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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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sich der Berg Meru befindet.«
    »Aber die alten Schriften ...«
    »Die alten Schriften berichten von vielen heiligen Bergen, und die Landstriche zwischen Curu {11} und Bharata {12} sind wüst und weit. Willst du all diese Gipfel besteigen, um nach deinem Kamal zu suchen?«
    »Wenn es sein muss«, beharrte Sarah.
    »Der Trotz eines Kindes spricht aus dir, nicht die Weisheit des Alters«, konterte Ammon. »Der Weise erkennt eine Niederlage und nimmt sie als gegeben hin. Nur der Narr versucht, Dinge zu ändern, die nicht zu ändern sind.«
    »Ich soll aufgeben?«, fragte Sarah mit bebender Stimme. »Ist es das, wozu Ihr mir ratet, Meister?«
    »Nicht aus Überzeugung, sondern aus Notwendigkeit. Furcht umgibt mich wie dunkle Nacht, und mein Herz ist finster vor Sorge über das, was über die Menschheit hereinbrechen könnte. Aber ohne eine Spur, ohne den geringsten Hinweis steht es nicht in meiner Macht, daran etwas zu ändern.«
    »Aber wir haben eine Spur«, widersprach Sarah. »Das Pergament aus dem Codicubus! Polyphemos sagte, der Inhalt würde meine Fragen beantworten - aber bislang hat er nur neue Fragen aufgeworfen!«
    »Ist das Pergament alles, was in dem Würfel war?«, fragte Ammon. »Sonst befand sich nichts darin?«
    »Nein.« Sarah schüttelte den Kopf. Die Hoffnung, die in ihr aufgekeimt war, begann sich erneut in Enttäuschung zu verwandeln.
    »Du willst eine Spur?«, fragte Ammon unvermittelt.
    »Ja«, sagte Sarah. Tränen der Resignation glänzten in ihren Augen.
    »Wer etwas bekommen will, muss bereit sein, etwas dafür zu geben«, gab der Alte bekannt und hob einen Arm, um vage in die Richtung zu deuten, in der das Herdfeuer brannte. »Wirf das Pergament ins Feuer, Sarah.«
    »Was?«, fragte sie.
    »Du hast mich gehört.«
    »Aber ich ... ich ...«
    »Hängt dein Herz so sehr daran?«, fragte el-Hakim. »Hast du dich tief in deinem Inneren schon damit abgefunden, Kamal niemals wiederzusehen, dass du das Pergament als Erinnerung behalten willst?«
    »Nein«, erklärte Sarah.
    »Dann gib es ins Feuer«, entschied der Weise.
    Abermals zögerte sie. Die Wissenschaftlerin in ihr sträubte sich mit aller Macht dagegen, der Aufforderung des Alten nachzukommen. Aber war sie nicht deshalb hier, weil die Archäologie sie nicht mehr weitergebracht, weil die kühle ratio schon vor langer Zeit an ihre Grenzen gestoßen war?
    Sarah erhob sich von ihrem Kissen, das Pergament in der Hand, und ging damit - zu Friedrich Hingis' sichtlicher Verblüffung - zu der gemauerten Feuerstelle, wo Ufuk dabei war, eine einfache Abendmahlzeit aus Kichererbsen zuzubereiten. Respektvoll trat der Junge zurück und nahm den Topf vom Feuer.
    »Was tust du da?«, wollte Hingis wissen.
    »Wozu der Weise mir geraten hat«, entgegnete Sarah nur - und indem sie ihre inneren Widerstände überwand, warf sie das Pergament ins Feuer, wissend, dass sie sich damit von der letzten Verbindung trennte, die sie noch zu Kamal gehabt hatte.
    Gierig leckten die Flammen an der Zeichnung, die Ränder des Pergaments schwärzten sich.
    »Und?«, erkundigte sich Ammon. »Kannst du etwas erkennen?«
    »Etwas erkennen?«, fragte Sarah, die mit den Tränen rang. »Was meint Ihr, Meister?«
    »Wer etwas bekommen will, muss bereit sein, etwas dafür zu geben«, wiederholte der Alte. »Das Feuer bringt ans Licht, was bislang verborgen war ...«
    »Was bislang verborgen war?« Sarah hob die Brauen. »Was meint Ihr damit? Ich kann nicht ...« Sie verstummte, als sie sah, wie sich das Pergament plötzlich veränderte!
    Im selben Maß, wie sich die Tierhaut dunkel verfärbte und die Zeichnung verblasste, traten Schriftzeichen hervor! Offenbar eine biochemische Reaktion auf die Hitze des Feuers, die Buchstaben in griechischer Sprache zum Vorschein brachte.
    »D-da ist etwas«, konstatierte Sarah verblüfft.
    »Worauf wartest du? Hol es aus dem Feuer!«
    Sarah überwand ihre Überraschung, griff nach dem Schürhaken und fischte das Pergament aus den Flammen. Es war arg in Mitleidenschaft gezogen; das Material war brüchig, die Ränder rußgeschwärzt. Aber die Buchstaben waren deutlich zu erkennen, und es waren nicht nur ein paar einzelne Worte.
    »D-das ist unglaublich«, stammelte Sarah, während sie das Pergament betrachtete. »Ein Text in altgriechischer Sprache!«
    »Wie lautet er?«, verlangte der Weise zu wissen, und Sarah begann zu lesen. Da sie sich im Zuge ihrer letzten Expedition eingehend mit altgriechischen Texten befasst hatte, gingen ihr die Worte

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