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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Ihnen erzählt«, sagte sie tonlos, mit fast versagender Stimme.
    »C'est vrai?« Der Franzose hob die Brauen. »Ich dachte immer, er hätte mich verleugnet.«
    »Er sagte mir, dass alles, was ihm sein Vater hinterlassen hätte, sein Name gewesen wäre. Sie hätten seiner Mutter den Kopf verdreht und sie später sitzen lassen.«
    »Alte Geschichten.« In einer Unschuldsgeste breitete du Gard die Arme aus. »Sie war eine Seherin, und ich bedurfte ihrer Dienste.«
    »Gehörte dazu auch, sie zu schwängern?«, erkundigte sich Sarah direkt und wenig damenhaft.
    »Sie wissen nichts, Lady Kincaid. Gar nichts.«
    »Genug, um zu verstehen, dass Sie nicht hier sein dürften«, konterte sie. »Was haben Sie an diesem Ort zu suchen, du Gard?«
    »Das wissen Sie doch ganz genau.« Der Weißhaarige lächelte. »Ich bin das Oberhaupt jener Organisation, die Sie ebenso eifrig wie erfolglos zu bekämpfen suchten.«
    »Aber - wie ist das möglich?« Sarah schüttelte den Kopf. »Welches teuflische Spiel haben Sie die ganze Zeit mit uns getrieben? Mit meinem Vater, mit mir und nicht zuletzt mit Ihrem eigenen Sohn?«
    »Ich hatte nie einen Sohn«, berichtigte du Gard kalt. »Ein Sohn stellt sich nicht gegen seinen Vater.«
    »Aber Maurice wusste doch nicht, dass ...«
    »Non?«, fiel du Gard ihr spitz ins Wort.
    In diesem Moment wurde ihr klar, wie naiv sie gewesen war. Sie erinnerte sich an die Schreckensvisionen, die Maurice gehabt hatte und deren Inhalt er ihr nie hatte erzählen wollen. Nun endlich kannte sie den Grund dafür. Natürlich hatte er gewusst, wer ihr geheimnisvoller Gegenspieler war, oder es zumindest geahnt. Aber er hatte es vorgezogen, ihr nichts von seinem Verdacht zu sagen, ob aus Vorsicht oder aus Scham.
    »Maurice war verrückt, Lady Kincaid«, sagte du Gard, ohne mit der Wimper zu zucken. »Er hatte den Verstand verloren, ebenso wie seine treulose Mutter.«
    »Die Frage ist doch, wer hier treulos gewesen ist«, konterte Sarah. Zwar hatte sie ihre Überraschung noch nicht verwunden, jedoch schlug das Gefühl mehr und mehr in blanke Wut um. »Soweit ich weiß, haben Sie Frau und Kind verlassen, weil Sie eine politische Karriere in Washington angestrebt haben und eine kreolische Mätresse hierfür nicht förderlich gewesen ist.«
    »Es waren die Jahre nach dem Bürgerkrieg«, erklärte du Gard, der sich keiner Schuld bewusst zu sein schien. »Die Vereinigten Staaten waren ein aufblühendes Land, das bereit war, jedem, der es wollte, eine faire Chance zu bieten.«
    »Jedem«, konterte Sarah, »nur nicht Ihrer Frau und Ihrem Sohn, denn die wurden von Ihnen feige im Stich gelassen!«
    Du Gard schien nicht gewillt, sich provozieren zu lassen. Im Gegenteil, er schien sich köstlich darüber zu amüsieren. »Allmählich begreife ich, weshalb Sie ihm so nahestanden, Lady Kincaid«, meinte er. »Derselbe Mangel an Voraussicht, derselbe lächerliche Hang zur Moralisierung. Ist Ihnen nie der Gedanke gekommen, dass es Dinge geben könnte, die solche Opfer wert sind?«
    »Nein«, erwiderte Sarah ohne Zögern, »denn nach meiner Erfahrung gibt es nichts, das sich gegen Liebe aufwiegen lässt.«
    »Dann gehen Ihre Erfahrungen noch nicht weit genug, oder Sie sind wie Gardiner Kincaid nicht in der Lage, die Wahrheit zu ertragen. Auch das wäre möglich.«
    Die Erwähnung ihres Ziehvaters ließ Sarah abermals innerlich zusammenzucken. Er und du Gards Vater hatten sich gekannt! War das der Grund dafür gewesen, dass Gardiner damals in Paris Maurices Nähe gesucht und ihm den Codicubus anvertraut hatte?
    Nach und nach erschlossen sich Sarah die Zusammenhänge, und wie von selbst fügten sich auch noch die restlichen Teile des Puzzles zusammen.
    »Sie sind das gewesen«, flüsterte sie.
    »Wovon sprechen Sie?«
    »Sie sind der Sohn des Gardeoffiziers, dem Bonaparte auf dem Sterbebett den Codicubus übergab ...«
    »Oui, c'est vrai. Mein Vater diente in der Grande Armee und war ein persönlicher Vertrauter des Kaisers. Er begleitete ihn nach Russland ebenso wie in die schmachvolle Gefangenschaft, kämpfte bei Waterloo an seiner Seite und folgte ihm ins Exil nach Korsika. Und er wurde für seine Treue reich belohnt. Auch wenn es ihm Zeit seines Lebens versagt blieb, zu erfahren, welches Geheimnis der Codicubus enthielt.«
    »Aber Sie haben es in Erfahrung gebracht, nicht wahr?«
    »Allerdings. Es hat mich fast mein ganzes Leben und das gesamte Erbe meiner Familie gekostet, aber schließlich habe ich es herausgefunden. Und seit ich es

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