Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)
dieser Leute entfernt war wie eine andere Galaxie? Die Luftblase Janus war geplatzt und in tausend Scherben zersprungen. Und hier stand er nun. Vor einer Menschenmenge. In einem ganz gewöhnlichen Raum voller Leute, die jeder ihr eigenes Leben führten. Und vor Hannah Roennfeldt. Lange herrschte Schweigen. Einige räusperten sich oder rutschten auf ihren Plätzen herum.
»Der Leuchtturm von Janus wurde von ziemlich klugen Leuten geplant«, begann er. »Und von einigen ziemlich tapferen gebaut. Ich versuche nur, ihren Bemühungen gerecht zu werden und das Licht am Brennen zu halten.« Er flüchtete sich ins Technische und Praktische, sagte Dinge, über die er nicht nachzudenken brauchte. »Die meisten glauben, dass die Lampe riesengroß ist, aber das stimmt nicht – das Leuchten wird von einer von verdampftem Öl genährten Flamme erzeugt, die in einem weiß leuchtenden Glühstrumpf brennt. Sie wird durch ein riesiges System aus vier Meter hohen Glasprismen gelenkt und vergrößert, die man eine Fresnel- Linse erster Ordnung nennt. Sie bricht das Licht zu einem Strahl, der so intensiv ist, dass man ihn noch aus über fünfzig Kilometern Entfernung sieht. Eine erstaunliche Vorstellung, dass ein so kleines Ding derart verstärkt werden kann … Meine Aufgabe – meine Aufgabe ist es, die Leuchte sauber zu halten und dafür zu sorgen, dass sie sich dreht. Da draußen lebt man wie in einer anderen Welt und Zeit: Außer den Jahreszeiten ändert sich nichts. Vor der Küste Australiens stehen noch Dutzende weiterer Leuchttürme, wo andere Männer wie ich versuchen, Schiffe vor Schaden zu bewahren und das Licht für die anzuzünden, die es brauchen, obwohl wir sie meistens nie zu Gesicht bekommen und nicht wissen, wer sie sind. – Jetzt fällt mir eigentlich nichts mehr ein. Nur, dass man nie sagen kann, was die Gezeiten vom einen zum anderen Tag bringen.« Er stellte fest, dass der Bürgermeister auf seine Taschenuhr sah. »Nun, ich denke, ich habe Sie jetzt lange genug vom Büfett ferngehalten. Bei diesem Wetter kann man ganz schön Durst kriegen. Vielen Dank.« Damit beendete er seine Ansprache, machte abrupt kehrt und setzte sich, begleitet vom verhaltenen Applaus der erstaunten Gäste.
»Alles in Ordnung, alter Junge?«, flüsterte Ralph. »Du bist ein bisschen blass um die Nase.«
»Ich bin kein Freund von Überraschungen«, antwortete Tom nur.
Mrs. Captain Hasluck liebte Feiern. Und da sie in dieser Hinsicht in Partageuse nur selten auf ihre Kosten kam, war sie an diesem Abend außer sich vor Freude. Sie genoss es, dass es ihre Pflicht als Hafenmeistergattin war, die Gäste miteinander bekannt zu machen, insbesondere, da auch Besucher aus Perth unter ihnen waren. Und so schwebte sie durch den Raum, stellte die Leute einander vor, erinnerte sie an Namen und wies auf gemeinsame Gesprächsthemen hin. Sie behielt den Sherrykonsum von Reverend Norkells im Auge und verwickelte die Frau des Oberbefehlshabers in eine Erörterung des Problems, die Goldtressen an Uniformen zu reinigen. Es gelang ihr sogar, Neville Wittnish dazu zu bringen, die Geschichte zu erzählen, wie er im Jahr 1899 die Besatzung eines Schoners gerettet hatte, dessen Ladung Rum vor Janus in Brand geraten war. »Natürlich war das vor der Föderation«, verkündete er. »Und lange bevor das Commonwealth 1915 die Leuchttürme in die Finger bekam. Seitdem hat der Papierkrieg ordentlich zugenommen.« Die Frau des Gouverneurs nickte höflich und fragte sich dabei, ob er wohl wusste, dass er Schuppen hatte.
Mrs. Hasluck sah sich nach ihrem nächsten Opfer um und entdeckte es prompt. »Isabel, meine Liebe«, sagte sie und legte ihr die Hand auf den Ellbogen. »Was für eine interessante Rede Tom gehalten hat!« Dann wandte sie sich an Lucy, die auf Isabels Hüfte saß. »Du bist aber heute Abend lange auf, kleines Fräulein«, flötete sie. »Hoffentlich bist du auch schön brav.«
Isabel lächelte. »Sie ist ein liebes Mädchen.«
Mit einer Bewegung, die an eine Häkelnadel erinnerte, griff Mrs. Hasluck eine vorbeigehende Frau am Arm. »Gwen«, meinte sie. »Sie kennen doch Isabel Sherbourne, oder?«
Gwen Potts zögerte einen Moment. Da sie und ihre Schwester einige Jahre älter als Isabel waren und ein Internat in Perth besucht hatten, waren sie sich nie persönlich begegnet. Mrs. Hasluck bemerkte ihr Zögern. »Graysmark. Sie hieß früher Isabel Graysmark«, fügte sie hinzu.
»Ich … Natürlich weiß ich, wer Sie sind«, sagte die Frau
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