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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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wusste später nicht mehr, ob Hingis und sie die Waffen gleichzeitig sinken ließen oder ob ihr der Schweizer einen Sekundenbruchteil voraus gewesen war. Jedenfalls schien auch er für sich zu dem Entschluss gekommen zu sein, dass ein sinnloser Opfertod niemandem nutzte - anders als Abramowitsch, der als Soldat zum Kampf entschlossen schien und sein Gewehr als Letzter senkte.
    »Gut so«, lobte die Gräfin, die nichts anderes erwartet zu haben schien. Sofort waren zwei der Hünen zur Stelle, um ihnen die Waffen abzunehmen und ihnen Handfesseln anzulegen. Hingis wurden kurzerhand die Unterarme im Rücken verschnürt.
    »Schau an«, meinte der Schweizer. »Sie scheinen uns wirklich zu fürchten, wenn Sie sogar einen verkrüppelten Gelehrten binden müssen, Verehrteste.«
    »Durchaus nicht«, wehrte die Gräfin ab, »aber der Großmeister ist nun einmal kein Freund von ungeliebten Überraschungen.«
    »Der Großmeister?«, fragte Sarah.
    »Das Oberhaupt unserer Organisation.«
    »Er - ist hier?«
    »Allerdings.«
    »Dann bringen Sie mich zu ihm«, verlangte Sarah. Sie konnte es kaum erwarten, endlich dem Mann ins Gesicht zu sehen, der hinter all diesen Intrigen und Heimlichkeiten steckte. Sollte die Bruderschaft des Einen Auges nach so langer Zeit endlich einen Namen, ein Gesicht bekommen?
    »Das werde ich«, versicherte die Czerny, »aber nicht, weil du danach verlangst, sondern weil er es so wollte. Wir wissen von eurer Anwesenheit, seit ihr das Labyrinth durchschritten habt. Deine Manöver sind so durchschaubar wie eh und je, Schwester. Wir brauchten nur auf euch zu warten. Es war genauso einfach wie alles andere.«
    Sarah biss sich auf die Lippen. Sie verbot sich, die Gräfin zu fragen, was sie damit meinte, wollte ihr nicht noch mehr Gelegenheit geben, ihre giftgetränkten Pfeile abzuschießen, von denen sie jeder bis ins Mark traf. Stattdessen schwieg sie, was Czerny als kleinen Sieg interpretierte und ihr ein leises Kichern entlockte.
    Auf ihren Befehl hin gesellten sich noch mehr Ordensschergen hinzu. Diesmal waren es jene schwarz gewandeten Kämpfer, denen Sarah schon früher begegnet war und die ihre Turbane so um die Köpfe geschlungen zu tragen pflegten, dass nur die Augenpartie frei blieb. Keine Zyklopen, sondern normale Menschen, aber nicht weniger mordlüstern und gefährlich.
    »Bringt sie nach oben«, ordnete Czerny an und setzte sich selbst an die Spitze des Zuges, der sich schwerfällig in Bewegung setzte.
    Der Halle schloss sich ein weiteres Gewölbe an, das ebenfalls von Fackeln beleuchtet wurde; von dort wand sich eine steinerne Treppe empor, die sich, einer riesigen Schraube gleich, in den Fels bohrte. Vorbei an Arimaspen und vermummten Kämpfern, die die Anlage bewachten, ging es immer weiter hinauf.
    Die Treppe mündete in einen gewaltigen Kuppelsaal, dessen Grundform elliptisch war und an der breitesten Stelle rund einhundert Yards durchmessen mochte. Die Wände wurden rings von Kerzen gesäumt, die allesamt entzündet waren und deren Schein die Halle beleuchtete. Die Decke überzog ein riesiges Mosaik geometrischer Formen. Wie zuvor im Stollengang gab es auch hier ovale Öffnungen, »Augen« im Fels, die bis an die Oberfläche zu reichen schienen. Dass keine Helligkeit hereindrang, ließ vermuten, dass draußen inzwischen die Nacht hereingebrochen war. Der Fackelschein, der statt des Tageslichts die Kuppel erhellte, beleuchtete unzählige hölzerne Transportkisten, die auf- und nebeneinander gestapelt waren. Offensichtlich, dachte Sarah, hatten sich die Schergen der Bruderschaft für einen längeren Aufenthalt eingerichtet.
    Was ihre Aufmerksamkeit jedoch am meisten fesselte, war weder die schiere Größe der Halle, deren alleinige Existenz schon an ein technisches Wunder grenzte, noch deren Ornamente. Vielmehr war es die eigentümliche Skulptur, die am anderen Ende der Halle aufragte, exakt über dem zweiten Mittelpunkt der Ellipse. Denn das fremdartige Gebilde, das aus mehreren Teilen bestand und an die drei Yards hoch war, schwebte über dem Boden!
    »Sarah«, ächzte Hingis.
    »Ich sehe es«, raunte sie ihm zu. »Ein magnetisches Feld ...«
    Im Lauf ihrer Nachforschungen war sie immer wieder auf Hinweise darauf gestoßen, dass es der Bruderschaft gelungen war, sich die dem Magnetismus innewohnenden Kräfte nutzbar zu machen.
    Ein erster, früher Anhaltspunkt war der Tempel der Arsinoë im alten Alexandria gewesen, in dem der Überlieferung nach eine Statue frei im Raum geschwebt hatte; ein

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