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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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sie jedoch, dass sich Ludmilla von Czerny seit ihrer letzten Begegnung in einer Beziehung doch verändert hatte. Denn selbst durch den dicken Mantel war deutlich der gewölbte Bauch der Gräfin zu erkennen.
    Sarah war wie vor den Kopf geschlagen.
    Sie konnte nicht glauben, was sie sah.
    Sollte ihrer Erzfeindin vergönnt sein, was ihr selbst versagt geblieben war?
    Alles in ihr empörte sich gegen diese, so schien es ihr, himmelschreiende Ungerechtigkeit, aber sie nahm sich mit aller Kraft zusammen, um es sich nicht anmerken zu lassen. Zumindest diese Genugtuung wollte sie ihrer Rivalin nicht auch noch verschaffen.
    »Guten Tag, Gräfin«, sagte sie so ruhig und beherrscht sie es vermochte. »So sehen wir uns also wieder.«
    »In der Tat.« Czerny nickte. »Offen gestanden, habe ich nicht damit gerechnet. Ich glaubte dich besiegt und geschlagen. Offenbar haben wir noch mehr Gemeinsamkeiten, als mir klar gewesen ist.«
    »Zwischen uns, Gräfin«, zischte Sarah, »gibt es keinerlei Gemeinsamkeit. Unser Blut hat nicht einmal dieselbe Temperatur.«
    »Das will ich gerne glauben, angesichts des milchigen, abgestandenen Etwas, das durch deine Adern fließen muss. Kein Wunder, dass dein Geliebter nur zu gerne bereit war, mir zu folgen.«
    Ihren hämischen Gesichtszügen war anzusehen, dass sie nur zu genau um die Wirkung ihrer Worte wusste. Jedes einzelne davon traf Sarah wie ein Peitschenhieb, und es bedurfte ihrer ganzen Selbstdisziplin, die Kontrolle zu bewahren.
    »Wo ist Kamal?«, fragte sie.
    »Bist du deswegen gekommen?« Die Gräfin seufzte. »Hast du ihn noch immer nicht vergessen? Wie rührend!«
    »Wo ist er?«, wiederholte Sarah, jedes Wort betonend.
    »Nicht hier.« Die Gräfin grinste. »Ich fürchte, du hast den weiten Weg vergeblich gemacht. Bedauerlich, nicht wahr?«
    »Wohin haben Sie ihn gebracht?«, fragte sie, um endlich Gewissheit zu bekommen.
    »Schwester.« Czerny verzog keine Miene, aus ihren Augen allerdings sprach bitterer Hohn. »Du bist nicht in der Position, um Fragen zu stellen, geschweige denn auf Antworten zu bestehen. Es bedarf nur eines knappen Befehls von mir, und deine Kameraden und du werdet von Pfeilen durchbohrt. Die Arimaspen sind mir treu ergeben.«
    »Daran zweifle ich keinen Augenblick«, knurrte Sarah, machte jedoch keine Anstalten, den Revolver sinken zu lassen.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Abramowitsch. »Wer ist diese Person?«
    »Natürlich.« Sarah nickte. »Verzeihen Sie. Ich vergaß, Sie einander vorzustellen. Hauptmann, dies ist Gräfin Ludmilla von Czerny. Sie gehört der Organisation an, von der ich Ihnen berichtet habe. Gräfin, dies ist Hauptmann Viktor Abramowitsch, ein treuer Untertan und Offizier seiner Majestät des Zaren von Russland.«
    »Erstaunlich.« Czerny hob eine Braue. Ihre Überraschung schien sich in engen Grenzen zu halten. »Du bist in der Wahl deiner Verbündeten noch nie sehr anspruchsvoll gewesen, Schwester.«
    »Was hat das zu bedeuten?«, donnerte Abramowitsch. »Weshalb bedrohen Sie uns?«
    »Sehr einfach: Weil Sie widerrechtlich und in feindseliger Absicht in unser Territorium eingedrungen sind, Hauptmann.«
    »Ihr Territorium?« echote Hingis, der sein Gewehr ebenfalls noch im Anschlag hatte. »Verzeihen Sie, wenn ich widerspreche, Gnädigste, aber ich denke nicht, dass der Kailash irgendjemandem gehört.«
    »Er gehört der Bruderschaft des Einen Auges«, schnarrte die Gräfin.
    »Seit wann?«
    »Seit Anbeginn der Zeit, Doktor, was Sie zweifellos wüssten, wenn Sie die richtigen Schlussfolgerungen gezogen hätten. Aber Sie waren ja schon immer ein wenig zaudernd, wenn es darum ging, nicht wahr?« Sie schien der Unterhaltung überdrüssig zu werden, denn mit einem verächtlichen Schnauben wandte sie sich dem Anführer der Zyklopen zu. »Gib ihnen fünf Sekunden, Tigranes. Wenn sie sich bis dahin nicht freiwillig ergeben haben, erschießt sie - und zwar alle.«
    Der Einäugige, der eine der schweren jingals trug, nickte wortlos - und Sarah wusste, dass die Zeit gegen sie lief.
    Fünf Sekunden ...
    Natürlich, sie konnten sich zur Wehr setzen und womöglich drei oder vier der Kerle ins Verderben reißen, ehe es sie selbst erwischte.
    Drei Sekunden.
    Vielleicht würde es Sarah sogar gelingen, ihrer Erzfeindin eine Kugel beizubringen und sie für ihre Untaten büßen zu lassen. Damit jedoch würde jede Aussicht, die Pläne der Bruderschaft zu durchkreuzen, erlöschen, und sie würde Kamal niemals wiedersehen.
    Noch eine Sekunde.
    Sarah

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