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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Querstreifen ab, die Bandage hatte tief ins Fleisch eingeschnitten. »Mein Kind, mein armes kleines Mädchen! Was hat dich nur dazu getrieben? Wie konntest du das tun?«
    Deoris wandte sich verbittert ab, und Domaris seufzte. Das Mädchen durfte sich nicht länger auf so dumme Weise weigern, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen!
    »Es muss sich jemand um dich kümmern«, sagte Domaris. »Wenn nicht ich, dann eine andere.«
    »Nein!« antwortete Deoris schnell und ängstlich. »Nein, Domaris, du - du darfst mich nicht allein lassen -«
    »Das könnte ich auch nicht, selbst wenn ich es wollte«, beruhigte Domaris sie. Dann scherzte sie in einem ihrer seltenen Versuche, fröhlich zu sein: »Jetzt werden dir deine Kleider nicht mehr passen! Liebst du sie so sehr, dass du unbedingt schlank bleiben wolltest?«
    Deoris reagierte mit einem apathischen Lächeln.
    Domaris machte sich daran, die Garderobe ihrer Schwester durchzusehen. Nach einer Weile richtete sie sich erstaunt auf. »Du hast ja gar keine weiten Kleider! Du hättest dich doch darum kümmern müssen.«
    Deoris versank in feindseliges Schweigen, und Domaris sah, dass das Versäumnis absichtlich geschehen war. Ohne ein weiteres Wort, aber mit einem Gefühl, als sei sie an einem dunklen Ort von einem wilden Tier angegriffen worden, ging Domaris an eine Kommode und suchte unter ihren eigenen Besitztümern, bis sie ein paar Bahnen spinnwebfeinen Stoffes in einer hellen Farbe fand, aus dem die losen, weitfallenden Gewänder der Schwangeren drapiert wurden. Ich habe sie vor Micails Geburt getragen , dachte sie, in ihre Erinnerungen versunken.
    »Nun komm«, lachte sie und schob die Erinnerungen an die Zeit, als sie diesen Stoff getragen hatte, beiseite. »Wenigstens auf eins verstehe ich mich besser als du!« Als kleide sie eine Puppe an, schob sie Deoris in die Mitte des Raumes und begann mit vorgetäuschter Heiterkeit, ihre Schwester in einer Pantomime vorzuführen, wie die Bahnen geschlungen werden mussten.
    Auf Deoris' Reaktion aber war sie nicht vorbereitet. Sofort nahm Deoris ihr den Stoff aus der Hand, riss ihn quer durch und schleuderte die Fetzen auf den Boden. Dann warf sie sich selbst auf die kalten Steine und brach in wildes Weinen aus.
    »Ich will nicht, ich will nicht, ich will nicht!« schluchzte sie immer und immer wieder. »Lass mich in Ruhe! Ich will nicht, ich will das nicht! Geh weg, geh endlich weg! Lass mich allein!«
     
    Es war später Abend. Auf den Zimmerwänden wanderten Schatten. Das gedämpfte Licht vertiefte die Feuerfarbe von Domaris' Haar und ließ die weiße Strähne sichtbar werden, die sich neuerdings dort abzeichnete. Ihr Gesicht war dünn und erschöpft, ihr Körper abgemagert und von einer merkwürdigen Kraftlosigkeit, die sie vorher nie gekannt hatte. Deoris sah bleich und elend aus. Sie saßen zusammen und warteten in angstvollem Schweigen.
    Domaris trug die blaue Robe und das goldene Stirnband einer Initiierten Caratras und hatte Deoris aufgefordert, sich ebenso zu kleiden. Es war ihre einzige Hoffnung.
    »Domaris«, fragte Deoris schwach, »was wird jetzt geschehen?«
    »Ich weiß es nicht, Liebes.« Mit ihren blaugeäderten Händen umfing sie die Hand ihrer jüngeren Schwester. »Aber sie können dir nichts tun, Deoris. Du bist - wir sind , was wir sind! Das können sie nicht ändern oder abstreiten.«
    Aber Domaris seufzte, denn sie war nicht so sicher, wie sie gern scheinen wollte. Sie hatte diesen Kurs eingeschlagen, um Deoris zu schützen, und zweifellos hatte sie Erfolg gehabt - sonst hätte Deoris das Schicksal Rivedas geteilt! Andererseits traf das Sakrileg, das sie begangen hatten, die Religion an einer zentralen Stelle, denn Deoris' Kind war während eines grauenhaften Rituals empfangen worden. Konnte ein so gezeugtes Kind jemals in die Priesterkaste aufgenommen werden?
    Obwohl sie auch jetzt ihren Schritt nicht bereute, wusste Domaris, dass sie voreilig gewesen war, und die möglichen Folgen bedrückten sie. Ihr eigenes Kind war tot, und bei all ihrem Kummer war sie sich darüber im klaren, dass sie mit so etwas hatte rechnen müssen. Sie nahm ihre eigene Schuld auf sich - aber sie war fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass Deoris' Kind nichts geschah. Sie hatte die Verantwortung für Deoris und das Ungeborene übernommen und würde dieser nicht um Haaresbreite ausweichen.
    Und doch - welcher in Riveda wohnende Dämon der Finsternis hatte Deoris zur Mutter gemacht? Welche Höllenbrut wartete darauf, geboren zu

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