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Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Titel: Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn C Tripp
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zu. Kurze Pause, dann sagt sie: »Ich weiß noch einen Winter, Janie, es war schön und Winter, und Silas fing an zu trinken. Erst schlug er Stühle für Brennholz klein, dann andere Sachen. Er hätte auch das Boot klein gehackt, wenn Junie und ich nicht den Anhänger genommen und es rübergebracht hätten zu meinem Bruder Swig. Die ganzen Jahre über, wo ich das Boot hatte, hat Silas es regelrecht gehasst, und an dem Abend wusste ich, er ist so blau, er würde mit einer Axt drauf losgehen. Wenn ich ihm die Möglichkeit gegeben hätte, hätte er es zu Brennholz und Zunder zerhackt, genau wie damals den Stutzflügel, der seiner Großmutter gehörte, den Flügel, auf dem seine Mutter immer spielte, auch als sie schon alt war und schlimm Rheuma in den Händen hatte, da spielte sie trotzdem noch drauf, zauberte so schöne Musik aus diesen Tasten. Doch Silas, dem war es völlig egal, was ihr der Flügel bedeutete, oder vielleicht machte er es auch gerade deswegen. Aber ich sag dir, ich hätte nie zugelassen, dass er sich an dem Boot vergreift. Er hasste das Boot, wirklich, hasste es wie alles, das ich liebte, was mit Wasser zu tun hatte …«
    Ihre Stimme bricht. Wieder blickt sie auf ihre Buchstaben. Sie nimmt einen vom Ende ihres Bänkchens, schiebt zwei andere auseinander. Sie stellt den Stein in die Mitte und ich spüre, dass sich das Schweigen zwischen uns öffnet wie ein Feld, diese feinen Lichtfäden, die ihr Leben mit meinem verknüpfen – mein Vater, ihr Mann, unsere Söhne …
    Dieses Netz zwischen Ada und mir hat mich nie gestört – bis zu diesem Frühjahr hat es mich nie eingeengt, doch als im letzten Monat die Funken zwischen Ray und Marne zu sprühen begannen, dämmerte es mir: Es waren nicht nur die Toten, die mich an Ada fesselten, und es waren nicht nur die Toten, die gefesselt waren.
    Oberhalb von R-A-U-B-E legt sie drei Buchstaben ab: Z-E-H . Was mich überrascht. Es ist gar nicht ihre Art, so was Kleines zu wählen, ganz zu schweigen davon, ein Z ganz außen zu platzieren. Z und C  – schwer zu anderen Worten zu verarbeiten – blockieren das Brett.
    »Das ist ja mal ein Wort für dich«, bemerke ich.
    Sie überhört mich. Zieht neue Steine.
    »Du musst ja aufgeschmissen sein, Ada Varick, wenn du so ein mickriges Wort hinlegst.«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Das Z hat mich gestört.«
    Ich habe das X gezogen. Ich könnte es an das freie E legen. Aber ich habe nicht genügend Vokale, als dass es sich lohnen würde. Ada hat in ihre Lunchtüte gegriffen und eine Flasche Ingwerlimonade herausgeholt. Sie schraubt sie auf und trinkt, setzt sie ab, Staubflocken oder Luftblasen schweben in der bernsteinfarbenen Flüssigkeit. Sie bringt immer Ingwerlimonade mit. Am Flaschenhals schimmert eine Spur Farbe, Lippenstift. Ich schiele auf ihr Bänkchen. Sie hat die Buchstaben getrennt. Fünf und zwei. Wenn sie Vivienne wäre, wüsste man jetzt, dass sie ein Wort mit fünf Buchstaben hat, auf das sie hinarbeitet. Nicht so Ada. Fünf und zwei verrät einem gar nichts über Ada.
    »Ich habe Huck heute Morgen gesehen«, sage ich zu ihr.
    »Aha?«
    »Als ich meinen Spaziergang machte. Er war ein Stück flussaufwärts, fischte nach Venusmuscheln im tieferen Wasser vor dem Point of Pines.«
    Ada sieht auf. »Du hast die Brücke genommen?«
    Ich nicke.
    »Hast du schon länger nicht gemacht, oder?«
    »Nein.«
    »Wann war das letzte Mal, irgendwann im Winter?«
    »Ja.«
    »So um Weihnachten herum, nicht?«
    »An Heiligabend.«
    Sie nickt langsam. »Ja, das stimmt«, sagt sie. »Der Tag. Ich erinnere mich.« Als ob es ein Tag wäre, den eine von uns jemals vergessen könnte.
    Heute Morgen ließ ich mich von Carl an der Ecke von Route 88 und Drift Road absetzen, gegenüber von der Stelle, wo der Bach umgeleitet wurde, als der Staat sich nahm, was er wollte, und den Highway baute, die Ecke, wo früher die Familie Wilkes lebte, die sich immer auf der anderen Straßenseite das Wasser aus dem Bach holte. Da ging ich los, und als ich den Highway hoch in Richtung Brücke lief, sah ich, wie sich der Himmel vor mir öffnete, sah den etwas dunkleren Streifen des Meeres zwischen dem Kieferngehölz und den Dünen, der in Sicht kam und wieder verschwand.
    Als ich zur Brücke hochging, kam ich an dem Kambodschaner vorbei. Er angelt jetzt seit mehreren Jahren an der Brücke, offenbar der Einzige, der das noch tut. Er kommt aus Fall River, trägt einen großen Strohhut. Es ist immer dasselbe: Er angelt dort eine Zeit lang, dann

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