähl ihr die Wahrheit. Bald ist dieser Krieg vorbei, und danach steht es dir frei, zu tun und zu lassen, was dir beliebt.« Sie hob die Hand und legte ihre Knöchel auf seine Stirn. Dann schloss sie die Augen.
    »Ich entbinde dich von deinem Eid, Sarik Isikara Kisikiras. Du dienst nicht länger dem Orden von Geador. Du bist frei.«
    Als er merkte, dass er wieder sprechen konnte, sagte er nur, dass es ihm leid tat. Seine Glieder erwachten erst langsam wieder aus ihrer Starre, und er traute der Herrin des Ordens nicht länger und wollte nicht, dass sie ihre Meinung noch einmal änderte.
    »Mir tut es auch leid, Sarik«, sagte Korianthe. »Sehr vieles sogar. Ich wünschte, es wäre noch wie damals, ehe alles auseinanderbrach. Ich wünschte, Zeona wäre hier, und wir könnten noch einmal reden. Aber du bist hier.« Sie griff nach seiner Wange. Ein letztes Mal schauten sie sich an, und ein ferner Schimmer trat in ihre Augen. »Es stimmt«, sagte sie. »Es war eine gute Zeit unter Nerians Herrschaft. Und sie wird nicht wiederkommen. Nicht so, und niemals für uns.«
    Dann wandte sie sich ab. Als sie außer Sicht war, fiel der Bann von ihm, und Sarik konnte sich wieder bewegen.
    Er eilte April nach, zum Geheimgang. In ihm keimte eine böse Ahnung.

DAS LETZTE ZEICHEN
    E ine unwirkliche Stille hatte sich über das Heerlager gelegt. Die Soldaten, die etwas zu tun hatten, waren dankbar dafür und arbeiteten so hart wie möglich, während die anderen die Köpfe gesenkt hielten und die Blicke ihrer Vorgesetzten oder gar des Kaisers, wenn er denn sein Zelt verließ, mieden – denn sie fühlten sich schuldig für ihren Müßiggang und fürchteten seinen Zorn. Keiner sprach mehr als nötig, sodass nur ein beständiges Hobeln und Hämmern und Sägen die Ebene erfüllte, durchbrochen von den kurzen Fanfarenstößen, die Essenszeiten und Wachwechsel ankündigten. Cassiopeia kam es so vor, als vergingen zwei Tage oder auch drei, ohne dass sie ein einziges Wort mit jemandem gewechselt hatte.
    Sie hatten Garion überstürzt verlassen und waren in Melnor mit so viel Verstärkung, wie der Rat der Stadt zu stellen bereit gewesen war, in See gestochen. Der Kaiser hatte acht Schiffe verlangt; bekommen hatte er insgesamt vier, mit Aussicht auf weitere in der nächsten Woche. Das allein war ein einmaliger Vorgang; noch nie hatte Cassiopeia erlebt, dass man dem Kaiser derart öffentlich die Stirn bot, selbst wenn der Bote, den der Rat zum Hafen geschickt hatte, seinen Mut mit dem Leben bezahlen musste. Doch schien der Funke der Rebellion, der eine Provinz nach der anderen in Brand setzte, mittlerweile auch die Herzen einiger Ratsmitglieder zu wärmen – und die Entscheidungen, die der Kaiser in den nächsten Tagen traf, gaben jedem recht, der die Tage seiner Herrschaft als gezählt betrachtete. Der Samen desGrößenwahns, den Dougal und seine Tochter gesät hatten, war auf fruchtbaren Boden gefallen.
    Sechs Ruderer starben allein auf ihrem Schiff vor Erschöpfung, doch der Kaiser duldete keinen Aufschub. Es war, als hätte er der See selbst den Krieg erklärt. Fieberhaft suchten sie eine Stelle zum Anlegen an der teverischen Steilküste, dann führte er seine Soldaten ins Inland, ohne auf die Verstärkung zu warten – ganz so, als gehörte Teveral noch zum Reich und wartete nur darauf, ihm einen Triumphzug zu bereiten. Sie plünderten zwei kleine Gehöfte auf ihrem Marsch und schlugen schließlich ihr Lager hier in der kargen Ebene auf, nur um festzustellen, dass sie nicht über die Mittel verfügten, sich gewaltsam Zutritt zur Festung zu verschaffen. Ungeduldig schickte der Kaiser eine Abordnung zurück zu den Schiffen, um zwei von ihnen zu demontieren und als Bauholz herzuschaffen. Ein Stück Mast fand Verwendung als Rammbock; mit der restlichen Ausbeute an Schiffsteilen und dem, was die Gehöfte hergaben, hatten sie begonnen, einen bescheidenen Belagerungsturm zu bauen. Niemand hätte gewagt, darauf hinzuweisen, dass ohne die Schiffe die Hälfte von ihnen nun auf feindlichem Gebiet gestrandet war.
    Ein unheimliches rotes Licht überzog an diesem Morgen den Himmel, als wäre er ein vom Herbst in Brand gesetzter Wald. Mit einem besorgten Blick nach oben überquerte

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