Das Licht Von Atlantis
Mann, kühner als die übrigen, rief durch die verlegenen Blicke und das nervöse Scharren und Flüstern: »Soll Rajasta sich doch mit seiner Akoluthin befassen!« Eine große Zahl der Anwesenden nahm den Ruf auf: »Es ist Rajastas Verantwortung! Soll Rajasta sich seiner Akoluthin annehmen!«
»Akoluthin ist sie nicht länger!« Rajastas Worte waren wie ein Peitschenhieb, und Domaris zuckte vor Schmerz zusammen. »Doch ich übernehme die Verantwortung. So sei es!«
»So sei es! « donnerte der Chor der dichtgedrängten Priester.
Rajasta verbeugte sich zeremoniell. »Der Spruch ist gültig«, verkündete er und setzte sich, die Augen auf Domaris gerichtet, die immer noch stand, und das nicht allzu sicher. Von Zorn und Kummer erfüllt, überlegte Rajasta, ob sie die leiseste Vorstellung davon hatte, welche Folgen ihr Geständnis nach sich ziehen konnte. Ihn entsetzte die Kette von Ereignissen, die sie - als Initiierte und Adeptin - in Gang gebracht hatte. Sie hatte die auf sie übertragene Macht für einen schlechten Zweck benutzt. Er wusste, sie würde dafür bezahlen müssen - und das ließ seinen eigenen Mut schwinden. Sie hatte ein endloses Karma erzeugt, dessen Folgen sie, und wer weiß wie viele andere noch, tragen mussten... Er selbst trug auch Schuld daran, dass Domaris es hatte geschehen lassen, und stritt die Verantwortung nicht einmal vor sich selbst ab.
Und Deoris...
Domaris hatte von dem Mysterium Caratras gesprochen, in das kein Mann einzudringen vermag; mit diesem einen Satz hatte sie sich von Rajasta getrennt. Ihr Schicksal lag nun in den Händen der Göttin; Rajasta konnte nicht eingreifen, auch nicht, um Gnade zu erweisen. Deoris war dem Gericht des Tempels ebenfalls entzogen. Es war nur noch eine einzige Entscheidung zu treffen, nämlich ob der Tempel den Schwestern weiterhin Obdach gewähren sollte oder nicht...
Langsam stieg Domaris die Stufen hinunter, und man sah ihr an, dass sie ihre körperliche Schwäche mit Willenskraft zu überwinden trachtete. Sie trat zu Deoris, beugte sich nieder und versuchte, sie wegzuziehen. Das jüngere Mädchen widersetzte sich heftig. Domaris winkte in ihrer Verzweiflung schließlich einem der sie begleitenden Priester, Deoris hinauszutragen. Doch als der Priester sie anfasste, klammerte Deoris sich schreiend an Riveda.
»Nein! Niemals, niemals! Lasst mich auch sterben! Ich will nicht gehen!«
Der Adept hob noch einmal den Kopf und sah Deoris ins Gesicht. »Geh, mein Kind«, sagte er leise. »Dies ist der letzte Befehl, den ich dir je erteilen werde.« Mit seinen gefesselten Händen berührte er ihre dunklen Locken. »Du hast geschworen, mir bis ans Ende zu gehorchen«, murmelte er. »Jetzt ist das Ende da. Geh nun, Deoris.«
Das Mädchen brach in schrecklichem Schluchzen zusammen - ließ es aber zu, dass man sie wegführte. Riveda sah ihr mit einem Ausdruck nach, der tiefe Zuneigung verriet, und zum ersten und zum letzten Mal flüsterte er: »Oh, meine Geliebte!«
Nach langem Schweigen richtete er den Blick, nun wieder hart und beherrscht, auf die weißgekleidete Frau, die vor ihm stand.
»Dein Triumph, Domaris« sagte er bitter.
Impulsiv rief sie aus: » Unsere Niederlage!«
Rivedas eisige blaue Augen glitzerten merkwürdig, und er lachte laut heraus. »Du bist - eine würdige Gegnerin«, stellte er fest.
Domaris lächelte flüchtig; nie zuvor hatte Riveda anerkannt, dass sie auf einer Stufe mit ihm stand.
Rajasta hatte sich erhoben, um den Priestern die letzte Frage zu stellen: »Wer spricht für Gnade?«
Schweigen.
Riveda wandte den Kopf und betrachtete seine Ankläger - es war kein Appell an ihre Milde.
Domaris sagte ruhig: »Ich spreche für Gnade, meine Herren. Er hätte sie sterben lassen können! Er hat Deoris gerettet, er hat sein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt - um sie zu retten! Er hat sie mit den Narben, die ihn für immer anklagen mussten, leben lassen. Das ist zwar nur wie eine Feder gegen das Gewicht seiner Sünde - aber auf den Waagschalen der Götter mag eine Feder eine menschliche Seele aufwiegen. Ich spreche für Gnade!«
»Das ist dein Vorrecht«, räumte Rajasta heiser ein.
Domaris zog das Abzeichen ihres Amtes, den Dolch aus gehämmertem Gold, aus ihrer Robe. »Zu deiner Verwendung.« Damit reichte sie ihn feierlich Riveda. »Auch ich bin der Gnade bedürftig«, setzte sie hinzu und ging. Ihre Robe aus Weiß und Gold verschwand langsam in den Reihen der Priester.
Riveda betrachtete lange Zeit die Waffe. Ein seltsames
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