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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Deoris kniete in der Dunkelheit und fühlte den Schlag seines Pulses, zugleich hörte sie den unheimlichen Klang des immer weitertropfenden Wassers.
    Schließlich bewegte Riveda sich, als habe er Schmerzen. Der feine Lichtstrahl enthüllte ihren liebenden Augen sein hartes Gesicht, das keine Spur von Reue zeigte. »Deoris«, flüsterte er, und die gefesselte Hand suchte an ihrer Taille... dann seufzte er. »Natürlich. Sie haben ihn verbrannt -« Seine Stimme war immer noch ein raues Krächzen. »Verzeih mir. Es wäre am besten, wenn du unser Kind nie kennen lernen würdest!« Er gab einen erstickten Laut von sich, der fast ein Schluchzen war und legte sein Gesicht in ihre Hand. In einer unerwarteten Geste der Verehrung drückte er seine Lippen auf ihre Handfläche. Sein Arm fiel nieder und wieder rasselten die Ketten.
    Zum erstenmal in seinem langen Leben empfand dieser oft so unpersönliche und gefühlskalte Mensch Verzweiflung. Er fürchtete den Tod nicht um seinetwillen; er hatte die Schicksalswürfel geworfen, und sie hatten gegen ihn entschieden. Aber er dachte an Deoris. Welches Schicksal habe ich ihr nur bereitet? Sie muss weiterleben - und nach mir wird mein Kind leben - ein solches Kind! Mit einem Mal wurde sich Riveda der Folgen seiner Handlungen bewusst, erkannte seine Verantwortlichkeit und ihm war, als tränke er einen bitteren von ihm selbst vergifteten Trank. Er hielt Deoris fest und war so zärtlich, wie es ihm eben nur möglich war, als wolle er ihr den Schutz geben, den er ihr zu lange vorenthalten hatte... Seine Gedanken tosten dahin wie ein schwarzer Strom.
    Für Deoris aber war die Gräue Licht geworden. In Verzweiflung und Schmerz hatte sie endlich den Mann gefunden, den sie hinter der furchterregenden Maske, die er der Welt zeigte, immer gesehen, gekannt und geliebt hatte. In dieser Stunde war sie kein verängstigtes Kind mehr, sondern eine Frau, stärker als Leben und Tod in der sanften Gewalt ihrer Liebe zu diesem Mann, den zu hassen sie nicht fertig brachte. Ihre Kraft würde nicht von Dauer sein - doch als sie jetzt neben ihm kniete, vergaß sie alles bis auf ihre Liebe zu Riveda. Sie umfing seinen mit den schweren Ketten gefesselten Körper, und für sie beide stand die Zeit still.
    Als die Priester kamen, um sie abzuführen, hielt sie ihn immer noch in derselben Umarmung.
     
    Die große Halle war gedrängt voll mit den Roben der Priester: weißen, blauen, flachsfarbenen und grauen. Männer und Frauen des Tempelbezirks standen in buntem Durcheinander vor der erhöhten Estrade des Gerichts. Unter leisem Gemurmel öffnete sich für Domaris und ihre Begleiter eine Gasse. Das kupferrote Haar war der einzige farbige Fleck an ihr; ihr Gesicht war weißer als das helle Schimmern ihres Mantels. Zwei weißgekleidete Priester folgten ihr stumm und ernst und gaben acht, dass sie nicht fiel - aber sie ging sicher, wenn auch langsam, und ihr gelassener Blick verriet nichts von ihren Gedanken.
    So erreichten sie die Plattform. Hier blieben die Priester stehen, Domaris jedoch stieg die Stufen hinauf, unaufhaltsam wie das Schicksal. Sie hatte keinen Blick für die hagere, gefesselte vogelscheuchenartige Gestalt am Fuß der Estrade oder für das Mädchen, das am Boden lag, das Gesicht in Rivedas Schoß verborgen, und dessen langes Haar wie ein dunkler Mantel um sie beide fiel. Domaris zwang sich, in majestätischer Haltung hinaufzusteigen und ihren Platz zwischen Rajasta und Ragamon einzunehmen. Die Gesichter Cadamiris und der anderen Wächter konnte man unter den goldenen Kapuzen nur schwer erkennen.
    Rajasta trat vor und blickte über die versammelten Priester und Priesterinnen hin; seine Augen schienen jeden einzelnen im Raum forschend zu betrachten. Schließlich seufzte er und sprach mit zeremonieller Förmlichkeit: »Ihr habt die Anklagen gehört. Glaubt ihr ihnen? Sind sie bewiesen worden?«
    Wie tiefer, drohender, hallender Donner erschallte die Antwort: » Wir glauben sie! Sie sind bewiesen! ««
    »Seid ihr von der Schuld dieses Mannes überzeugt?«
    »Wir sind überzeugt!«
    »Und was ist euer Wille?« fragte Rajasta. »Gewährt ihr ihm Verzeihung?«
    Wieder stieg aus der Menschenmenge ein Brausen auf wie schäumende Meeresbrandung. » Wir verzeihen nicht!«
    Rivedas Gesicht blieb starr; Deoris zuckte zusammen.
    »Was ist euer Wille?« fuhr Rajasta fort. »Verurteilt ihr ihn?«
    »Wir verurteilen ihn!«
    »Was ist euer Wille?« wiederholte Rajasta - und seine Stimme versagte beinahe. Er wusste,

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