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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Winter in diesem Teil der Welt. Kaum anders als in Irland. Vielleicht etwas wärmer.  
    Duncan hob den Kopf und blinzelte in den Regen. Er mochte das Gefühl von Nässe auf seiner Haut, auch wenn ihm inzwischen das Wasser von den Haaren in den Kragen lief. Ann saß links neben ihm, so weit von ihm entfernt wie gerade noch möglich. Sie war in einen dunklen Umhang mit Kapuze gehüllt, den ihr Mrs McIntyre geliehen hatte. Für einen Augenblick versuchte er sich vorzustellen, es sei Mrs McIntyre selbst, die da neben ihm auf dem Kutschbock saß. Aber diese hätte nie so zusammengesunken dagesessen wie Ann, und sie wäre auch sicher nicht so weit von ihm abgerückt. Ann hatte nicht mitfahren wollen, aber ihr war nichts anderes übriggeblieben. Der Doktor hatte darauf bestanden. Seit sie aufgebrochen waren, hatte sie kaum ein Wort gesagt. Hatte sie etwa Angst vor ihm?  
    »Hoffentlich steht Toongabbie noch, wenn wir zurückkommen«, versuchte er einen schwachen Witz.  
    Ann blickte kurz auf und verzog ihr blasses Gesicht unter der Kapuze zu einem gequälten Lächeln. Mehr nicht. Na, da hatte man ihm ja eine reizende Begleitung mitgegeben.  
    Aber Duncan war weit davon entfernt, sich zu beschweren. Zum ersten Mal war er allein – nun ja, fast allein – unterwegs. Der Doktor schickte ihn nach Sydney, um dort eine Sendung Metall abzuholen. Duncan konnte verstehen, dass McIntyre nicht selbst den mühseligen Weg auf sich nahm, wenn er trocken und warm zu Hause in seinem Studierzimmer sitzen konnte. Ihm selbst machte das Wetter nichts aus. Er wäre jede Strecke gefahren, bedeutete das doch, endlich einmal aus Toongabbie herauszukommen.  
    Aber wieso hatte der Doktor gewollt, dass Ann mitkam? Eine große Hilfe war sie Duncan nicht gerade. Befürchtete McIntyre, dass sein Gehilfe sich absetzen könnte? Doch dafür gab es absolut keinen Grund, schließlich hätte es zurzeit nicht besser für Duncan laufen können. Zwar war der neuerliche Versuch vor wenigen Tagen trotz der vielen Übungsstunden eine ziemliche Tortur für ihn gewesen, die er nur durchgestanden hatte, weil er dabei stumm gebetet hatte. Aber es hatte sich gelohnt: Er hatte McIntyre von seiner grundsätzlichen Eignung überzeugen können. Der Doktor war seitdem regelrecht gut gelaunt, ja, er hatte ihn sogar gelobt. Und für Duncan bedeutete es einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Begnadigung.  
    Ein Geräusch wie ein schrilles Quieken kam aus dem Busch; Ann stieß einen erschreckten kleinen Schrei aus und rückte unwillkürlich etwas näher zu ihm. Sie zitterte am ganzen Körper und duckte sich noch mehr. »Was … was ist das?«  
    »Sicher bloß ein Tier. Ein Känguru oder ein Dingo.«  
    »Und … und wenn es ein Wilder ist?« Sie ließ sich nicht so leicht überzeugen. »Sie … sie töten alle Weißen, habe ich gehört.«  
    »Wer hat dir denn das erzählt?«  
    »Weiß nicht.«  
    Immerhin sprach sie endlich. Vielleicht konnte er sie von ihrer Angst ablenken? »Du redest nicht gern, oder?«  
    »Mir hat nie jemand zugehört«, sagte sie in den Schatten ihrer Kapuze hinein.  
    »Was hast du angestellt?«  
    »Was?« Sie sah ihn erschreckt an.  
    »Weshalb bist du hier? Diebstahl?«  
    Ein kaum wahrnehmbares Nicken unter der Kapuze.  
    »Wie viel haben sie dir aufgebrummt? Auch sieben Jahre?«  
    Ein weiteres stummes Nicken. Dieses Gespräch gestaltete sich reichlich einsilbig. Und doch tat sie ihm leid. Wie alt sie wohl sein mochte?  
    »Weißt du, dass weibliche Sträflinge freikommen, wenn sie heiraten?«, versuchte er es ein letztes Mal. »Wer weiß, vielleicht findet sich ja schon bald ein Bewerber für dich, und –«  
    »Nein!«, stieß Ann aus. Sie wirkte dermaßen entsetzt, als hätte er ihr einen Mord vorgeschlagen. »Nein, ich werde nie heiraten! Lieber warte ich weitere sieben Jahre!«  
    Gut, dann eben nicht. Duncan hob die Schultern und schwieg nun seinerseits.  
    »Er hat sie immer geschlagen«, sagte Ann urplötzlich in den nachlassenden Regen hinein.  
    »Wer?«  
    »Mein … mein Vater.« Sie sprach so leise, dass Duncan sich vorbeugen musste, um sie zu verstehen. »Er … er hat meine Mutter geschlagen. Immer, wenn er getrunken hatte. Und mich auch. Ich hatte schreckliche Angst vor ihm. Als er starb, war ich dreizehn.« Sie zitterte leicht. »Ich habe dann Anstellung als Magd gefunden, bei einem reichen Mann.«  
    Der Regen ließ weiter nach. Der Weg erstreckte sich schnurgerade vor ihnen. Rechts vor ihnen

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