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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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sich seine Warnung auf Mortimer Laydon bezogen, der sich als ebenso verschlagener wie brutaler Gegner erwiesen hatte. Sie würden auf der Hut sein müssen!
    »Ich danke Euch für alles, was Ihr für uns getan habt«, fügte Sarah hinzu und verbeugte sich tief, und Hingis tat es ihr gleich. Obschon Ammon sie nicht sehen konnte, schien es in Anbetracht seines Alters, seiner Weisheit und seiner Großzügigkeit die angemessene Geste zu sein.
    »Ihr wollt schon gehen?«, fragte el-Hakim verblüfft.
    »Das sollten wir«, bejahte Sarah. »Ihr habt schon mehr als genug für uns getan. Mit jedem Augenblick, den wir länger bei Euch bleiben, bringen wir Euch nur noch mehr in Gefahr.«
    »Ich denke nicht«, räumte der Alte gelassen ein. »Wenn zutrifft, was wir vermuten, so hat das Eine Auge seinen Blick auf einen anderen Ort gerichtet, und wir sind hier ungestört. Abgesehen davon mögen meine Augen mich zwar im Stich gelassen haben, aber meine Nase arbeitet noch sehr zuverlässig. Und sie sagt mir, dass Ufuk ein Nachtmahl für uns zubereitet hat.«
    »Aber ...«, wollte Sarah einwenden - der Weise ließ sie jedoch gar nicht erst ausreden.
    »Es ist schon spät«, brachte er in Erinnerung, »das akam {13} ist längst gesprochen. Keine Bibliothek wird dir heute noch ihre Pforten öffnen. Also beleidige nicht einen alten Mann, indem du seine Einladung zum Essen ausschlägst.«
    »Natürlich nicht«, entgegnete Sarah und verbeugte sich abermals. »Verzeiht, Meister. Es lag nicht in meiner Absicht, Euch zu beleidigen. Es ist nur ...«
    »Ich weiß, mein Kind«, versicherte er, und aus dem milden Lächeln, das über seine von Sonne und Wüstensand ledrig gewordenen Züge huschte, sprach die ganze Gelassenheit seines greisen Alters. »Geduld ist die höchste aller Tugenden, Sarah Kincaid. Vergiss das niemals.«
    »Ja, Meister«, erwiderte Sarah nur.
    Es stimmte - hätte sie in der Vergangenheit ihrem Tatendrang widerstanden und mehr Geduld bewiesen, hätte sie manchen Fehler vermeiden können. Vielleicht, sagte sie sich, würde Gardiner Kincaid dann sogar noch am Leben sein, und mit Maurice du Gard hätte es nicht jenes scheußliche Ende genommen, das ihm an Bord der ›Egypt Star‹ widerfahren war. Und vielleicht wäre auch Kamal dann noch bei ihr ...
    Sie musste an Ammons Worte denken, dass ihre Gegner ihr um viele Monate voraus wären und ihr Ziel womöglich längst erreicht hätten. Hatte es da überhaupt noch einen Sinn, nach Kamal zu suchen? Was, so fragte sie sich, war ihrem Geliebten inzwischen widerfahren?
    Aber obwohl Sarah keine dieser Fragen beantworten konnte, mehr noch, obschon sie sich fürchtete vor dem, was die Zukunft an neuen Enthüllungen bereithalten mochte, wollte und konnte sie die Hoffnung nicht aufgeben. Ihre Liebe war stärker als ihre Verzweiflung, und ihr anfangs noch so schwacher Glaube daran, dass es eine höhere, ordnende Kraft gab, die jene des bloßen Verstandes überwog, war durch die jüngsten Ereignisse noch gewachsen.
    Und wie ein Mantra aus längst vergangener Zeit kehrten jene Worte in ihr Bewusstsein zurück, die die Kraft des Feuers dem alten Pergament entlockt hatte:
     
    Denn über den Bergen, den hohen,
    die nur des Vogels Flug übersteigt,
    leben die Krieger, die Arimaspen,
    die das Geheimnis hüten.

4
     
    U NBEKANNTER O RT
    Z UR SELBEN Z EIT
     
    Die Luft war kalt und roch nach Schnee.
    Ein aschgrauer Himmel spannte sich über dem weiten Tal, das auf beiden Seiten von steilen Hängen begrenzt wurde. Darüber erhoben sich mächtige Berge, deren hohe Gipfel in Wolken gehüllt waren. Der Jahreszeit entsprechend, war das Tal von Schnee bedeckt; nur an manchen Stellen waren Ockertöne und erdiges Braun zu sehen, die den baldigen Frühling erahnen ließen; nach Bäumen und Blumen suchte man jedoch vergeblich. Das Land war karg. Hier und dort waren Felsen unter dem Schnee zu erkennen, ansonsten war der Boden glatt, als hätte die eisige Luft, die beständig darüber strich, schon vor langer Zeit alle Pflanzen vertrieben. Der Wind ließ die bunten Fahnen flattern, die jemand aufgehängt hatte, um den Berggottheiten zu huldigen, und obwohl es Vögel gab, die kreischend über den Steilhängen aufstiegen und die Fallwinde nutzten, um auf die Jagd nach Beute zu gehen, wirkte das Land wie ausgestorben.
    So, stellte Kamal sich vor, musste es am Anbeginn der Welt auf Erden ausgesehen haben, als nichts existierte außer dem göttlichen Schöpfergeist, der aus der Leblosigkeit Leben erschuf. Doch

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