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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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glitt seinen nackten Rücken hinauf, streichelte seinen Hals und sein Kinn.
    »Was ist mit dir, Geliebter?«, flüsterte eine Stimme in sein Ohr, die ihm fremd und vertraut zugleich erschien. »Ich habe dich schreien gehört. Hast du wieder schlecht geträumt?«
    Er nickte.
    »War es wieder derselbe Traum?«
    »Ja und nein.« Er drehte den Kopf, sodass er sie sehen konnte. Sie hatte sich halb aufgerichtet und die Felldecke abgeworfen. Ihre bleiche Gestalt war im Halbdunkel nur zu erahnen. »Ich habe geträumt, dass ... dass ...«
    »Scheue dich nicht, es offen auszusprechen«, ermunterte sie ihn. »Ich werde dir helfen, so gut ich kann.«
    »Das weiß ich«, versicherte er. »Es ist nur, in diesem Traum ...«
    »Ja?«
    »... ging es um dich«, gestand er zögernd.
    »Um mich?« Er glaubte, sie in der Schwärze lächeln zu sehen. »Wie überaus schmeichelhaft.«
    »Kaum.« Er schüttelte den Kopf. »Du warst in Gefahr. In großer Gefahr ...«
    »In Gefahr? Ich?« Sie lachte ausgelassen. »Was bringt dich auf diesen Gedanken?«
    »Ich weiß es nicht. Es war nur eine Empfindung, aber sie war so überwältigend, dass sie mich aus dem Schlaf gerissen hat. Für einen Augenblick ...«
    »Was war für einen Augenblick?«, verlangte sie zu wissen. »Sprich weiter!«
    »... hatte ich das Gefühl, dass du nicht hier wärst, sondern an einem weit entfernten Ort«, eröffnete er ihr widerstrebend. Er wollte sie keinesfalls verletzen mit dem, was er sagte.
    »Aber ich bin hier«, widersprach sie. »Hier an deiner Seite, wo mein Platz ist.«
    Kamal nickte wissend, doch seine Gedanken waren noch in der Traumwelt gefangen. »Für einen Augenblick schien sich alles zu klären«, berichtete er. »Ich hatte das Gefühl, dass sich die Schleier heben und ich endlich erfahren würde, was geschehen ist. Aber alles, was ich fühlte, war Furcht.«
    »Furcht«, echote sie.
    »Schreckliche Sorge«, führte er aus, »aber nicht um mich, sondern um dich, Sarah, um dein Wohlergehen. Ich glaubte dich von Verrätern umgeben, von dunklen Schatten, die dich aus dem Licht und in die Dunkelheit reißen wollen.«
    »Hörst du dir selbst zu, Geliebter?«, flüsterte sie und kicherte. »Das ergibt keinen Sinn.«
    »Nicht für meinen Verstand«, gab er zu. »Mein Herz jedoch scheint es zu begreifen, auch wenn ich es selbst nicht verstehe.«
    »Jetzt ängstigst du mich, Geliebter«, sagte sie und befühlte seine Stirn. »Das Fieber wird doch nicht zurückgekehrt sein?«
    »Nein«, beschwichtigte er. »Mein Geist ist klar wie lange nicht mehr, obwohl ich von Rätseln umgeben bin. Warum zum Beispiel bin ich hier? Warum hast du mich an diesen entlegenen Ort gebracht?«
    »Aber das weißt du doch«, erwiderte sie. »Weil die Ärzte der Ansicht waren, dass es am besten für dich wäre, dein zurückgewonnenes Leben in völliger Einsamkeit zu beginnen. Sie befürchteten, du könntest den Verstand verlieren, wenn alles gleichzeitig über dich hereinbricht. Nur deshalb habe ich dich hierher gebracht: um dein Gedächtnis allmählich wieder aufzufüllen und dir zurückzugeben, was verloren ging. Ich dachte, ich hätte dir das ausführlich erklärt.«
    »Das hast du«, versicherte er. »Aber ...«
    »Aber was? Misstraust du mir etwa?«
    Die Frage kam so direkt und unvermittelt, dass er darüber erschrak. Noch mehr jedoch entsetzte ihn, dass er zu einer spontanen Verneinung nicht fähig war. War dies der wahre Grund für sein Unbehagen? Hegte er insgeheim Argwohn gegen die Frau, die er liebte? Nachdem sie so viel für ihn getan, ihn den Klauen des Fiebers entrissen hatte?
    Ihm graute vor sich selbst, während er sein Gewissen nach einer Antwort durchforschte. Nein, bekannte er schließlich zu seiner eigenen Erleichterung. Er zweifelte nicht an Sarah, sondern an sich selbst, an der leeren Hülle, als die er erwacht war. Und er fürchtete sich vor dem, was diese Leere einst gefüllt haben mochte ...
    »Nein, Geliebte«, antwortete er nach einer endlos scheinenden Weile. »Ich misstraue dir nicht. Aber ich habe Angst vor dem, was ich gewesen sein könnte.«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich fühle, dass da etwas ist«, versuchte Kamal seinen Empfindungen Ausdruck zu verleihen. »Etwas, das mit meiner Vergangenheit zu tun hat und von dem auch du nichts weißt. Etwas Gefährliches, und ich habe Angst, dass es auch dich bedrohen könnte.«
    »Aber das tut es nicht«, beschwichtigte sie ihn und küsste ihn sanft auf die Schulter. »Du brauchst dich nicht zu fürchten, Geliebter.

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