Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)
suchte ihr Gesicht nach Resten der Liebe ab, die sie ihm immer wieder geschworen hatte, doch sie war so von eisiger Wut erfüllt wie der Ozean, der sie beide umgab.
Wieder stieß der Sturmvogel ins Meer hinab und stieg triumphierend wieder auf. Der Fisch, der in seinem Schnabel gefangen war, bewegte nur noch schwach das Maul, der einzige Hinweis darauf, dass er je gelebt hatte.
»Die See ist zu rau, um jetzt zurückzufahren«, teilte Ralph Sergeant Knuckey mit. Sergeant Spragg, der befehlshabende Polizist aus Albany, hatte großes Aufhebens darum gemacht, dass sie sofort in See stechen müssten. »Wenn der Kerl so dringend nach Hause will, kann er ja schwimmen«, lautete die Antwort des Kapitäns.
»Nun, dann soll Sherbourne unter Bewachung auf dem Schiff bleiben. Ich werde nicht dulden, dass er sich mit seiner Frau abspricht, vielen Dank auch«, beharrte Spragg.
Als der Sonnenuntergang näher rückte, marschierte Neville Whittnish auf das Schiff zu.
»Was wollen Sie?«, fragte Constable Strugnell, der den Wachdienst sehr ernst nahm.
»Ich brauche Sherbourne für die Übergabe. Er muss zum Anzünden der Lampe mitkommen.« Obwohl Whittnish nur selten und dann wenig sprach, duldete sein Ton keinen Widerspruch.
Strugnell fühlte sich zwar in seiner Ehre gekränkt, fasste sich aber rasch wieder. »Gut, meinetwegen, aber ich muss ihn begleiten«, erwiderte er.
»Unbefugten Personen ist das Betreten des Leuchtturms verboten. Vorschrift des Commonwealth. Ich bringe ihn zurück, wenn ich mit ihm fertig bin.«
Tom und der Leuchtturmwärter gingen wortlos zum Turm. »Was sollte das eben?«, fragte Tom, als sie die Tür erreichten. »Sie brauchen mich nicht zum Anzünden.«
»Ich habe noch nie einen Leuchtturm gesehen, der so gut in Schuss war wie Ihrer«, antwortete der alte Mann. »Was Sie angeblich sonst getan haben, ist nicht meine Sache. Aber ich dachte, Sie wollten sich vom Turm verabschieden. Ich warte unten.« Mit diesen Worten wandte er sich ab und blickte durch die runden Fenster nach draußen, um die Stärke des Sturms abzuschätzen.
Also stieg Tom ein letztes Mal die Hunderte von Stufen hinauf. Ein letztes Mal vollführte er das Zauberkunststück, Schwefel und Öl in strahlendes Licht zu verwandeln. Ein letztes Mal schickte er seine Warnung an die Seeleute im Umkreis von vielen Kilometern in die Nacht hinaus: Seid auf der Hut!
Am nächsten Morgen hat sich der Sturm gelegt, und der Himmel ist wieder ruhig und blau. Die Strände sind von Streifen aus gelbem Schaum und Seetang durchzogen, die die Wellen angespült haben. Als das Schiff Janus Rock verlässt, tollt ein Schwarm Delfine eine Weile um den Bug herum. Ihre glänzenden grauen Körper steigen auf und tauchen unter wie Wasserspeier. Mal sind sie ganz nah, mal weiter weg. Isabel sitzt mit verquollenen Augen auf der einen Seite der Kabine. Tom auf der anderen. Die Polizisten plaudern über Dienstpläne und die beste Methode, Stiefel zu polieren. Am Heck verströmt eine vermoderte Plane den Geruch ihres grausigen Inhalts.
»Wo fahren wir hin, Mama?«, fragt Lucy, die auf Isabels Schoß sitzt, immer wieder.
»Nach Partageuse, Schatz.«
»Warum?«
Isabel wirft Tom einen Blick zu. »Das weiß ich nicht so genau, Luce, mein Liebling. Aber wir müssen.« Sie umarmt sie fest.
Später rutscht das Kind vom Schoß seiner Mutter und klettert auf den von Tom. Wortlos hält er Lucys Hand und versucht, sich alles an ihr einzuprägen: den Geruch ihres Haars, wie weich ihre Haut ist, die Form ihrer winzigen Finger und das Geräusch ihres Atems, als sie das Gesicht ganz nah an seines schmiegt.
Die Insel verschwindet hinter ihnen und verwandelt sich in eine immer kleinere Version ihrer selbst, bis sie nur noch Erinnerung ist, die bei jedem Passagier anders aussieht, was die Wirklichkeit nicht genau abbildet. Tom beobachtet Isabel und wartet darauf, dass sie seinen Blick erwidert. Er sehnt sich danach, dass sie ihm ihr typisches Lächeln schenkt, das ihn stets an den Leuchtturm von Janus erinnert hat – ein verlässlicher Fixpunkt auf dieser Welt, ein Zeichen dafür, dass er nicht verloren gehen kann. Doch die Flamme ist erloschen – ihr Gesicht wirkt unbewohnt.
Er berechnet die Fahrtdauer zum Festland in Lampenumdrehungen.
TEIL III
Kapitel 25
Sobald sie von Bord gegangen waren, förderte Sergeant Spragg ein Paar Handschellen zutage und steuerte auf Tom zu. Doch Vernon Knuckey hielt ihn mit einem Kopfschütteln zurück.
»Das ist Vorschrift«, beharrte der
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