Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. L. Stedman
Vom Netzwerk:
Sergeant aus Albany, der den wichtigeren Posten innehatte und gegenüber Vernon deshalb weisungsbefugt war.
    »Das macht nichts. Es ist ein kleines Mädchen anwesend«, entgegnete Knuckey und wies auf Lucy, die zu Tom rannte und sich an sein Bein klammerte.
    »Dadda, Dadda, ich will auf deinen Arm!«
    Nackte Trauer zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als das Kind ihm in die Augen sah und diese völlig alltägliche Bitte an ihn richtete. Im Wipfel eines Pfefferminzbaums zwitscherten zwei Gartenfächerschwänze. Tom schluckte; seine Fingernägel gruben sich in die Handflächen. »Schau, Lulu! Sieh die lustigen Vögel da oben. Die kennst du von zu Hause nicht, richtig?« Er behielt die Vögel im Auge. »Geh und sieh sie dir aus der Nähe an«, drängte er.
    Am Anlegesteg parkten zwei Automobile. »Hier entlang. In den ersten Wagen«, wies Sergeant Spragg Tom an.
    Tom drehte sich zu Lucy um, die von den umherhüpfenden Vögeln mit ihren langen schwarzen Schwanzfedern abgelenkt war. Gerade wollte er die Hand nach ihr ausstrecken, dachte dann aber daran, wie traurig sie sein würde: Es war besser, wenn er unbemerkt verschwand.
    Doch sie sah die Bewegung und hielt ihm die Hände hin. »Dadda, warte! Ich will auf deinen Arm!«, rief sie wieder, und ihr Tonfall verriet, dass sie etwas ahnte.
    »Wenn Sie jetzt bitte mitkommen würden.« Spragg nahm Tom am Ellbogen.
    Tom ging los, wobei ihm jeder Schritt schwerer fiel als der letzte. Lucy lief ihm nach, die Arme noch immer ausgestreckt. »Dadda, warte auf Lulu«, flehte sie verzweifelt und verstand offenbar die Welt nicht mehr. Als sie stolperte und bäuchlings in den Kies fiel, fing sie lauthals zu schreien an. Da hielt Tom es nicht mehr aus. Er wirbelte herum und riss sich von dem Polizisten los.
    »Lulu!« Er hob sie auf, um die Schramme an ihrem Knie zu küssen. »Lucy, Lucy, Lucy, Lucy«, murmelte er und berührte mit den Lippen ihre Wange. »Alles wird gut, Kleines. Alles wird gut.«
    Vernon Knuckey blickte zu Boden und räusperte sich.
    »Ich muss jetzt gehen, Schatz«, sagte Tom. »Hoffentlich …« Er hielt inne, sah ihr in die Augen, strich ihr übers Haar und gab ihr einen letzten Kuss. »Auf Wiedersehen, Kleines.«
    Da das Kind keinerlei Anstalten machte loszulassen, wandte Knuckey sich an Isabel. »Mrs. Sherbourne?«
    Isabel zog sie von Tom weg. »Komm, mein Süßes. Alles ist in Ordnung. Du bist bei Mama«, murmelte sie.
    Doch das Mädchen rief immer weiter. »Dadda, ich will mitkommen, Dadda!«
    »Bist du jetzt zufrieden, Tom? Hast du das gewollt?« Tränen rannen Isabel übers Gesicht und auf Lucys Wange.
    Einen Moment blieb Tom stehen, wie gelähmt vom Anblick der beiden mit ihren schmerzverzerrten Gesichtern. Und dabei hatte er Bill Graysmark versprochen, sie zu beschützen und für sie zu sorgen. »Mein Gott, Izz – es tut mir leid«, stieß er schließlich hervor.
    Inzwischen war Kenneth Spraggs Geduld zu Ende. Er packte Tom wieder am Arm und zog ihn weiter zum Auto. Als Tom hinten einstieg, begann Lucy zu weinen. »Dadda, nicht weggehen! Bitte, Dadda! Bitte! « Verzweiflung malte sich in ihrem rot angelaufenen Gesicht, und die Tränen strömten ihr in den offenen Mund, während Isabel vergeblich versuchte, sie zu trösten. »Mama, mach etwas gegen die Männer! Sie sind böse, Mama! Sie sind gemein zu Dadda!«
    »Ich weiß, Liebes, ich weiß.« Sie berührte Lucys Haar mit den Lippen und murmelte: »Manchmal tun Männer sehr böse Sachen, Schatz. Sehr böse Sachen.« Noch während sie diese Worte aussprach, wusste sie, dass das Schlimmste noch längst nicht vorbei war.
    Ralph beobachtete die Szene vom Deck seines Schiffs aus. Als er zu Hilda nach Hause kam, sah er sie an. Wirklich eindringlich, und zwar vielleicht zum ersten Mal seit zwanzig Jahren.
    »Was soll denn das?«, fragte seine Frau, die so viel Aufmerksamkeit nicht gewöhnt war.
    »Ach, nichts«, antwortete er und umarmte sie fest.
    In seinem Büro hatte Vernon Knuckey einen Disput mit Kenneth Spragg. »Ich sage es noch einmal, Sergeant: Sie nehmen ihn heute Nachmittag nicht mit nach Albany. Er wird erst dann überführt, nachdem ich Gelegenheit hatte, ihm noch einige Fragen zu stellen.«
    »Früher oder später landet er doch bei uns. Leuchttürme fallen unter die Zuständigkeit des Commonwealth, schon vergessen? Also wird alles streng nach Vorschrift ablaufen.«
    »Ich kenne die Vorschriften genauso gut wie Sie.« Jeder Polizist in dieser Gegend wusste, wie gern Kenneth Spragg sich

Weitere Kostenlose Bücher