Das Licht Von Atlantis
dürfen.
Deoris lass seine Gedanken und verteidigte ihre Schwester. »Die anderen haben das Gesetz gebrochen! Eine Priestertochter braucht es sich nicht gefallen zu lassen, dass Schülerinnen oder Novizinnen zusehen, und Ka-« Sie brach ab und errötete. In der Hitze des Augenblicks hatte sie vergessen, dass sie zu einem Mann sprach. Außerdem war es unvorstellbar, Rajasta Widerworte zu geben. Trotzdem setzte sie dickköpfig hinzu. »Wenn irgendwer Unrecht getan hat, war es Karahama.«
Rajasta brachte sie mit einer Geste zum Schweigen. »Ich bin Wächter des Tors«, erinnerte er sie, »nicht der Innenhöfe!« Freundlicher sagte er: »Immerhin hat man dir eine verantwortungsvolle Aufgabe übertragen und du bist noch jung. Befehl oder nicht - niemand hätte es gewagt, die Tochter des Erzpriesters in unfähigen Händen zu lassen.«
Schüchtern murmelte Deoris: »Riveda hat mir gesagt -« Zu spät fiel ihr ein, dass Rajasta den Adepten nicht besonders mochte.
Der Priester meinte nur: »Riveda ist weise. Was hat er dir gesagt?«
»Dass ich - in einem früheren Leben -« Sie errötete und fuhr hastig fort: »Ich hätte alle Heilkünste gekannt, sagt er, und mein Wissen missbraucht. In diesem Leben sollte ich - das wiedergutmachen...«
Rajasta wurde das Herz schwer. Er rief sich das Schicksal, das für dies Kind in den Sternen geschrieben stand, ins Gedächtnis zurück. »Es mag so sein, Deoris«, erwiderte er ruhig. »Hüte dich jedoch davor, zu stolz zu werden. Die Gefährdungen aus früheren Leben neigen dazu, von neuem aufzutauchen. Aber jetzt erzähle mir lieber, ob Domaris es schwer gehabt hat.«
»Ziemlich«, antwortete Deoris zögernd. »Sie ist kräftig, und es hätte eigentlich alles leichter gehen müssen. Aber sie hatte viele Schmerzen, die ich nicht lindern konnte. Ich fürchte -« Sie schlug kurz die Augen nieder, dann sah sie Rajasta tapfer an. »Ich bin in diesem Leben keine Hohepriesterin, aber ich fürchte sehr, dass ein zweites Kind ihr Leben in Gefahr bringen würde.«
Rajastas Gesichtsausdruck wurde nachdenklich. Domaris hatte sich in der Tat sehr ungeschickt benommen, und jetzt zeitigte es die ersten Folgen. Ein solches Urteil, von einer Geburtshelferin mit Deoris' Fähigkeiten ausgesprochen, war eine ernste Warnung - nur entsprach Deoris' Rang in der Tempelhierarchie nicht ihren Kenntnissen, und ihr stand es noch nicht zu, eine Empfehlung auszusprechen. Eine Priesterin von hohem Rang hätte Domaris, wie es sich gehörte, entbinden sollen, auch wenn sie weniger geschickt als Deoris gewesen wäre. Ihr Wort, ordnungsgemäß geschworen und attestiert, hätte bedeutet, dass Domaris nie mehr erlaubt worden wäre, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Denn im Tempel des Lichts galt die lebende Mutter eines lebenden Kindes mehr als die Hoffnung auf ein zweites Kind mit Überlebensrisiko für die Mutter. Jetzt musste Domaris die Folgen einer Entwicklung tragen, die sie selbst in Gang gesetzt hatte.
»Es ist nicht deine Sache, eine Empfehlung zu geben«, bemerkte Rajasta so sanft wie möglich. »Aber davon brauchen wir im Augenblick nicht zu sprechen. Micon -«
»Oh, das hätte ich beinahe vergessen!« rief Deoris aus. »Wir sollen ihm nichts sagen, Domaris möchte -« Rajastas tieftrauriges Gesicht brachte sie zum Schweigen.
»Du musst dir etwas einfallen lassen, was ich ihm erzählen kann, kleine Tochter. Er ist schwer krank, und er darf sich keine Sorgen um Domaris machen.«
Deoris brachte kein Wort heraus. Sie hatte die Augen weit aufgerissen.
Gebrochen bestätigte Rajasta: »Ja, es geht mit ihm zu Ende. Wenigstens glaube ich, dass er dem Tod nahe ist.«
17. SCHICKSAL UND VERHÄNGNIS
Micail war drei Tage alt, als Domaris aufstand und sich mit einer Sorgfalt anzog, die ganz unüblich an ihr war. Sie benutzte das Parfüm, das Micon liebte, den Duft aus seiner Heimat, der sein erstes Geschenk an sie gewesen war. Ihr Gesicht war ruhig, aber nicht heiter. Sie selbst verbot es sich zu weinen, während Elara sie für das, was ihr bevorstand, schönmachte, aber die treue Dienerin brach in Tränen aus. Sie legte das zappelnde, nach frischer Wäsche duftende Bündel in die Arme seiner Mutter.
»Weine nicht«, bat Domaris, und die Dienerin lief schnell davon. Domaris drückte ihren Sohn an sich und dachte traurig: Mein Kind, ich habe dich geboren - um deinem Vater den Tod zu geben .
Sie neigte sich über sein zartes Gesicht. Ihre Liebe für dies Kind war von Anfang an mit Kummer gepaart, mit einer tiefen
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