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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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angeworben hatten, war nichts mehr zu entdecken. Vermutlich hatten die Soldaten sie nach Hause geschickt. Auch von Viktor Abramowitsch war weit und breit keine Spur; wahrscheinlich lag er in einem der Zelte und schlief. Zu gerne hätte Sarah erfahren, was der Russe im Schilde führte und auf wessen Seite er stand. Aber Yuri, der inzwischen aus seiner Ohnmacht erwacht war und sie unter Tränen um Verzeihung gebeten hatte, hatte ihr keine Antwort auf diese Frage geben können. Nur eines war unübersehbar gewesen: die Angst in den Augen des Veteranen, als Sarah den Namen Abramowitsch erwähnte. Da seine Furcht vor Hieronymos jedoch noch größer zu sein schien, hatte er sich schließlich bereit erklärt, seinen Verrat zu sühnen, indem er bei der Befreiung der Gefangenen half und den Lockvogel spielte. Zwar hatte Sarah Zweifel, was Yuris Loyalität betraf, jedoch konnte sie es sich in Anbetracht des zahlenmäßig weit überlegenen Feindes nicht leisten, wählerisch zu sein - und Hieronymos hatte angekündigt, ein wachsames Auge auf den Veteranen zu haben.
    Nervös blickte sie auf das Zifferblatt ihrer Taschenuhr.
    Fast fünfzehn Minuten waren vergangen.
    Inzwischen mussten die anderen längst ihre Positionen auf der anderen Seite des Lagers bezogen haben. Wieso hatten sie noch nicht losgeschlagen? Gab es Schwierigkeiten?
    Sarahs Unruhe wurde noch größer. Sie rutschte auf dem feuchten Moos hin und her, auf das sie sich bäuchlings gelegt hatte, damit sie vom Camp aus nicht gesehen wurde.
    Endlich regte sich etwas!
    Das Gebüsch auf der anderen Seite des Lagers teilte sich, und Yuri trat hervor. Dass seine Schritte unsicher und wackelig waren, mochte zum einen an der langen Bewusstlosigkeit liegen, zum anderen aber auch an dem bitteren Wissen, dass der Lauf seiner eigenen Littikhsky-Muskete auf ihn gerichtet war ...
    Sarah sah ihn auf die Kosaken zugehen und hörte ihn etwas auf Russisch sagen. Der Name Abramowitsch fiel, und einer der Soldaten wandte sich ab und betrat eines der Militärzelte, die auf dem Lagerplatz errichtet worden waren. Kurz darauf kehrte er zurück, nicht nur Abramowitsch im Schlepp, sondern auch dessen Leibwächter Igor, der seinem Herren schon an Bord der ›Strela‹ wie ein Schatten gefolgt war. Sarah nickte grimmig. Bislang machte Yuri seine Sache gut. Wenn es ihm gelang, Abramowitsch und seine Leute zum Brunnenausstieg auf der anderen Seite des Berges zu locken, hatten Sarah und ihre Begleiter freies Feld.
    Man konnte sehen, wie der Veteran mit den Händen fuchtelte und seine Worte gestenreich unterstrich. Ganz offenbar war ihm tatsächlich daran gelegen, seinen Verrat wieder gut zu machen, und für einen Moment hatte es den Anschein, als würde Abramowitsch ihm Glauben schenken.
    Aber dann überstürzten sich die Ereignisse.
    Ein peitschender Schuss zerriss die Stille des Morgens - und Yuri brach tödlich getroffen zusammen!
    Sarah sog scharf die Luft ein. Im ersten Moment dachte sie, dass Hieronymos den Schuss abgegeben hätte, aber dann sah sie das scheußlich rote Loch in Yuris Stirn und den Armeerevolver in Igors Hand, aus deren Lauf sich blauer Rauch kräuselte. Abramowitschs Leibwächter hatte den Veteranen getötet, automatenhaft und ohne auch nur mit der Wimper zu zucken!
    Noch ehe Sarah ihr Entsetzen auch nur im Ansatz überwinden konnte, gab es auf der anderen Seite des Lagers Tumult. Schüsse fielen, und erschrocken registrierte sie den dumpfen Klang einer Littikhsky. Sarah biss die Zähne zusammen und fasste den Griff des Colt Frontier fester, aber noch zögerte sie. Wenn sie jetzt auf die Lichtung stürmte, konnte sie vielleicht drei oder vier der Bewacher außer Gefecht setzen, ehe sie selbst getroffen wurde, aber sie hatte nicht die leiseste Chance, el-Hakim und Ufuk lebend zu erreichen ...
    Schon im nächsten Moment waren alle Überlegungen hinfällig. Das Gebüsch auf der rückwärtigen Seite des Lagers teilte sich, und weitere Soldaten kamen zum Vorschein: Marineinfanteristen aus Sewastopol, die sich offenbar im Schatten der Senke verborgen gehalten hatten. Mit drohend erhobenen Gewehrläufen und aufgepflanzten Bajonetten trieben sie zwei Gefangene vor sich her - Sarahs Herzschlag wollte aussetzen, als sie Friedrich Hingis und Hieronymus erkannte.
    Eine erschreckende Erkenntnis dämmerte ihr: Abramowitsch hatte mit ihrem Auftauchen gerechnet. Er hatte ihnen eine Falle gestellt, und sie waren blindwütig hineingetappt. Auch von Hieronymus war diesmal keine Hilfe zu erwarten

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