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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Wahl hatten, als dem Pfad zu folgen, den uns das Schicksal vorgab. Du nicht - und ich ebenfalls nicht.«
    »Woher dieser Sinneswandel?«, wollte Sarah verwundert wissen. »Wann habt Ihr das erkannt, Meister?«
    »Als ich von diesem Wunderwerk erfuhr«, antwortete der Alte, auf das Luftschiff deutend.
    »Aber Meister, es ist kein Wunderwerk, sondern nur eine Maschine, die die physikalischen Gesetze nutzt, um ...«
    El-Hakim lachte leise.
    »Was habt Ihr, Meister?«
    »Hältst du mich wirklich für so dumm, mein Kind? Natürlich weiß ich, dass dies ein Gebilde von Menschenhand ist. Das Wunder, von dem ich spreche, ist ganz anderer Art.«
    »Tatsächlich?«
    Statt direkt zu erklären, worauf er hinauswollte, antwortete der Weise mit einem Zitat:
     
    Denn über den Bergen, den hohen,
    die nur des Vogels Flug übersteigt,
    leben die Krieger, die Arimaspen,
    die das Geheimnis hüten ...
     
    »Verstehst du, was ich meine, Kind?«, fügte er anschließend hinzu.
    »Ich glaube, ja, Meister«, bestätigte Sarah verblüfft. Viele Male hatte sie das Gedicht des Aristeas schon gelesen, doch es war ihr nie wirklich aufgefallen, dass darin von hohen Bergen die Rede war, die man nur im Flug überwinden konnte.
    »Gottes Wege sind unergründlich«, entgegnete der Alte, »aber auf die ein oder andere Art scheint sich zu erfüllen, was vor so vielen Jahrhunderten geschrieben wurde. Dies«, sagte er, auf das Luftschiff deutend, »ist der vorgezeichnete Weg, um die Reise fortzusetzen und die Bestimmung zu erfüllen, davon bin ich inzwischen überzeugt.«
    Sarah bedachte el-Hakim mit einem Blick, der zugleich bewundernd und voller Dankbarkeit war. Schon als sie noch ein Kind gewesen war, hatte er es verstanden, ihr mit wenigen Worten Mut zu machen, jedoch niemals so sehr wie in diesem Augenblick. Sie übersetzte für Hingis, und auch der Schweizer schien sich ein wenig zu entspannen.
    Schweigend standen sie noch eine Weile vor dem Schiff, dessen eindrucksvolle Konturen sich gegen das Licht der untergehenden Sonne abzeichneten. Wind war aufgekommen, der von der See landeinwärts wehte und am Auftriebskörper zerrte. Die Haltetaue knarrten, als könnte das riesige Gebilde es kaum erwarten, der Anziehung der Erde zu trotzen und sich in die Lüfte zu schwingen.
    Nur noch wenige Stunden, dachte Sarah.
    Nur noch wenige Stunden ...
     
    B OMBAY , B RITISCH -I NDIEN
    Z UR SELBEN Z EIT
     
    »Hatten Sie eine angenehme Reise, Sahib?«
    Der Babu 23 , der an Bord gekommen war, um die fünf Europäer zu begrüßen, verbeugte sich tief, was Lemont mit Wohlwollen zur Kenntnis nahm. Wie bedeutend der Umfang an Loyalität war, den man mit Geld erwerben konnte, erstaunte ihn immer wieder.
    Inmitten zahlloser britischer Schiffe, die unter dem Banner der Peninsular and Oriental Steam Navigation Company fuhren, hatte die ›Liberté‹ am Abend im Hafen von Bombay angelegt. Die Weite der Arabischen See erstreckte sich hinter ihnen als schwarz glitzernde Fläche, in der sich das Licht der Sterne verheißungsvoll spiegelte; vor ihnen lag die Stadt, die von den Briten gerne als Gateway to India bezeichnet wurde. Ein endlos scheinendes Meer aus windschiefen Dächern, von denen grauer Rauch aufstieg und aus denen hin und wieder die steinernen Gebäude der britischen Kolonialherren ragten, erstreckte sich östlich des Hafenbeckens, und der strenge Geruch, den der Wind herübertrug und der ein wenig nach Marsala, vor allem aber nach Exkrementen und Unrat roch, ließ Lemont innerlich die Nase rümpfen. Er verabscheute Orte wie diesen, an denen das Leben unkontrolliert wucherte und eitrige Geschwüre hervorbrachte, die in der Hitze der Sonne stanken und schwärten.
    Angewidert blickte er zu den Hütten hinüber, die sich entlang der Kaimauer erstreckten und wo auch zu vorgerückter Stunde noch reges Treiben herrschte. Fackeln erhellten die Unterstände und Verschläge, vor denen unzählige Wasser- und Obstverkäufer, Süßwarenhändler und kunjiris 24 unter lautstarken Rufen ihrer Tätigkeit nachgingen. Ihre Kundschaft waren Seeleute, deren Schiffe tagsüber angelegt hatten und die nun auf Landgang waren, aber auch Angehörige der britischen Verwaltung, die in ihren makellosen, blitzend weißen Uniformen weithin auszumachen waren und einen bemerkenswerten Kontrast zur dunklen, schweißglänzenden Haut der Kulis bildeten, die ihre oftmals abenteuerlich zusammengezimmerten Karren hinter sich her zogen.
    Obwohl sich Lemont Mühe gab, sich seine Abscheu nicht allzu

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