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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Uniformen, die sie nur unzureichend vor der Kälte des Novembers schützten, waren über und über mit Dreck besudelt. Der Vorteil war, dass sie auf diese Weise weniger leicht zu entdecken waren.
    »Bericht«, verlangte der Sergeant wortkarg, nachdem sie in die Stellung gerobbt waren, die nach Nordwesten mit Holzbrettern und Sandsäcken verstärkt war.
    »Die Jungs auf dem anderen Posten haben auch nichts gesehen«, erstattete Pitt Bericht.
    »Kunststück«, knurrte Webber, ein grobschlächtiger Kerl, der aus East Anglia stammte und dem man den Suffolk-Akzent deutlich anhörte. »Bei dieser Suppe würden wir die Russen sowieso erst zu sehen kriegen, wenn sie direkt vor uns stünden.«
    Der Sergeant rieb sich das bärtige Kinn. Webber hatte recht. Der dichte Nebel machte es unmöglich, weiter als fünfzig Yards zu sehen. Aber man konnte hören, dass auf der anderen Seite der Befestigung etwas vor sich ging ...
    »Da war es wieder«, flüsterte er.
    »Ich hab es auch gehört«, stimmte Falsworth zu. Seiner hohen, fast weiblichen Stimme wegen pflegte Shaw ihn »Falsetto« zu nennen und machte ihn zum Gespött der Kompanie, wann immer es ihm möglich war.
    »Pferde«, stellte Pitt fest. »Das war eindeutig ein Schnauben.«
    »Und wieso hört man dann keinen Huftritt?«, fragte Webber.
    »Weil sie die Hufe mit Decken umwickeln, um die Geräusche zu dämpfen«, erklärte der Sergeant. »Dort drüben geht etwas vor sich.«
    »Bei diesem verdammten Nebel lässt sich das unmöglich sagen. Das Geräusch könnte von sonst wo gekommen sein.«
    »Es kam von dort drüben, aus Richtung des Shell Hill«, meinte der Sergeant überzeugt. »Wir müssen herausfinden, was dort vor sich geht.«
    »Wozu?«, fragte Webber lustlos. »Damit Shaw vor Pennefather wieder den Helden spielen kann?«
    »Nein, du Idiot - damit wir nicht von den Russen überrannt und massakriert werden, noch bevor wir es merken. Es gibt einen Grund dafür, dass sie uns jede Nacht auf Posten schicken. Wie es heißt, planen die Russen einen Angriff.«
    »Scheiße«, sagte Webber herzhaft. »Und wo bleiben die Türken? Immerhin ist das ihr Krieg, oder nicht?«
    »Statt dir über solche Dinge den Kopf zu zerbrechen, solltest du lieber versuchen, am Leben zu bleiben«, riet der Sergeant ihm. »Das gilt auch für euch beide«, wandte er sich an die beiden anderen. »Haltet den Mund geschlossen und die Köpfe unten, verstanden?«
    »Ja, Sergeant.«
    »Na schön.« Er nickte grimmig. »Falsworth, du bleibst hier und hältst die Stellung. Falls du Schusslärm hörst oder wir innerhalb von fünfzehn Minuten nicht zurück sind, schlägst du Alarm.«
    »Verstanden.«
    »Warum er?«, beschwerte sich Webber. »Warum müssen wir raus, während Falsetto seinen Arsch in der Stellung wärmen darf?«
    Der Sergeant schickte ihm einen vernichtenden Blick. »Weil ich es sage, Webber. Und wenn du ihn noch einmal so nennst, dann wird es dein Hintern sein, der angewärmt wird, und zwar so lange, bis dir der Dampf zu den Ohren rauskommt. Geht das in deinen Schädel?«
    »G-geht klar.«
    Damit war die Sache erledigt. Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte der Sergeant seinen Untergebenen zu erklären versucht, warum er dieses oder jenes tat oder sich so und nicht anders entschieden hatte. Inzwischen jedoch hatte er festgestellt, dass dies nicht nötig war. Diese Jungs, die aus ganz England kamen und meist nicht aus gebildeten Schichten, wollten keine Erklärungen, sondern jemanden, der ihnen deutliche Anweisungen erteilte und an den sie sich halten konnten, wenn links und rechts die Granaten einschlugen und die Luft erfüllt war von feindlichem Blei. Im Kampf um Balaklawa hatte der Sergeant nicht einen einzigen Mann aus seiner Gruppe verloren - das genügte, um ihm bei seinen Leuten Anerkennung zu verschaffen.
    Mit einem warnenden Blick bedeutete er Falsworth, auf der Hut zu sein, dann kroch er seinen Leuten voran aus der Stellung. Das 55. Westmorland Regiment, zu dem auch Shaws Kompanie gehörte, war Teil der zweiten Division, die eigentlich unter dem Kommando von General De Lacy Evans stand. Da Evans vor einigen Tagen einen Reitunfall gehabt hatte, war das Kommando jedoch auf seinen Stellvertreter Pennefather übertragen worden, was wiederum Shaw Gelegenheit gab, bei jeder sich bietenden Gelegenheit um die Gunst seines Schwiegervaters in spe zu buhlen. Während andere Kompanieführer alles taten, um ihre Leute nicht den Fährnissen von Wind und Wetter auszusetzen und so ihre Kampfkraft zu

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