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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Pfeile herab, die sich erneut Opfer unter den Mönchen von Tirthapuri suchten. Sarah hörte entsetzte Schreie und gab ihrerseits einige Schüsse ab, als sie ein Stück über sich einen Schatten zwischen den Felsen wahrzunehmen glaubte. Aber die Kugeln prallten wirkungslos am Gestein ab und endeten als heulende Querschläger. Auch Abramowitsch erwiderte den Beschuss - mit demselben Ergebnis. Auch seine Projektile vermochten gegen den unsichtbaren Gegner nichts auszurichten. Dafür ließ sich wiederum das hässliche Sirren von Pfeilen vernehmen, die in die Schlucht stachen und erst im letzten Moment zu sehen waren. Einer der Mönche wurde ins Bein getroffen, die übrigen Geschosse zersplitterten am harten Fels.
    »Was nun?«, rief Abramowitsch herüber. Hätte Sarah nicht gewusst, dass auch der Russe an seinem Leben hing, hätte sie geschworen, in seiner Stimme eine Spur von Schadenfreude auszumachen. »Wie sieht Ihre Strategie aus?«
    Sarah überlegte. An Ort und Stelle bleiben konnten sie nicht, weil die Pfeile ihrer Gegner sie nach und nach dezimieren würden. Rückzug kam ebenfalls nicht in Frage. Natürlich konnten sie einen Durchbruch wagen, aber womöglich lauerten dort zwischen den Felsen noch mehr Bogenschützen, die nur darauf warteten, dass sie ihre Deckung aufgaben.
    Hieronymos schien sich dieselben Fragen gestellt zu haben wie sie, denn plötzlich erhob er sich, streifte seinen Mantel ab und packte das Sichelschwert mit beiden Händen.
    »Was hast du vor?«, wollte sie wissen.
    »Warten Sie hier«, wies er sie an. »Wenn ich in fünf Minuten nicht zurück bin, ziehen Sie sich zurück.«
    »Aber ...«
    »Bitte«, fügte er hinzu, und das so eindringlich, dass es weniger nach einem Ersuchen als nach einem Befehl klang.
    »Verstanden«, bestätigte sie nur, und unter erneutem Pfeilbeschuss huschte der Hüne davon und verschwand zwischen den Felsen.
    »Halt!«, protestierte Abramowitsch. »Wo will er hin?«
    »Uns helfen«, erwiderte Sarah.
    Der Russe stieß eine Verwünschung aus. »Darauf möchte ich wetten ...«
    Hingis gab seine Stellung auf der linken Wegseite auf und huschte zu Sarah, um ihr beizustehen. Der Schnelllader, den er im Anschlag hatte, ließ sich mit etwas Übung auch einhändig bedienen.
    Zusammen mit den Mönchen kauerten sie am Fuß des Felsens und warteten ab. Einmal mehr konnte Sarah Abt Ston-Pa und seine Mitbrüder nur bewundern. Trotz der unmittelbaren Gefahr schienen sie keine Furcht zu empfinden, sondern waren ins Gebet versunken, als könnte allein die Kraft des Glaubens die tödlichen Pfeile von ihnen fernhalten. Auch Sarah schickte leise Stoßgebete zum Himmel, aber sie hielt vorsichtshalber auch die Augen offen. Als eines der gefiederten Geschosse in ihre Richtung zuckte, entging sie ihm um Haaresbreite.
    Mit einem empörten Aufschrei feuerte Hingis in die Richtung, aus der der Pfeil gekommen war. Die Kugel prallte gegen grauen Fels, Granitbrocken lösten sich und rieselten herab.
    Dann kehrte Stille ein, schwer und drückend ...
    »Was ist jetzt?«, zischte Abramowitsch.
    Kein Pfeilsirren war mehr zu vernehmen, nur noch das Stöhnen des Mönchs, der ins Bein getroffen worden war und dem seine Mitbrüder einen Fetzen seines bukoo zwischen die Zähne gestopft hatten, damit er nicht lauthals schrie.
    Endlos scheinende Augenblicke verstrichen.
    Was hatte dieses Schweigen zu bedeuten? Wieso hatte der Beschuss plötzlich ausgesetzt? Und wo war Hieronymos?
    »Sarah?«, flüsterte Hingis.
    »Ja?«
    »Ist dir der Gedanke gekommen, dass wir sterben könnten? Ich meine, hier und jetzt?«
    Sie nickte.
    »War es das wert?« Der Schweizer schaute sie an. Es war kein Vorwurf, nur eine Frage, aber er schien eine Antwort zu erwarten.
    »Ich weiß es nicht«, gestand sie leise - um jäh zusammenzuzucken, als markerschütterndes Gebrüll die Stille zerriss. Gleichzeitig fiel ein dunkler Schatten über die Stelle, wo Sarah und Hingis kauerten.
    Sarah fuhr hoch und sah eine riesenhafte Silhouette, die sich gegen den Himmel abzeichnete. Einzelheiten konnte sie nicht erkennen, nur die Gesichtszüge und das eine Auge darin, dazu das Sichelschwert in der Pranke des Hünen - und noch ehe sie einen klaren Gedanken fassen konnte, riss sie den Colt Frontier beidhändig in die Höhe und feuerte.
    Der Revolver krachte, die Kugel jagte aus dem Lauf und traf den Koloss in die Brust, worauf sein Kriegsschrei abbrach und in ein Keuchen überging. Der Hüne wankte, als wäre er gegen ein unsichtbares Hindernis

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