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Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Titel: Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn C Tripp
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hat er natürlich keinen Grund mehr dazu.
    Ich schließe die Beifahrertür hinter mir, schon setzt sich der Wagen in Bewegung, schon ist er weg. Ich gehe ins Haus. Die Küche ist dunkel. Töpfe und Teller in ihrem mitternächtlichen Glanz auf dem Abtropfgestell. Aus dem vorderen Zimmer kommen plätschernde Geräusche, das blau flackernde Licht vom Fernseher.
    Meine Mutter ist noch auf. Guckt sich eine Wiederholung auf Discovery Channel an. Eine Doku über Wunder der Evolution, kenne ich schon.
    »Du bist wieder da«, sagt sie und schaut kurz hoch, als ich mich setze, und in dem flüchtigen Blick, der nur einen Moment währt, erkenne ich, dass sie das Zugunglück gesehen hat. Die Entgleisung von Ray und Marne.
    Sie fragt nicht nach dem Grund. Sollte ich es ihr sagen? Könnte ich? Sie weiß es nicht – das mit Huck –, da bin ich mir ziemlich sicher. Könnte sie? Nein. Ein Teil von mir will es ihr sagen, will es hinausschreien, will das Zimmer mit meinem Schrei erschüttern. Die Toten sind in ihrer eigenen Welt, sicher. Das heißt aber nicht, dass sie ihre schmutzigen Fingerabdrücke nicht überall auf den Leben der Lebenden hinterließen.
    Mein Nagellack hat einen Kratzer. Eine Ausrede, um ihn abzuschaben.
    Im Fernsehen ein Interview mit einem berühmten Ichthyologen. Er sieht aus, wie man es von einem Fachmann für fast ausgestorbene Fische erwarten würde – wildes Haar wie aus Zurück in die Zukunft . Seine Augen sind seltsam seicht, die Stimme fast antiseptisch, als er die Eigenschaften der Afrikanischen Lungenfische beschreibt – ihre elegante, aalähnliche Form, das gekammerte Herz –, wie sie sich in der Trockenzeit in den Schlick des Flussbetts graben, sich in einer Schleimhülle verkapseln, die immer härter wird, während der Wasserspiegel fällt. Dort liegen sie, im Sommerschlaf, und verdauen sich selbst, bis es wieder regnet.
    Die Zurückhaltung in seiner Stimme, seine monotone Sprechweise, kann nicht verbergen, dass er von diesen atavistischen Kreaturen völlig begeistert ist, die buchstäblich (hier lächelt er matt) in das Leben heutiger Stammesvölker, die in ihrer Nähe siedeln, eingebaut werden, in ihre Häuser, als Lehm.
    Ich habe sie abgeknibbelt. Die Farbe auf dem Fingernagel.
    Der Fernseher zeigt nun ein anderes Bild: rechteckige Lehmziegel, zu einem Haus zusammengesetzt. Doch er ist noch bei uns – unser unerschütterlicher Ichthyologe, als Kommentar aus dem Off –, während die Kamera zu einem schwarzen Himmel, zu sich auftürmenden Wolken schwenkt, zu schwerem Regen, der auf Lehmmauern prasselt. In ihnen erwachen die Fische, kalben davon.
    Er ist richtig nackt nun, der Nagel, blamiert vor den anderen.
    Werbepause. Mann auf der Couch eines Psychiaters. Er hat vier Persönlichkeiten. »Wer sind Sie?« – »Ein Nintendo GameCube.«
    Ob sie es weiß? Meine Mutter? Könnte sie? Ist das möglich? Doch selbst wenn sie es wüsste, was würde das ändern? Er bliebe trotzdem ein Spinner. Sie würde trotzdem hier sitzen und in der Nacht Fernsehen gucken. Ein unehelicher Bruder. Ein ermordeter Vater. Nichts hat sich geändert.
    Ich stehe auf.
    »Willst du ins Bett, Schätzchen?«
    Ich nicke.
    Sie überlegt. »Es tut mir leid, Marne.«
    »Tja, so läuft es halt manchmal.«
    Sie betrachtet mich noch etwas länger, als wollte sie etwas sagen, tut es aber nicht. Denn wir tun so was nicht.
    Ich gehe nach oben, wasche mein Gesicht, putze die Zähne. Erledige diese kleinen, notwendigen Pflichten. In der Innenseite der Tür im Medizinschrank ist ein runder Spiegel eingelassen, der von selbst hervorschwingt und das Gesicht fünf- oder zehnfach vergrößert, je nachdem, welche Seite man wählt. Ich strenge mich immer an, nicht hineinzusehen, doch jetzt starrt es mich an – diese erstickende Nähe –, Poren, Macken, entstellte Seiten des Menschseins entblößt, die man lieber nicht gesehen hätte.
    Im Bett versuche ich, im Buch über das Licht zu lesen. Ich blättere nach vorne zurück und suche die Zeilen über Wellen und Form, aber der Zauber scheint verflogen. Ich knicke ein Eselsohr in die Seite, fest, und lege das Buch in die Nachttischschublade. Irgendwann werde ich wieder reinschauen, denke ich.
    Die Nacht ist warm. Ich schlafe ein, werde nur irgendwann nach drei von einem klopfenden Geräusch geweckt, der Klang eines Schattens, der auf die Fensterbank schlägt. Der Wind hat aufgefrischt. Die Vorhänge werden wild, erfüllt von der ruhelosen Feuchtigkeit, die hindurchrinnt. Ich liege im

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