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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Zähne zusammen, schöpfte Atem, ließ die Angst ein und wieder hinaus. Es war nicht verwerflich, sich zu fürchten. Christus hatte sich auch gefürchtet, als er im Garten von Gethsemane auf seine Gefangennahme wartete, und gebetet, dass der Kelch an ihm vorübergehen möge.  
    Die beiden Männer, die ihn auspeitschen würden, standen bereit, ein rechts- und ein linkshändiger – dieselben, die im vorigen Monat seine Leidensgenossen Paddy und Maurice so erbarmungslos geschlagen hatten. Neben ihnen warteten ein Trommler und ein Soldat mit einer Schiefertafel auf ihren Einsatz.  
    Kurz blickte er über die Menge, die sich auf dem Platz um den großen Baum versammelt hatte. Alle Sträflinge waren gekommen. Hatten kommen müssen. Was ihm bevorstand, war ein öffentliches Ereignis, zur Abschreckung der anderen gedacht. Ganz vorne, nahe bei der Tanne, stand der Doktor. Und neben ihm, in einer rotweißen Uniform mit goldenen Tressen, Major Penrith. Ausgerechnet der Major! Als Duncan ihn vorhin gesehen hatte, war sein Mut noch mehr gesunken.  
    War Moira auch da? Er hoffte und fürchtete es gleichermaßen. Da! Da war sie! Sie stand direkt neben Ann, mitten in der Menge. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Der Schmerz in ihren Augen gab ihm einen Stich ins Herz, dennoch war es ihm ein eigentümlicher Trost, sie hier zu wissen. War sie freiwillig gekommen, oder hatte der Doktor sie dazu gezwungen?  
    Einer der Folterknechte trat vor ihn, so dass er Moira nicht mehr sehen konnte. Man öffnete Duncans Handfesseln, zog ihm das Hemd aus und band ihn mit ausgebreiteten Armen an den Baumstamm.  
    Er hörte Schritte neben sich und drehte den Kopf. Major Penrith stellte sich dicht hinter ihn. Duncan konnte sein Rasierwasser, mit einem Hauch von Nelke und Zitrone, wahrnehmen.  
    »Ich habe dir doch gesagt, dass ich dich im Auge behalten werde.« Mit einer Reitgerte strich er an Duncans Seite entlang, bis hinauf unter sein Kinn. Das leichte Kitzeln ließ einen Schauer über Duncans Haut laufen.  
    »Die arme Mrs McIntyre«, sagte der Major leise. »Da dachte ich, du wärst ihr zugetan, nachdem sie sich so für dich eingesetzt hat, aber was tust du? Verschleppst sie zum Dank in die Wildnis. Oder war es vielleicht doch ganz anders?« Er trat noch näher an Duncan heran. »Sieh sie dir an, wie verloren sie dasteht. Man könnte meinen, sie habe Mitleid mit dir.«  
    Duncan antwortete nicht. Sein Herz schlug schmerzhaft laut gegen seine Rippen, aber das würde er den Major um alles in der Welt nicht merken lassen.  
    »Zeigt mir die Katze!«, wandte sich der Major an den Folterknecht zu seiner Rechten.  
    Man reichte ihm eine Neunschwänzige. Der Major schüttelte die Peitsche, um die neun Lederriemen zu entwirren, dann strich er darüber, als gehörten sie zu einem Tier, ließ sie fast zärtlich durch seine Finger gleiten.  
    »Knoten«, befahl er dann. »Macht in jeden der Riemen drei Knoten, mit drei Zoll Abstand. Ihr sollt ihn schließlich nicht streicheln.«  
    Duncan stockte für einen Moment der Atem. Sein Herz schien einen Schlag auszusetzen, dann klopfte es umso hastiger weiter. In seinem Magen breitete sich Übelkeit aus.  
    »Sir.« Der Doktor war neben den Major getreten. Er schwitzte. »Das … Eine solche Verschärfung ist gemeinhin nur für schwerere Vergehen vorgesehen.«  
    »McIntyre, was ist los mit Euch?« Der Major maß ihn mit einem durchdringenden Blick. »Dieser Bastard hat Eure Frau verschleppt und ihr wer weiß was angetan! Ihr solltet der Erste sein, der sich für eine Verschärfung ausspricht!« Er wandte sich an Duncan. »Möchtest du mir noch etwas sagen?«  
    Duncan hätte ihm am liebsten vor die Füße gespuckt, aber das ließ seine Fesselung nicht zu. Sein Mund war trocken wie die ägyptische Wüste, an seiner Wange spürte er die rissige Baumrinde.  
    »Fangt endlich an«, murmelte er.  
    »Oh, der irische Bastard kann es gar nicht abwarten!« Der Major lächelte spöttisch und trat einige Schritte zur Seite. »Nun denn. Deine Schreie werden Musik in meinen Ohren sein.«  
    Das Urteil wurde verlesen. Duncan hörte kaum hin. Er schloss die Augen und rief sich Moiras Gesicht ins Gedächtnis, versuchte, sich an ihren Duft zu erinnern, an jeden ihrer Düfte …  
    Der dumpfe Schlag der Trommel setzte ein. Der erste Hieb. Direkt zwischen die Schulterblätter. Es brannte wie Feuer. Er biss sich auf die Zunge. Der zweite, von der anderen Seite. Duncan spürte, wie die Haut an den

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