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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Gut für Deoris, dass ich rechtzeitig gehandelt habe! Feuer reinigt -
    »Domaris!« Es war ein zu Herzen gehendes, klägliches Flehen.
    »Oh, meine kleine Schwester, mein Kätzchen...« Jetzt war Domaris ganz beschützende Liebe. Sie schloss das zitternde Mädchen von neuem in die Arme und redete ihr beschwichtigend zu.
    Deoris verbarg das Gesicht an der Schulter ihrer Schwester. Seit der Gürtel verbrannt war, kam sie langsam zur Einsicht; es war, als habe sich ein Nebel von ihrem Verstand gehoben. Ihre Gedanken drehten sich unentwegt um das Geschehen in der Krypta - und nun wurde ihr bewusst, dass nichts davon ein Traum gewesen war.
    »Ich habe Angst, Domaris! Ich habe solche Angst - und ich wollte, ich wäre tot! Wird man - wird man mich auch verbrennen?«
    Domaris biss die Zähne zusammen, sie war beinahe krank vor Furcht. Für Riveda gab es keine Hoffnung auf Gnade, und Deoris, auch wenn sie unschuldig war - daran allerdings hatte Domaris ernste Zweifel - trug den Samen der Blasphemie, im Sakrileg gezeugt und unter diesem scheußlichen dreifachen Symbol gewachsen - Ein Kind, das ich selbst verflucht habe! Als ihr das klar wurde, kam ihr eine Idee, wie sie das Schlimmste abwenden könnte. Sie dachte nicht an den Preis, den sie dafür bezahlen musste, sondern an nichts anderes als das Kind, das ihre Schwester immer noch war, zu trösten und zu schützen - genauso wie jenes andere Kind, dessen schwarzer Anfang vielleicht nicht in völliger Finsternis zu enden brauchte...
    »Deoris«, sagte sie ruhig und nahm die Hand ihrer Schwester, »stelle mir keine Fragen. Ich kann dich schützen, und ich will es tun - aber bitte mich nicht, dir zu erklären, wie!«
    Deoris schluckte schwer, mühsam gelang es ihr, sich zu einem gemurmelten Versprechen zu zwingen.
    Mit einem letzten Zögern warf Domaris einen Blick auf Micail. Er lag noch im tiefen Kinderschlaf. Domaris verscheuchte ihre Zweifel und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Deoris zu.
    Ein leiser, halb gesungener Ton dämpfte die Helligkeit im Raum zu einer goldenen Dämmerung. In ihrem sanften Schein standen sich die Schwestern gegenüber, Deoris schlank und jung mit den fürchterlichen Narben auf ihren Brüsten, ihre Schwangerschaft nur durch eine feine Wölbung ihres leichten Gewandes angedeutet - und Domaris, mit ihrem hochschwangeren Leib, die wie immer die ihr eigene Ruhe ausstrahlte. Sie faltete die Hände und hob sie langsam in die Höhe. Dann nahm sie sie auseinander und senkte sie auf merkwürdig zeremonielle Art. Etwas an ihrer Geste weckte in Deoris eine vage Erinnerung, instinktiv fühlte sie, was die Schwester vorhatte, und so stellte sie keine einzige Frage nach dem Sinn ihrer Handlung.
    »Bleibe fern von uns, alles, was unheilig ist«, sprach Domaris in ihrem klaren Sopran. »Bleibe fern von uns, alles, was im Bösen lebt. Bleibe fern von uns, wo wir stehen, denn hier wirft die Ewigkeit ihren Schatten. Teilt euch, ihr Nebel und Dämpfe, ihr Sterne der Dunkelheit, verschwindet; haltet euch fern von den Spuren Ihrer Schritte und dem Schatten Ihres Schleiers. Hier haben wir Zuflucht gefunden, unter dem Vorhang der Nacht und innerhalb des Kreises der Ihr gehörenden weißen Sterne.«
    Sie ließ die Arme sinken. Beide traten vor den Schrein, der im Tempelbezirk in jedem Schlafzimmer zu finden war. Mühsam kniete Domaris nieder. Deoris, die ihre Absicht erriet, kniete sich schnell neben sie, nahm ihr die Wachskerze aus der Hand und entzündete das wohlriechende Öl der Andacht. Sie war entschlossen, ihr Versprechen zu halten und wirklich keine Fragen zu stellen, auch begriff sie allmählich, was Domaris tat. Vor Jahren wäre sie vor diesem Ritus geflohen. Heute aber empfand Deoris bei all ihrer grauenhaften Angst und mit dem Kind in ihrem Leib Dankbarkeit, dass Domaris an ihrer Seite war und nicht irgendeine Frau oder Priesterin, vor der sie sich fürchten musste. Sie hielt die Kerze in den Weihrauch, der die Tore zum Ritual öffnete, und nahm so aufrichtig Anteil daran. Der kurze, zarte Druck, mit dem sich Domaris' lange, schmale Finger um ihre Hand schlossen, zeigte, dass die ältere Schwester sich dieser Einstellung und ihrer Bedeutung bewusst war... Es war nur eine flüchtige Berührung, dann gab Domaris ihr ein Zeichen, sich zu erheben.
    Sobald sie standen, berührte Domaris Stirn, Lippen und Brust ihrer Schwester mit der Hand, und - geleitet von Domaris - wiederholte Deoris das Zeichen. Für einen Augenblick schloss Domaris ihre Schwester in die

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