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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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seiner limitierten Flughöhe, die abhängig von Klima und Luftdruck höchstens 15 000 Fuß betrug, war eine sorgfältige Planung der Route vonnöten.
    Unter Zuhilfenahme von Kartenmaterial aus dem Archiv der Hafenkommandantur legte Balakow eine Route fest, die die hohen Gipfel mied und stattdessen versuchen würde, durch Überfliegen von Pässen und Bergsätteln auf das Dach der Welt zu gelangen. Je weiter es jedoch nach Osten ging, desto spärlicher wurde das Material, und was das ferne Ziel der Reise betraf, so existierten überhaupt keine verlässlichen Karten, sondern lediglich einige Skizzen, die ganz offenbar aus Geheimdienstquellen stammten und die Abramowitsch eifersüchtig hütete. Sarahs süffisante Bemerkung, die Ochrana hätte die Hilfe des britischen Nachrichtendiensts gut gebrauchen können, konterte er mit dem Hinweis, dass ein Major der russischen Armee - ein gewisser Nikolai Michailowitsch Prschewalski - bereits vor fünfzehn Jahren von Irkutsk aus eine Expedition in die Mongolei unternommen hätte, die ihn schließlich auch nach Tibet führte. Jedoch hätte diese Erkundung dem östlichen Teil des Landes gegolten, wohingegen der Westen noch weitgehend unerforscht sei, auch von den Briten.
    Sarah widersprach nicht; zum einen, weil sie es nicht besser wusste, zum anderen, weil sie sich keine kleinkarierten Gefechte mit dem Russen liefern wollte. Es gab allen Grund, seine Kräfte zu schonen. Bei Tagesanbruch würde die Reise beginnen, die das größte Wagnis darstellte, auf das sich Sarah jemals eingelassen hatte. Eine Reise zu neuen Horizonten - und nicht zuletzt auch in ihre eigene Vergangenheit ...
    Hieronymos hatte sich bereits zur Ruhe begeben, ebenso wie der junge Ufuk, der den Tag über mit Botengängen beschäftigt gewesen und schon beim Nachtmahl fast eingenickt war. Nur Sarah, Hingis und el- Hakim waren noch auf den Beinen, und wie so oft in den letzten Stunden standen sie auf dem Platz, auf dem das Luftschiff verankert war, und blickten daran empor. Abramowitsch, der einmal mehr die Kommandantur aufgesucht hatte, um nach St. Petersburg zu telegraphieren und - so nahm Sarah an - seine letzten Befehle entgegenzunehmen, hatte die Posten verdoppeln und zusätzlich zu den Marineinfanteristen auch noch Igor und seine Kosaken Aufstellung nehmen lassen. Mit blank gezogenen Klingen standen sie um das aerostat versammelt, und ihre eisernen Mienen ließen keinen Zweifel daran, dass sie jeden in Stücke hauen würden, der es wagte, sich unbefugt zu nähern.
    »Und du bist sicher, dass uns dieses Ding tragen wird?«, erkundigte sich Hingis argwöhnisch.
    »Keineswegs«, bekannte Sarah, um, als der Schweizer sie mit einem vorwurfsvollen Seitenblick bedachte, rasch hinzuzufügen: »Aber ich hoffe es wirklich sehr.«
    »Wie tröstend.« Hingis räusperte sich. »Weißt du, werte Freundin, ein wenig erinnert mich das an ein anderes Fortbewegungsmittel, mit dem wir einst gereist sind und das nicht weniger unkonventionell war. Allerdings habe ich keine sehr guten Erinnerungen an diese Reise.«
    Sarah wusste natürlich, worauf er anspielte. Damals, als sie von Marseille nach Alexandrien übergesetzt waren, hatten sie sich eines Unterseebootes bedient, das der ebenso geniale wie spleenige Capitaine Hulot geradewegs unter den britischen Schlachtschiffen hindurchsteuerte, die eine Blockade um Alexandria errichtet hatten. Wenn sie daran zurückdachte, sah Sarah Hingis noch lebhaft vor sich, mit grün verfärbten Zügen und einem bekümmerten Ausdruck im Gesicht ...
    »Habt Vertrauen, meine Kinder«, sprach el-Hakim ihnen Mut zu, was Sarah sogleich für Hingis übersetzte.
    »Ach ja?« Der Schweizer war wenig überzeugt. »Und wieso, wenn ich fragen darf? Offen gestanden, traue ich dieser fragwürdigen Konstruktion nicht weiter, als ich sie werfen könnte.«
    »Wer auf des Schicksals Pfaden wandelt, der hat nichts zu fürchten«, eröffnete der Weise, nachdem Sarah Hingis' Bedenken ins Arabische übertragen hatte.
    »Und das bedeutet, Meister?«, fragte Sarah.
    »Dass all dies geschehen sollte«, meinte der alte Ammon überzeugt. »Dass es vorgezeichnet war im Buch der Geschichte.«
    »Es sollte geschehen? Aber Meister, habt nicht Ihr selbst gesagt, dass es ein Fehler war, sich mit Abramowitsch zu verbünden? Dass ich niemals ...«
    »Ich bin alt, mein Kind«, erklärte el-Hakim, »und ich habe vieles gesehen - dennoch bin auch ich nicht vor einem Irrtum gefeit. Inzwischen weiß ich, dass wir in Wahrheit keine andere

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