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Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. L. Stedman
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Dadda und Lulu Leuchtturm.« Der vierzig Meter hohe Turm mit dem Stern darin in ihrem Garten ist für sie etwas Selbstverständliches. Neben Wörtern wie »Hund« und »Katze« beherrscht sie auch Ausdrücke wie »Prisma« und »Lichtbrechung«.
    »Das ist mein Stern«, erklärt sie Isabel eines Abends und deutet darauf. »Dadda hat ihn mir geschenkt.«
    Sie erzählt Tom kurze Geschichten, die von Fischen, Möwen und Fischen handeln. Wenn sie zusammen zum Strand gehen, nimmt sie gern eine Hand von Tom und eine von Isabel und lässt sich von den beiden durch die Luft schwenken. »Lulu Leuchtturm« ist ihr Lieblingswort, und sie benutzt es, wenn sie sich selbst in ihren Kritzelbildern malt oder sich in Geschichten beschreibt.
    Die Meere sind unendlich. Sie kennen keine Grenzen. Der Wind hört niemals auf. Manchmal verschwindet er, allerdings nur, um anderswo Schwung zu holen und sich wieder auf die Insel zu stürzen. Was er damit bezwecken will, ist Tom ein Rätsel. Hier spielt sich das Leben im Maßstab von Riesen ab. Die Zeit bemisst sich in Jahrmillionen. Felsen, die aus der Entfernung aussehen wie an die Küste gerollte Würfel, entpuppen sich als mehrere hundert Meter breite Kolosse, rund geschliffen von den Jahrtausenden und so zur Seite gekippt, dass ihre Schichten als senkrechte Streifen zu sehen sind.
    Tom beobachtet Lucy und Isabel beim Schwimmen im Paradiesbecken. Das Mädchen ist vom Planschen im Salzwasser ebenso begeistert wie von dem leuchtend blauen Seestern, den es gefunden hat. Ihre Finger umklammern das Tier, und sie strahlt so stolz, als hätte sie es selbst gemacht. »Dadda, schau. Mein Seestern!« Tom hat Schwierigkeiten, die beiden Kategorien von Zeit miteinander zu versöhnen: die Existenz der Insel und die eines Kindes.
    Es erstaunt ihn, dass ihm das winzige Leben dieses Mädchens mehr bedeutet als all die Jahrtausende davor. Er bemüht sich, Ordnung in seine Gefühle zu bringen. Wie kann es sein, dass er gleichzeitig Zuneigung und Beklommenheit verspürt, wenn sie ihm einen Gutenachtkuss gibt oder ihm ein aufgeschürftes Knie hinhält, damit er es heileküsst, mit der Zauberkraft, wie sie nur Eltern besitzen?
    Auch was Isabel angeht, ist er zwischen Liebe und Begierde und dem Eindruck, keine Luft mehr zu bekommen, hin und her gerissen. Zwei Empfindungen reiben sich unversöhnlich aneinander.
    Manchmal, allein im Leuchtturm, ertappt er sich bei dem Versuch, sich Hannah Roennfeldt vorzustellen. Ist sie groß? Ist sie mollig? Ist in Lucys Gesicht eine Ähnlichkeit mit ihr zu erkennen? Doch wenn er sich bemüht, sie sich auszumalen, sieht er nur Hände, die ein weinendes Gesicht verdecken, und wendet sich mit einem Schauder wieder seiner Arbeit zu.
    »Wir dürfen es Dadda nicht sagen. Erst, wenn ich dir ein Zeichen gebe.«
    Lucy sah Isabel feierlich an. »Ich darf nichts sagen«, wiederholte sie und nickte. »Kriege ich einen Keks?«
    »Gleich. Lass mich nur die Sachen fertig einpacken.«
    Das Septemberschiff hatte 1928 einige zusätzliche Päckchen gebracht, die Bluey Isabel heimlich hatte zustecken können, während Ralph Tom mit dem Entladen des Schiffs abgelenkt hatte. Eine Geburtstagsüberraschung für Tom zu planen, war keine leichte Aufgabe: Schon Monate zuvor hatte sie ihrer Mutter eine Liste mit Bestellungen geschickt. Und da Tom der Inhaber des Bankkontos war, hatte sie ihr versprochen, das Geld beim nächsten Landurlaub zurückzuzahlen.
    Tom war gleichzeitig einfach und schwierig zu beschenken: Er war mit allem zufrieden, was er bekam, wünschte sich aber eigentlich nichts. Und so hatte sie sich für einen Füllhalter von Conway Stewart und die neueste Ausgabe des Wisden Cricketeers’ Almanack entschieden: etwas Praktisches und etwas zur Unterhaltung. Als sie eines Abends mit Lucy draußen gesessen und sie gefragt hatte, was sie Dadda schenken wolle, hatte das kleine Mädchen nachdenklich eine Haarsträhne um den Finger gewickelt. »Die Sterne«, hatte es schließlich geantwortet.
    Isabel hatte gelacht. »Ich glaube nicht, dass wir das schaffen, Luce.«
    »Ich will aber«, hatte Lucy trotzig protestiert.
    Da hatte Isabel eine Idee. »Was, wenn wir ihm eine Karte von den Sternen kaufen? Einen Atlas?«
    »Ja!«
    »Und was willst du vorn hineinschreiben?«, erkundigte sich Isabel, als sie nun vor dem dicken Buch saßen. Sie führte Lucy die Hand und schrieb in krakeligen Buchstaben wie angewiesen: »Für meinen Dadda, in Liebe für immer und immer …«
    »Mehr«, beharrte Lucy.
    »Mehr

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