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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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dass jede andere Lebensmöglichkeit für sie sinnlos war. Es überkam sie ein wilder Impuls zu schreien, in rasendes, hysterisches Gelächter auszubrechen. Trotzdem gelang es ihr, ihrem Verstand zu gehorchen, und beherrscht flüsterte sie: »Ich will - wenn du glaubst, ich sei stark genug -« doch dann ergriff die Bewunderung für diesen Mann sie so sehr, dass sie nicht mehr fähig war weiterzusprechen. Sie hatte nur noch einen einzigen Wunsch, in dem sich alle ihre früheren Sehnsüchte vereinigten: diesem Mann nahezustehen, näher als ein Akoluth oder Chela, näher als irgendeine Frau. Und doch zitterte sie bei dem Gedanken, dass sie sich auf etwas Ungeheures einließ; sie hatte oft davon gehört, dass die Graumäntel ihren Frauen Fesseln anlegten. Sie würde Riveda in Zukunft sehr nahe sein. Wie war er wohl unter seiner zynischen, spöttischen Maske? Heute nacht war sie schon ein wenig zur Seite gerutscht -
    Rivedas Mund bewegte sich, als kämpfe er gegen heftige Gefühle an. Seine Stimme klang gedämpft, beinahe sanft, er lächelte schwach: »Deoris, ich kann dich nicht meine Akoluthin nennen, denn dieser Beziehung sind feste Grenzen gesetzt, und was ich möchte, geht über sie hinaus. Verstehst du mich?«
    »Ich glaube schon -«
    »Für eine gewisse Zeit verlange ich von dir Gehorsam und Unterwerfung. Es muss ein absolutes Wissen des einen um den anderen geben und -« er ließ ihre Hand los, sah sie an und machte eine kleine Pause, die seinen Worten wieder ungeheuren Nachdruck verlieh »- und vollständige Intimität -«
    »Ich - weiß.« Deoris gab sich Mühe, mit fester Stimme zu sprechen. »Auch das möchte ich.«
    Riveda nickte kurz, als nehme er keine besondere Notiz von ihren Worten. Trotzdem spürte Deoris, dass er seiner selbst nicht so sicher war, wie es schien. Riveda fühlte sich tatsächlich so unwohl, dass es schon an Furcht grenzte. Er hatte Angst, durch irgendeine Unvorsichtigkeit in Wort oder Geste den Zauber der Faszination zu brechen, den er, beinahe ohne Absicht, auf dies Mädchen ausübte. Verstand sie wirklich - war sie überhaupt in der Lage zu verstehen, was er von ihr verlangte? Er ahnte es nicht.
    Da fiel Deoris mit einer Bewegung, die den Adepten erschreckte, vor ihm auf die Knie und verbeugte sich in so totaler Unterwerfung vor ihm, dass sich Rivedas Kehle zusammenschnürte und ihn eine lange vergessene Empfindung übermannte.
    Er zog Deoris behutsam in die Höhe und nahm sie in seine Arme. Seine Stimme war heiser. »Ich habe dir einmal gesagt, dass ich kein Mann bin, dem man vertrauen sollte. Aber, Deoris, die Götter sollen an mir tun, was ich an dir tun werde!«
    Diese Worte waren ein Schwur, der tiefer und folgenschwerer war als der ihre.
    Der letzte Überrest ihrer Furcht verschwand unter seiner Umarmung. Sie fühlte, wie er sie in die Höhe hob und schrie auf vor Erstaunen über die Kraft in seinen Händen. Sie merkte kaum, wie sie schwebte. Dann lag sie auf dem Rücken, er beugte sich über sie, und sein Kopf war ein dunkler Umriss vor dem seltsam gedämpften Licht; sie erinnerte sich, mehr als dass sie es sah, an die harte Linie seines Unterkiefers, an seinen strengen Mund. Seine Augen waren so eisig wie die Nordlichter und ebenso weit entfernt...
    Noch nie hatte sie jemand auf diese Weise berührt, sie hatte bisher nichts als Sanftheit und Zärtlichkeit gekannt, nun aber schluchzte sie in starrem Entsetzen. Domaris - Chedan - der Mann mit den gekreuzten Händen - Micons Totenmaske - diese Bilder wirbelten in einer kurzen Sekunde des Schreckens durch ihren Geist. Dann drückte sich Rivedas raues Gesicht an das ihre, und seine starken und empfindsamen Hände lösten die Spangen ihres Nachtgewands. Sie nahm nicht mehr wahr als das gedämpfte, tanzende Licht, den Schatten eines Bildnisses - und Riveda.
    Der Chela kauerte bis zum Morgengrauen murmelnd auf dem Steinfußboden.

5. WORTE
    Nahe beim Haus der Zwölf lag unter einem Weinspalier ein tiefer klarer Teich, der als Spiegel der Gedanken bekannt war. Der Sage nach gab es hier einst ein Orakel, und auch jetzt noch glaubten manche, in Augenblicken seelischer Not werde die Antwort, die man am sehnlichsten suche, von dem reinen Wasser widergespiegelt - wenn der Fragende Augen hatte, zu sehen.
    Deoris lag erschöpft im Schatten großer Weinblätter und blickte in bitterer Verzweiflung in das Wasser. Sie hatte Angst bekommen, denn schließlich hatte sie ein schweres Sakrileg begangen und ihre Kaste und die Götter verraten. Sie

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