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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Konfrontation käme, seine Soldaten und er in jedem Fall die Oberhand behalten würden. Sarah ließ ihn gewähren und unternahm nichts, um seine Meinung zu ändern. Unterschätzt zu werden verschaffte einen klaren strategischen Vorteil.
    Jedem einzelnen Besatzungsmitglied war klar, dass sie sich auf ein Wagnis einließen, auf eine Reise, wie sie noch keiner vor ihnen angetreten hatte und die sie in unbekannte Regionen führen würde. Die tatsächliche Tragweite ihrer Entscheidung wurde Sarah und ihren Gefährten jedoch erst bewusst, als sich das Vehikel, das sie durch die Lüfte tragen sollte, erstmals in seiner vollen Größe vor ihnen erhob.
    Unter Balakows Aufsicht waren die Kisten aus Varna geöffnet worden, und auf einem Areal, das sich südlich des Hafenbeckens befand und von einer hohen Absperrung umgeben war, Tag und Nacht bewacht von Marineinfanteristen, wurde das Luftschiff zusammengebaut.
    Den Anfang machte die Gondel, die, wie Sarah schon auf dem Plan bemerkt hatte, einer oben offenen Kutsche ähnelte, die freilich keine Räder hatte; es gab einen hochgezogenen Bug, der sich nach vorn ein wenig verjüngte, und ein breites Heck, das zugleich den Antrieb und die Steuerung des Schiffes beherbergte. Die Länge der Gondel betrug nur rund fünf Yards, sodass absehbar war, dass die Besatzung keine allzu große Bewegungsfreiheit haben würde; jeder bekam einen Platz zugewiesen, an dem er während des Fluges auszuharren hatte. Zudem sah das Konstrukt aus mit wetterfestem Kanvas überzogenem Leichtmetall nicht sehr Vertrauen erweckend aus, wie Hingis mit leisem Stöhnen feststellte. Auch Sarah musste zugeben, dass ihr der Gedanke, in diesem Käfig Hunderte von Yards über dem Boden zu schweben, nicht gerade angenehm war, aber sie hütete sich davor, es sich anmerken zu lassen. Schon deshalb, weil sie Abramowitsch diesen Triumph nicht gönnen wollte.
    Den Antrieb des Luftschiffs oder aerostats, wie Balakow es nannte, bildete ein neuartiger Motor, dessen Konstruktion und Bauweise wohl ebenso französisch war wie das Fortbewegungsmittel selbst. Denn anders als frühere Luftschiffe, von denen Sarah gehört und gelesen hatte, wurde dieses nicht von Dampf angetrieben, sondern von Elektrizität, die aus dem Speicher wiederaufladbarer Batterien stammte. Zwar führte auch dieses aerostat eine Dampfmaschine mit, die allerdings nur dazu diente, die Akkumulatoren während der nächtlichen Reiseunterbrechungen mittels Bewegungsenergie, die in Elektrizität umgewandelt wurde, neu zu laden. Sarah konnte nicht behaupten, jedes Detail des Vorgangs verstanden zu haben, aber sie begriff, dass es sich als unmöglich erwiesen hatte, Brennstoffe und Wasser, die zum Betreiben eines Dampfantriebs unerlässlich waren, in ausreichender Menge während des Fluges mitzuführen; die Akkumulatoren jedoch hatten dieses Problem gelöst und Abhilfe geschafft.
    Am beeindruckendsten war jedoch der Auftriebskörper des Luftschiffs, dessen halbstarre Konstruktion Balakow und seine Leute am Vorabend des Abflugs errichteten: ein über achtzig Yards langes, geradezu riesenhaft anmutendes Gebilde, dessen länglich runde, sich an den Enden verjüngende Form an einen riesigen Fisch erinnerte. Gefüllt war es, ähnlich wie ein Ballon, mit Heißluft, die über einen oberhalb der Gondel angebrachten Petroleum-Brenner angeheizt wurde. Schon als der Auftriebskörper halb gefüllt war, hob sich die Gondel vom Boden, sodass sie mit Tauen und Ballastsäcken gesichert werden musste. Umhüllt wurde die »fliegende Sprotte«, wie Hingis das Luftschiff abschätzig nannte, von einem Netz, das wiederum mit den Seilen verbunden war, die die Gondel hielten.
    Wie bei einem Segelschiff führten zu beiden Seiten Wanten empor, über die man hinaufklettern konnte, um den Brenner zu bedienen und gegebenenfalls Reparaturarbeiten am Auftriebskörper vorzunehmen. Überhaupt, so sagte Abramowitsch in einem seltenen Moment von Ehrlichkeit, sei dieser die Achillesferse des Luftschiffs; ein großes Leck, durch das die heiße Luft entwich, würde vielleicht zum Absturz, ganz sicher aber zu einer Notlandung führen, und was dies inmitten unwirtlichen und feindlichen Gebiets bedeuten mochte, brauchte nicht eigens gesagt zu werden. Der Russe betonte jedoch stolz, dass einer seiner Landsleute, ein Ingenieur namens Ziolkowski, bereits daran arbeite, einen Auftriebskörper aus Leichtmetall zu bauen, der ungleich weniger anfällig sei.
    Aufgrund der begrenzten Tagesreichweite des Schiffes und

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