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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Fortbewegungsmittels keine allzu großen Zugeständnisse. Neben der Werkzeugkiste, die sich ohnehin an Bord befand, wurden lediglich Decken, ein Kochtopf, emailliertes Geschirr und Besteck sowie zwei gewachste Zeltbahnen mitgenommen, aus denen sich eine behelfsmäßige Behausung errichten ließ. Zu Forschungszwecken wurden Sarah außerdem ein Teleskop, ein Theodolit, zwei Messlatten sowie einige Seile zugestanden; dazu durfte jedes Besatzatzungsmitglied ein paar persönliche Dinge mitnehmen, die allerdings von Abramowitsch und seinen Leuten genau überprüft wurden.
    Obwohl Sarah formal die Leiterin der Expedition war, ließ der Agent der Ochrana keinen Zweifel daran aufkommen, wer in Wirklichkeit die Fäden in der Hand hielt. Dazu gehörte auch, dass sämtliche Waffen, die mitgeführt wurden - im Ganzen zwei Revolver (darunter Sarahs Colt Frontier), vier Berdan II-Gewehre der neusten Bauart sowie zwei Krnka-Schnelllader -, unter Verschluss gehalten wurden und den Angehörigen des russischen Militärs vorbehalten waren. Auf diese Weise sollte wohl verhindert werden, dass es während des Fluges zu einer Meuterei kam und Sarah und ihre Leute sich des Schiffs bemächtigten - ein Gedanke, der geradezu lächerlich war, da weder sie noch einer ihrer Gefährten gewusst hätte, wie sich ein Luftschiff steuern ließ.
    Der Mann, der dies vermochte, hieß Sergej Balakow und war am späten Nachmittag des 28. April in Sewastopol eingetroffen. Balakow war Offizier der russischen Armee und Ballonfahrer: einer jener Wagemutigen, deren Aufgabe es war, sich nicht nur den Launen von Wind und Wetter auszusetzen, sondern auch dem gegnerischen Bleihagel, indem sie sich in einem winzigen Korb über die Linien des Feindes treiben ließen und dessen Stärke auszukundschaften suchten.
    Wenn Sarah erwartet hatte, dass man Balakow die tollkühne Natur seines Berufs ansehen würde, so wurde sie enttäuscht: Der Russe, der noch keine dreißig Jahre alt war und aus der Gegend von Smolensk stammte, war nur von mittlerer Größe und ebenso unscheinbar wie schüchtern. Das Gesicht war blass, die Augen schmal und von grauer Farbe, das blonde Haar dünn und, Balakows Alter zum Trotz, bereits schütter. Er redete nur selten, und wenn, dann meist nur, um dienstliche Anweisungen zu geben. An der Art, wie seine Männer ihm begegneten, konnte Sarah jedoch erkennen, dass sie ihm Respekt und Vertrauen entgegenbrachten, und sie hoffte, dass dieses Vertrauen gerechtfertigt war.
    Das Zusammenstellen der Besatzung, die unter Balakows Obhut die Reise antreten würde, war nur eine Formalität: Die Mannschaft bestand außer dem Kapitän selbst noch aus zwei Mannschaftsdienstgraden, die zusammen mit ihm in Sewastopol eintrafen, dazu kamen Abramowitsch und Igor. Die fünf verbleibenden Plätze durfte Sarah nach Gutdünken besetzen, und wie sich zeigte, wollte keiner ihrer Gefährten zurückstehen. Hieronymos hatte ohnehin angekündigt, Sarah auf ihrer Reise nach Osten begleiten zu wollen, zudem war er der Einzige, der schon einmal in Tibet gewesen war; dass sich auch Ammon el-Hakim der Expedition anschließen würde, hatte Sarah zwar insgeheim gehofft, jedoch hätte sie dem Weisen niemals von sich aus dazu geraten, da kaum abzusehen war, welche Strapazen und Mühen die Reise ihnen abverlangen würde; Ufuk erklärte sich ohne Zögern bereit, seinem Meister auch auf diese gefährliche Mission zu folgen, und schließlich rang sich auch Friedrich Hingis dazu durch. Obwohl der Gedanke, sich vom sicheren Erdboden zu lösen, dem Eidgenossen keineswegs angenehm und er schon im Voraus überzeugt war, dass er keinen rechten Geschmack an der Fliegerei finden würde, ließ er es sich nicht nehmen, nach all den Fährnissen, die sie gemeinsam überstanden hatten, Sarah auch auf dieser letzten Reise zu begleiten, und so war die Mannschaft vollzählig.
    Während Balakow Sarahs Wahl eher besorgt zur Kenntnis nahm, weil er sich fragte, wie ein Koloss vom Schlage Hieronymos' in der Gondel des Luftschiffs untergebracht werden könnte, ohne deren Stabilität zu gefährden (es war überhaupt nur möglich, weil Hingis, Ufuk und el-Hakim das zulässige Höchstgewicht weit unterschritten), hatte Abramowitsch nur ein mitleidiges Kopfschütteln dafür übrig. Sarah war klar, was der Agent dachte - natürlich fragte er sich, wie ein Halbwüchsiger, ein Greis, ein Gelehrter und ein Monstrum ihnen wohl unterwegs von Nutzen sein könnten, und vermutlich rechnete er sich aus, dass, falls es zur

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