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Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. L. Stedman
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wiedersehen.«
    Es dauerte einen Moment, bis er bemerkte, in welchem Zustand sie sich befand: Sie erwiderte die Umarmung nicht, sah ihn nicht an und ließ sich nur, schlaff und bleich, zurück auf den Stuhl sinken.
    »Wo ist Lucy?«, erkundigte er sich erst bei seiner Tochter, dann bei Constable Garstone. »Wo ist die kleine Lucy? Und Tom?« Seine Gedanken überschlugen sich wieder: Sicher waren sie ertrunken. Sicher …
    »Mr. Sherbourne ist in Haft, Sir.« Der Polizist stempelte ein Stück Papier auf seinem Schreibtisch ab. »Nach einer Anhörung wird man ihn nach Albany verbringen.«
    »Anhörung? Was zum Teufel ist da los? Wo ist Lucy?«
    »Das Kind ist bei seiner Mutter, Sir.«
    »Das Kind ist eindeutig nicht bei seiner Mutter! Was haben Sie mit ihr gemacht? Was wird hier gespielt?«
    »Offenbar ist Mrs. Roennfeldt die wirkliche Mutter des Kindes.«
    Bill, der glaubte, sich verhört zu haben, herrschte Garstone an. »Ich verlange, dass Sie meinen Schwiegersohn umgehend freilassen.«
    »Ich fürchte, das wird nicht möglich sein, Sir. Mr. Sherbourne wurde festgenommen.«
    »Festgenommen? Aus welchem Grund denn, verdammt?«
    »Bis jetzt wegen Urkundenfälschung und Verletzung seiner Pflichten als Staatsbediensteter. Und das ist nur der Anfang. Dann wäre da auch noch Kindesentziehung. Und die Tatsache, dass wir Frank Roennfeldts Leiche auf Janus Rock ausgegraben haben.«
    »Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen?« Plötzlich wurde Bill klar, warum seine Tochter so blass und teilnahmslos war, und er drehte sich zu ihr um. »Keine Angst, Kind. Ich bringe das wieder in Ordnung. Ganz gleich, was auch geschehen ist, handelt es sich offenbar um eine schreckliche Verwechslung. Ich werde der Sache auf den Grund gehen.«
    »Ich glaube, Sie verstehen nicht ganz, Mr. Graysmark«, begann der Polizist.
    »Da haben Sie verdammt recht. Ich verstehe kein Wort. Diese Angelegenheit wird ein Nachspiel haben. Meine Tochter wegen einer lächerlichen Anschuldigung auf ein Polizeirevier zu zerren und den guten Ruf meines Schwiegersohns zu beschädigen.« Wieder wandte er sich an seine Tochter. »Isabel, sag ihm, dass das alles Unsinn ist!«
    Doch sie saß nur reglos und mit stumpfem Blick da.
    Der Polizist räusperte sich. »Mrs. Sherbourne verweigert die Aussage, Sir.«
    Tom spürt, wie die Stille in der Zelle ihn erdrückt. Sie ist so dicht und flüssig wie Quecksilber. So lange ist sein Leben vom Geräusch des Windes und der Wellen und vom Blinken des Leuchtturms geprägt gewesen. Und nun rührt sich plötzlich nichts mehr. Er lauscht dem Grünrückenflöter, der mit seinem Gesang sein Revier hoch oben in den Wipfeln der Eukalyptusbäume verteidigt und nichts von alldem ahnt.
    Die Einsamkeit ist ihm vertraut und versetzt ihn zurück in die erste Zeit auf Janus, und er fragt sich, ob er die Jahre mit Isabel und Lucy womöglich nur geträumt hat. Dann aber steckt er die Hand in die Tasche und holt eine Kinderschleife aus violettem Satin heraus. Er erinnert sich an Lucys Lächeln, als sie sie ihm gereicht hat, weil sie ihr aus dem Haar gerutscht war. »Nimmst du sie bitte, Dadda?« Harry Garstone hat versucht, die Schleife zu beschlagnahmen, doch Knuckey hat ihn daran gehindert: »Ach, um Himmels willen, mein Junge. Er wird wohl kaum versuchen, uns mit dem Ding zu erdrosseln.« Und so hatte Tom sie wieder einstecken dürfen.
    Er bedauert, was er getan hat, und verspürt gleichzeitig eine tiefe Erleichterung, zwei Gefühle, die er nicht miteinander in Einklang bringen kann. Es sind zwei widersprüchliche körperliche Empfindungen, die eine unerklärliche Reaktion in ihm auslösen – überdeckt von einer dritten, noch stärkeren, nämlich dem Wissen, dass er seiner Frau das Kind weggenommen hat. Es ist, als hätte ihn jemand lebendig an einen Fleischerhaken gehängt. Er weiß, was Hannah Roennfeldt verloren hat. Und Isabel, die im Leben so viele Verluste erlitten hat, muss nun schon wieder Abschied nehmen. Allmählich fragt er sich, wie er anderen so viel Schmerz hat zufügen können. Was zum Teufel hat er da angerichtet?
    Er ringt darum, das alles zu begreifen – seine Liebe ist so schrecklich verzerrt und gebrochen wie Licht von einer Linse.
    Vernon Knuckey kennt Isabel, seit sie ein kleines Mädchen war. Ihr Vater hat fünf seiner Kinder unterrichtet. »Am besten bringen Sie Isabel jetzt nach Hause«, sagte er ernst zu Bill. »Ich spreche morgen mit ihr.«
    »Aber was ist mit …?«
    »Bringen Sie sie einfach nach

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