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Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. L. Stedman
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wasserdichten Beweise hat. Immer eins nach dem anderen.«
    Sobald Sergeant Spragg mit zornig zusammengepressten Lippen aus dem Revier stolziert war, ging Knuckey ins Untersuchungszimmer und kehrte mit Lucy zurück.
    »Der Arzt hat nichts festgestellt«, verkündete er und fügte mit leiser Stimme hinzu. »Wir bringen die Kleine jetzt zu ihrer Mutter, Isabel. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie es allen nicht noch schwerer machen würden, als es ohnehin schon ist. Möchten Sie sich noch von ihr verabschieden?«
    »Bitte tun Sie das nicht!«
    »Bitte ersparen Sie uns allen eine Szene.« Vernon Knuckey, der jahrelang Zeuge des Leidens von Hannah Roennfeldt geworden war, und zwar in der festen Überzeugung, dass die bedauernswerte Frau einer Wahnidee anhing, betrachtete nun Isabel und stellte sich dieselbe Frage.
    Das kleine Mädchen, das sich wieder sicher in den Armen seiner Mutter wähnte, klammerte sich fest an Isabel. Diese küsste sie auf die Wange und konnte die Lippen nicht von ihrer weichen Haut lösen. Harry Garstone packte das Mädchen um die Taille und begann, an ihm zu zerren.
    Obwohl diese Entwicklung in den letzten vierundzwanzig Stunden absehbar gewesen war und Isabel mit dieser Angst lebte, seit sie Lucy als Baby aufgefunden hatte, war der Schmerz übermächtig.
    »Bitte!«, flehte sie unter Tränen. »Haben Sie doch Mitleid!« Ihre Stimme hallte von den nackten Wänden wider. »Nehmen Sie mir mein Baby nicht weg!«
    Als man Isabel das laut schreiende Kind aus den Armen riss, brach sie ohnmächtig zusammen und landete mit einem dumpfen Knall auf dem Steinboden.
    Hannah Roennfeldt konnte nicht still sitzen. Ständig schaute sie auf ihre Armbanduhr und die Uhr auf dem Kaminsims und fragte ihre Schwester, wie spät es sei, während die Zeit im Schneckentempo vorankroch. Das Boot war am gestrigen Vormittag von Janus aufgebrochen. Seitdem quälte sich jede Minute bergauf wie Sisyphus.
    Sie konnte kaum fassen, dass sie vielleicht bald ihre Tochter im Arm halten würde. Seit die Rassel wiedererkannt worden war, malte sie sich Graces Rückkehr aus. Die Umarmungen. Die Tränen. Das Strahlen. Sie hatte im Garten Frangipaniblüten gepflückt und ins Kinderzimmer gestellt, sodass ihr Duft das Häuschen erfüllte. Während sie lächelte und vor sich hin summte, staubte sie alles ab, machte sauber und reihte die Puppen auf der Kommode auf. Im nächsten Moment meldeten sich wieder Zweifel: Was wollte ihre Tochter wohl essen? Also hatte sie Gwen losgeschickt, um Äpfel, Milch und Süßigkeiten zu kaufen. Ihre Schwester war noch nicht zurück, als Hannah sich plötzlich fragte, ob das Kind vielleicht noch etwas anderes brauchte. Und so ging sie, da sie nur selten etwas aß, nach nebenan zu Mrs. Darnley, die fünf Kinder hatte, um sich zu erkundigen, womit man ein Kind in Graces Alter am besten ernährte. Fanny Darnley, eine berüchtigte Tratschbase, deutete sofort im Lebensmittelladen Mr. Kelly gegenüber an, Hannah habe nun völlig den Verstand verloren und beköstige Gespenster, denn die Ankunft des Kindes hatte sich noch nicht herumgesprochen. »Man soll ja nicht schlecht über seine Nachbarn reden, aber … Tja, es wird schon seine Gründe haben, warum es Irrenanstalten gibt, richtig? Ich bin nicht gerade begeistert davon, dass eine Frau, die nicht ganz richtig im Kopf ist, so nah bei meinen Kindern wohnt. Ihnen würde es sicher genauso ergehen.«
    Der Anruf war sehr knapp gehalten: »Sie kommen besser persönlich, Mr. Graysmark. Wir haben Ihre Tochter hier.«
    Als Bill Graysmark am Nachmittag das Polizeirevier betrat, zeigte sich Verwirrung auf seinem Gesicht. Das Telefonat hatte sofort das Bild in ihm ausgelöst, dass Isabels Leiche dort auf einer Bahre lag und abgeholt werden musste, weshalb er den Rest der Worte, die am gerade erst angeschlossenen, nagelneuen Apparat gefallen waren, kaum wahrgenommen hatte: Er hatte zuerst an den Tod gedacht. Nicht auch noch das dritte Kind! Er konnte doch nicht alle seine Kinder verlieren – das würde Gott niemals zulassen! Das wirre Gerede über das Baby der Roennfeldts, Tom und eine Leiche ergab für ihn noch immer keinen Sinn.
    Auf dem Revier wurde er in ein Hinterzimmer geführt, wo seine Tochter, die Hände auf dem Schoß, auf einem Holzstuhl saß. Vor lauter Erleichterung, dass sie noch lebte, kamen ihm bei ihrem Anblick die Tränen.
    »Isabel. Isabubba«, flüsterte er, zog sie hoch und drückte sie an sich. »Ich hatte schon Angst, ich würde dich niemals

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