Das Licht Von Atlantis
zum Ende kommen. Hindere mich nicht, dein größtes Geschenk anzunehmen.«
Er erhob sich langsam von seinem Lager und Riveda legte schnell seinen starken Arm um ihn. Mit einem kleinen, wissenden Lächeln nahm Micon die Hilfe des Graumantels an. Deoris nahm die eisige Hand ihrer Schwester in ihre kleine warme, aber Domaris spürte es nicht.
Micon beugte sich über das Kind, das friedlich in Rajastas Armen lag, und berührte die geschlossenen Augen leicht mit seinen schmerzenden Händen.
»Sieh, was ich dich sehen lasse, Sohn Ahtarraths!«
Die verrenkten Finger berührten die winzigen Ohrmuscheln, und die tragende Stimme des Initiierten klang durch den Raum: »Höre, was ich dich hören lasse!«
Er zog die Hände leicht über die flaumigen Schläfen. »Nimm hin die Macht, die mein ist und die ich dir vermache, Kind von Ahtarraths Erbe!«
Er berührte den rosigen, suchenden Mund, der an seinem Finger saugte und ihn wieder ausspie. »Sprich mit der Kraft des Sturms und der Winde, mit der Kraft von Sonne und Regen, Wasser und Luft, Erde und Feuer! Sprich stets mit Gerechtigkeit und mit Liebe.«
Nun ruhte die Hand des Atlanters auf dem Herzen des Säuglings. »Schlage nur zum Ruf der Pflicht, der Kraft der Liebe! Bei der Macht, die ich trage -« Micons Stimme wurde plötzlich schwach. »Bei der - der Macht, die ich trage, gebe ich dir Zeichen und Siegel dieser - dieser Macht...«
Micons Gesicht hatte eine geisterhafte Blässe angenommen. Wort für Wort und Geste für Geste hatte er alle Energie verloren, die ihn noch vom Tod trennte. Mit furchtbarer Anstrengung zog er auf der Stirn des Neugeborenen ein Zeichen. Dann stützte er sich schwer auf Riveda.
Domaris eilte in ihrer brennenden Liebe an seine Seite. Er achtete nicht auf sie, sondern keuchte: »Ich wusste, dies würde - ich wusste - Riveda, du musst die Bindung - beenden! Ich bin -« Micon holte tief und mühsam Atem. »Versuche nicht, mich zu hintergehen!« Ein ferner Donnerschlag unterstrich seine Worte.
Riveda ließ in grimmigem Schweigen Domaris an seine Stelle treten, damit er seine Aufgabe erfüllen konnte. Der Graumantel wusste genau, warum er und nicht Rajasta oder sonst jemand dafür ausgewählt worden war. Was oberflächlich betrachtet wie ein Vertrauensbeweis des Atlanters aussah, war genau das Gegenteil: Indem er Rivedas Karma an das des Kindes band, und sei es nur durch eine kurze Zeremonie, wollte Micon sicherstellen, dass Riveda es nicht wagte, das Kind - und mit ihm die Macht, die das Neugeborene repräsentierte - anzugreifen...
Rivedas eisblaue Augen brannten unter den Lidern. In beinahe barschem Ton und mit brüsken Bewegungen setzte er das unterbrochene Ritual fort: »Auf dich, Sohn Ahtarraths, Königlicher Jäger, Erbe der Worte des Donners, geht die Macht über. Gesiegelt durch das Licht -« Mit starken, geschickten Händen löste der Adept das Kind aus seiner Decke und hielt es mit einer eigentümlichen zeremoniellen Bewegung in das helle Sonnenlicht. Die Strahlen schienen die flaumige Haut zu küssen, und Micail reckte sich mit einem kleinen, zufriedenen Gurgeln.
Das Gesicht des Magiers blieb ernst und feierlich wie zuvor, aber als er Rajasta das Kind zurückgab und seine Arme für die Anrufung hob, lächelten seine Augen. »Vom Vater zum Sohn, von Zeitalter zu Zeitalter«, intonierte Riveda, »wird die Macht weitergereicht, die dem echten Blut bekannt ist. So war es, und so ist es, und so soll es immerdar sein. Heil Ahtarrath - und von Ahtarrath werde Abschied genommen!«
Micail sah mit gelassener, schläfriger Würde auf den Kreis von Gesichtern, die ihn umringten. Die Zeremonie war beendet. Rajasta legte das Kind Deoris in die Arme, zog Micon aus Domaris' Umarmung und legte ihn vorsichtig nieder. Immer noch tasteten die Hände des Atlanters schwach nach Domaris, und sie kam und umfing ihn von neuem. Der Kummer in ihren Augen war erbarmungswürdig.
Deoris hatte das Kind fest an ihre Brust gedrückt und schluchzte lautlos, das Gesicht halb in Rajastas Mantel vergraben. Der Priester des Lichts hatte einen Arm um sie gelegt, doch sein Blick ruhte auf Micon. Riveda betrachtete die Szene mit über der Brust gekreuzten Armen, und sein breiter Schatten verwehrte dem Sonnenschein den Eintritt ins Zimmer.
Der Prinz war so still, dass auch die Beobachter den Atem anhielten... Endlich regte er sich schwach. »Meine in Licht gekleidete Geliebte«, flüsterte er, »verzeih mir.« Er hielt inne. Schweißtropfen glitzerten auf seiner Stirn.
Weitere Kostenlose Bücher