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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Decke nur leicht im Schlaf.
     
    Als Deoris aus ihrer kurzen Ohnmacht erwachte, kniete Domaris neben ihr und untersuchte die dorje -Narben auf ihrer Brust. Deoris schloss die Augen. Ihr Geist war immer noch leer und schwebte zwischen Erleichterung, Schrecken und dem Nichts.
    »Noch ein Experiment, das er nicht unter Kontrolle halten konnte?« erkundigte sich Domaris nicht unfreundlich.
    Deoris blickte zu ihrer älteren Schwester auf und murmelte: »Es war nicht seine Schuld - er selbst wurde viel schlimmer verletzt...« Ihre Worte enthielten eine Anklage, doch das war Deoris nicht bewusst.
    Doch Domaris' Entsetzen war offensichtlich. »Der Mann hat dich verhext! Willst du ihn immer noch verteidigen -« Sie brach ab und bat dann beinahe verzweifelt: »Hör zu, du musst - es muss dem ein Ende gemacht werden, damit nicht noch mehr Menschen leiden müssen. Wenn du das nicht fertig bringst, wirst du nie wie eine Erwachsene handeln, und immer müssen andere eingreifen, um dich zu schützen! Götter, Deoris, bist du wahnsinnig, dass du - das - erlaubt hast?«
    »Welches Recht hast du -« Deoris verstummte, als ihre Schwester sich von ihr abwandte.
    »Es ist meine beschworene Pflicht«, erinnerte Domaris sie mit sehr leiser Stimme. »Selbst wenn du nicht meine Schwester wärest - wusstest du nicht, dass ich hier Wächter bin?«
    Deoris starrte Domaris sprachlos an. Ihr war, als sehe sie eine Fremde, die nur noch wenig Ähnlichkeit mit ihrer Schwester hatte. Flammender Zorn lag in Domaris' erzwungener Ruhe, in ihrer spröden Stimme und in dem Blitzen in ihren Augen - gerade wegen ihrer Beherrschtheit war dieser Zorn umso fürchterlicher.
    »Was - was hast du vor?« flüsterte Deoris tonlos.
    Mit zitternden Händen schloss Domaris das Nachtgewand ihrer kleinen Schwester. Sie hoffte, sie werden das, was sie wusste, nicht gegen Deoris benutzen müssen, die sie immer noch mehr liebte als irgend jemanden oder irgend etwas, ihre eigenen Kinder, Micail und das Ungeborene, ausgenommen... Aber Domaris fühlte sich schwach. Die dreifache Schnur und die furchtbare Macht, die sie verkörperte - und die Form der Narben auf Deoris' Körper -, unbeholfen bückte sie sich und nahm den Gürtel von der Stelle am Boden auf, wo er beinahe vergessen lag.
    »Ich werde tun, was ich muss«, erklärte Domaris. »Ich nehme dir ungern etwas weg, das für dich großen Wert zu haben scheint, aber -« Ihr Gesicht war blass. Die Knöchel an ihrer Hand traten weiß hervor, so verkrampft war sie, als sie die Holzglieder des Gürtels berührte. Sie verabscheute die eingeschnitzten Symbole und das gotteslästerliche Ziel, das Riveda ihrer Überzeugung nach mit ihnen verfolgt hatte. »Entweder du schwörst, dass du es nie wieder tragen wirst, oder ich verbrenne das verdammte Ding!«
    »Nein!« Deoris sprang auf, ein fieberartiges Glühen in den Augen. »Das lasse ich nicht zu! Domaris, gib mir meinen Gürtel wieder!«
    »Lieber sähe ich dich tot als für einen solch grausamen Zweck zum Werkzeug gemacht!« Domaris' Gesicht hätte aus Granit sein können, und ihre Stimme klang hart und unerbittlich. Die Haut ihres Gesichts spannte sich über ihre Wangenknochen, und sie war bleich bis in die Lippen.
    Deoris streckte flehend die Hände aus - dann verzagte sie vor der unmissverständlichen Verachtung in Domaris' Augen.
    »Du hast die gleichen Unterweisungen erhalten wie ich«, stellte die ältere Schwester fest. »Wie konntest du das nur zulassen, Deoris? Du, die Micon geliebt hat - du, die er fast wie seine Schülerin behandelte! Du, die du die Möglichkeit hattest -« Mit einer verzweifelten Geste brach sie ab und ging schwerfällig auf das Kohlenbecken in der Ecke des Raumes zu. Deoris, die zu spät erkannte, was sie vorhatte, sprang ihr nach - aber Domaris hatte den Gürtel bereits tief in die glühenden Kohlen gestoßen. Das zundertrockene Holz ging in flackernde, prasselnde Flammen auf; die Schnur wand sich wie eine brennende Schlange. In Sekunden wurden Holz und Kordel zu Asche.
    Domaris wandte sich von dem Feuer ab. Ihre Schwester blickte hilflos in die Flammen und weinte, als sehe sie Riveda selbst dort brennen. Als sie den Kummer ihrer Schwester sah, schmolz der größte Teil des harten, eisigen Zorns in Domaris' Herzen. »Deoris«, bat sie, »Deoris, sage es mir - bist du in dem Dunklen Schrein gewesen? Bei dem Schlafenden Gott?«
    »Ja«, wisperte Deoris.
    Mehr brauchte Domaris nicht zu wissen; das Muster des Gürtels hatte ihr alles andere verraten.

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