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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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noch etwas mitteilen?«  
    »Nein, Euer Ehren.«  
    Zuckermans Augen funkelten wie zwei Irrlichter. »Und was meint Ihr damit, er habe Euch ›den ganzen Weg zurückgebracht‹? Von wo?« Er warf einen Blick in seine Papiere. »Laut Aussage Eures Gemahls hattet Ihr Euch gar nicht weit von Toongabbie entfernt. Ist das nicht richtig? Habt Ihr Euch vielleicht doch weiter entfernt? Zu Fuß? Oder womit wart Ihr unterwegs?«  
    Moira überlief es kalt, während sie ihre Unaufmerksamkeit verfluchte. Sie bewegte sich hier auf gefährlichem Terrain. Unbedingt musste sie verhindern, dass die Sprache auf den Karren und das Pferd kamen, die sie entwendet hatten. Am Ende würde sie Duncan noch an den Galgen bringen.  
    »Nein. Nein, ich … ich weiß es nicht mehr. Und … mein Mann hat sicher recht mit seiner Aussage«, murmelte sie mit gesenktem Kopf. »Ich erinnere mich nur noch, dass ich in meinem Bett aufwachte.«  
    Zuckerman nickte zufrieden. »Mrs McIntyre, Ihr dürft zurück auf Euren Platz.«  
    Der Richter und seine beiden Beisitzer steckten die Köpfe zusammen und berieten sich. Hinter sich hörte Moira die Zuschauer tuscheln. Einzelne Gesprächsfetzen drangen an ihr Ohr.  
    »… Die arme Mrs McIntyre. Durch was für ein Martyrium sie gegangen sein muss … Entführt von einem Sträfling. Wie furchtbar … Und jetzt kann sie sich nicht einmal mehr daran erinnern. Das ist sicher der Schock … Hoffentlich hängen sie ihn auf! Solche Verbrecher sind eine Schande für die Menschheit … Was soll man von einem irischen Papisten schon erwarten?«  
    Kurze Zeit später hieb Zuckerman den Hammer auf den Tisch. »Das Urteil ist gefällt.«  
    Moiras Herz krampfte sich zusammen, als sie sich gemeinsam mit allen anderen erhob. Die Luft im Raum war zum Schneiden dick, für einen Moment glaubte sie, nicht mehr atmen zu können. Kein Laut war zu hören.  
    »Der Angeklagte wird für schuldig befunden, aus Toongabbie geflohen zu sein. Im Namen seiner Majestät König George III. verurteile ich ihn für dieses Vergehen zu einhundert Peitschenhieben.«  
    Moira atmete auf. Das war zwar hart, aber noch vertretbar. Und wenn sie ihn züchtigten, würden sie ihn nicht hinrichten.  
    »Außerdem«, Zuckerman klopfte erneut mit dem Hammer und hob seine Stimme, um den jetzt einsetzenden Tumult zu übertönen, »wird er für schuldig befunden, die hier anwesende Mrs McIntyre entführt und verschleppt zu haben. Dafür erhält er weitere zweihundert Hiebe. Sobald er anschließend dazu in der Lage ist, wird er zurückkehren ins Straflager, wo er für sechs Monate schwere Ketten tragen wird. Die körperliche Züchtigung wird morgen früh um zehn Uhr öffentlich in Toongabbie vollzogen. Gott schütze den König.« Er wandte sich an McIntyre. »Dr. McIntyre, angesichts der Angst, die Ihr um Eure Frau auszustehen hattet, wird es Euch sicher eine besondere Genugtuung sein, der verantwortliche Arzt bei dieser Bestrafung zu sein.« Er ließ den Hammer auf den Tisch sausen. »Die Sitzung ist hiermit aufgehoben. Führt den Gefangenen ab.«  
    Dreihundert Schläge mit der Neunschwänzigen? Moira konnte kaum atmen vor Entsetzen.  
    »Nein! Das geht nicht, das … das ist viel zu viel!« Sie wollte nach vorne zum Richtertisch stürzen, aber eine harte Hand hielt sie zurück.  
    »Wirst du jetzt ruhig sein!«, zischte McIntyre. »Er kann von Glück sagen, ein so mildes Urteil bekommen zu haben! Mancher Sträfling hat mehr überstanden!«  
    Ihre Augen suchten Duncan, den die zwei Wärter jetzt wieder in ihre Mitte nahmen. Bevor sie ihn abführten, fand sein Blick den ihren. Er schenkte ihr ein schwaches Lächeln und schüttelte kaum sichtbar den Kopf. Er wirkte fast erleichtert.  
    Moira sank zurück auf ihren Stuhl. Wie konnte man erleichtert sein, wenn einen dreihundert Schläge erwarteten?  

17.  
     
    Der hohe Baum ragte drohend vor Duncan auf. Seine Beine fühlten sich auf einmal ganz schwach an, und daran war wohl nicht nur der Fußmarsch von heute Morgen schuld, den er mit bloßen Füßen und gefesselten Händen hatte bewältigen müssen. In der zurückliegenden, durchwachten Nacht hatte er gebilligt, was heute geschehen würde. Er hatte gesündigt. Er hatte die Ehe gebrochen. Dies war seine Sühne, auch wenn er nicht dafür verurteilt worden war. Aber jetzt, am helllichten Tag und angesichts des breiten Baumstamms, an den man ihn gleich binden würde, überfiel ihn ein Anflug von Panik. Gott, steh mir bei!  
    Er biss die

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