Das Licht Von Atlantis
wie ein Baby behandeln?«
Domaris unterdrückte ein Lachen und hob die schmale, ringgeschmückte Hand ihrer Schwester hoch. »Vielleicht - weil du mein Baby warst, bevor Micail geboren wurde.« Ihr Blick fiel auf den Gürtel aus hölzernen Gliedern, den Deoris locker über ihrem Nachtgewand trug. »Deoris, was ist das?« fragte sie leise. »Ich glaube nicht, dass ich das je an dir gesehen habe.«
»Nur ein Gürtel.«
»Wie dumm von mir«, meinte Domaris trocken. Ihre schlanken Finger berührten die scharlachrote Kordel, die die Glieder verband und sich auf merkwürdige Weise durch die geschnitzten Symbole wand. Schwerfällig beugte sie sich vor, um sie sich genauer anzusehen - und mit scharfem Atemholen zählte sie die Glieder. Die Schnur war dreifach gewickelt. Die Embleme ergaben sich aus dem Zusammenspiel der Zahlen drei und sieben. Der Gürtel war schön und doch irgendwie...
»Deoris! «, schrie sie plötzlich auf. »Hat Riveda dir dieses Ding gegeben?«
Verletzt durch ihren Ton, reagierte Deoris mit Trotz. »Warum nicht?«
»Du sagst, warum nicht?« Domaris' Stimme war scharf geworden, ihre Hand schloss sich fest um Deoris' dünnes Handgelenk. »Und warum bindet er dich mit einem - einem so schrecklichen Gegenstand, Deoris, antworte mir!«
»Er hat das Recht -«
»Dies Recht zu so etwas hat kein Liebhaber, Deoris.«
»Er ist nicht - «
Domaris schüttelte den Kopf. »Du sagst die Unwahrheit, Deoris«, erklärte sie müde. »Wäre dein Liebhaber irgendein anderer Mann, würde er Riveda töten, bevor er es zuließe, dass dir dieses - dieses Ding umgelegt wird!« Sie gab einen seltsamen Laut von sich, der fast ein Schluchzen war. »Bitte - lüg mich nicht mehr an, Deoris. Glaubst du, du kannst es für immer verbergen? Wie lange muss ich noch so tun, als sähe ich nicht, dass du ein Kind unter diesem - diesem -« Die Stimme versagte ihr. Wie erbarmungswürdig naiv Deoris war! Sie dachte wohl, wenn sie eine Tatsache leugnete, schaffe sie sie damit aus der Welt!
Deoris riss sich los. Mit weißem, verkniffenem Gesicht starrte sie auf den Fußboden. Schuldbewusstsein, Verlegenheit und Angst mischten sich in ihrem Blick. Domaris nahm die jüngere Schwester in die Arme.
»Deoris, Deoris, mach nicht so ein Gesicht! Ich tadle doch nicht dich dafür!«
Deoris hielt sich steif in den liebevollen Armen ihrer Schwester. »Domaris, glaub mir, ich habe nicht -«
Domaris hob das Kinn ihrer Schwester, bis sie ihr in die dunklen veilchenblauen Augen sehen konnte. »Riveda ist der Vater«, sagte sie ruhig, und diesmal widersprach Deoris ihr nicht. »Das gefällt mir überhaupt nicht. Irgend etwas stimmt da nicht, Deoris, sonst würdest du dich anders benehmen. Du bist kein Kind mehr, du bist nicht unwissend, du hast die gleiche Ausbildung wie ich gehabt, und über diese Dinge weißt du mehr als ich... du weißt genau - hör mir zu, Deoris! Du weißt, dass du nicht zu empfangen brauchtest, wenn ihr es nicht wolltet«, schloss sie unerbittlich, obwohl Deoris schluchzte und sich abwand, um sich Domaris' forschendem Blick zu entziehen. »Deoris - nein, sieh mich an! - hat er dich zur Liebe gezwungen?«
»Nein!« Diesmal klang ihr Leugnen wahr. »Ich habe mich Riveda aus freiem Willen hingegeben, und er ist nicht durch Gesetz zum Zölibat verpflichtet!«
»Das stimmt. Aber warum nimmt er dich dann nicht zur Frau oder erkennt zumindest dein Kind an?« fragte Domaris mit strengem Gesicht. »Diese Heimlichtuerei ist vollkommen unnötig, Deoris. Du trägst das Kind eines Mannes, der einer der größten Adepten ist, ganz gleich, was ich persönlich von ihm halte. Du solltest in Ehren vor aller Augen erscheinen, statt dich, umgürtet mit einer dreifachen Schnur, zu verstecken und sogar mich anzulügen. Versklavt bist du! Weiß er überhaupt, dass du schwanger bist?«
»Ich - ich glaube -«
»Du glaubst! « Domaris' Stimme war spröde wie Eis. »Verlass dich darauf, kleine Schwester, wenn er es nicht weiß, wird er es sehr bald erfahren! Kind, Kind - der Mann hat dir schlimmes Unrecht getan!«
»Du - du hast kein Recht, dich einzumischen!« Mit einem plötzlichen Ausbruch von Willenskraft riss sich Deoris von ihrer Schwester los und funkelte sie böse an, traf aber keine Anstalten zu gehen.
»Aber ich habe das Recht, dich zu beschützen, kleine Schwester!«
»Wenn es mein Wille ist, Rivedas Kind zu gebären -«
»Dann muss Riveda seine Pflicht tun«, fiel Domaris scharf ein. Wieder wanderten ihre Hände zu dem Gürtel um
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