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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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mit ihr zu unterhalten.«
    »Zweifellos«, bekräftigte Hingis.
    »Nun gut.« Abramowitsch erhob sich, nahm die Zigarre aus dem Mund und reichte dem Schweizer die Hand. »Es ist also abgemacht. Sie beide sind meine Gäste an Bord der ›Strela‹ - und natürlich auch sämtliche Diener, Träger oder anderes Personal, das sie mitzunehmen gedenken.«
    »Das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen.« Hingis stand ebenfalls auf und reichte ihm die Hand. »Ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen danken soll.«
    »Widmen Sie mir Ihre nächste Arbeit«, forderte Abramowitsch ihn lachend auf, und sie besiegelten die Abmachung. »Nun entschuldigen Sie mich bitte, Doktor - ich habe noch einige dringende Geschäfte zu tätigen. Herr Ibrahim Koskow, der Vorsteher meines hiesigen Handelskontors, wird sich um Ihre weiteren Belange kümmern.«
    »Ich danke Ihnen«, sagte Hingis noch einmal und verbeugte sich.
    »Nicht doch, mein lieber Doktor - ich habe zu danken. Und ich freue mich bereits auf die fachlichen Dispute, die wir während der Reise miteinander führen werden.«
    »Ich stehe zu Ihrer Verfügung«, versicherte der Gelehrte geschmeichelt, dann wandte er sich zum Gehen. Viktor Abramowitsch blickte ihm nach, bis er das Kaminzimmer verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann setzte er sich wieder hin und rauchte in Ruhe die Zigarre zu Ende. Friedrich Hingis hatte seine im Aschenbecher zurückgelassen. Vermutlich war ihm der afghanische Tabak zu stark gewesen.
    Abramowitsch grinste, während er selbst die Zigarre bis zum letzten Zug genoss. Er war fraglos auf der richtigen Spur.
    »Igor«, sagte er dann.
    Aus dem Schatten der Kaminnische trat ein wahrer Muskelberg. Der Schädel war kahl rasiert, Oberlippe und Kinn wurden von einem dichten Bart umwuchert. Dank seiner schwarzen Kleidung war der Mann im Halbdunkel, das jenseits des Kaminfeuers herrschte und in dem er reglos gestanden hatte, nicht zu sehen gewesen.
    »Ja, Herr?«, fragte er in einem schneidigen Tonfall, der ihn als ehemaligen Kosaken entlarvte. »Hast du alles mitgehört?« »Ja, Herr.«
    Ein mitleidiges Lächeln spielte um Abramowitschs Züge. »Dieser Einfaltspinsel glaubt tatsächlich, es ginge um ihn.«
    »Ja, Herr.«
    »Hör gut zu, Igor«, wandte sich Abramowitsch an seinen Gehilfen und Leibwächter: »Ich will, dass du ein Telegramm mit folgendem Wortlaut aufgibst: ›Aktionsverlauf wie geplant. Kontakt hergestellt. Ziel Sewastopol. Erbitten weitere Instruktionen.««
    »Ja, Herr«, sagte der Muskelberg noch einmal. Dann machte er sich augenblicklich auf den Weg. Abramowitsch nutzte die einkehrende Ruhe, um sich eine weitere Zigarre anzustecken, und während er die bittere Schwere des Rauchs in seinem Mund schmeckte, sagte er sich, dass die Runde an ihn gehen würde. Die nächste Runde in diesem großen Spiel um das zukünftige Schicksal der Welt ...
     
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    »Nein!«
    Mit einem entsetzten Aufschrei fuhr Kamal aus dem Schlaf. Dunkelheit umgab ihn, sodass er für einen Moment weder zu sagen wusste, wo er war noch wie spät es war. Gehetzt blickte er sich um, und erst nach und nach vermochten seine Augen in der Schwärze einige Dinge auszumachen, deren vertraute Formen ihn ein wenig beruhigten.
    Ein Diwan an der Wand.
    Ein yakdan 16 , der als Schrank diente.
    Das von zottigem Fell verhangene Fenster.
    Die Schreckensbilder, die er im Traum gesehen hatte, blieben jedoch bestehen. Nicht, dass er sich an Einzelheiten erinnert hätte - alles war wie gewohnt verschwommen und grau, wie hinter Nebelschleiern verborgen. Seine Gefühle jedoch waren umso klarer gewesen, und ihrer entsann er sich noch immer.
    Schmerz war dabei gewesen.
    Trauer.
    Namenlose Furcht.
    Kamals Herz hämmerte, als wollte es seine Brust zum Bersten bringen. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn, während sein Verstand noch immer Tritt zu fassen suchte. Aber da war nichts, worauf er setzen konnte. So, als wäre er eine Leiter hinaufgeklettert, höher und höher, während sich die Sprossen unter ihm in Luft aufgelöst hatten.
    Die Erinnerung daran, dass er sich nicht erinnern konnte, brach hohnlachend über ihn herein, und eine Woge von Übelkeit durchlief ihn. Was blieb, war die Furcht - nicht um sich selbst, sondern um das Leben von jemandem, den er aufrichtig liebte, mit jeder Faser seiner zerbrechlichen Existenz, von ganzem Herzen.
    Eine sanfte Berührung rief ihm ins Bewusstsein, dass er nicht allein in seinem Schlafgemach war. Eine Hand

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