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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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von ihr lösen wollte. »Nicht aufhören!«  
    »Das … das dürfen wir nicht!«, stieß er ein wenig atemlos hervor, aber im nächsten Moment hielt er sie schon wieder in seinen Armen, entflammte ihren Körper erneut.  
    »Wir müssen zurück«, sagte er, als sie schließlich mit wunden Lippen voneinander ließen.  
    »Ich will nicht«, murmelte Moira. »Lass uns für immer hierbleiben. Halt mich einfach nur fest!«  
    Für eine Weile standen sie in stummer Umarmung da, selbstvergessen, dem Herzschlag des anderen lauschend. Dann schreckte Moira ein eigenartiges Geräusch auf, ein dunkles, dumpfes Grollen, weit entfernt und doch irgendwie nah.  
    »Hörst du das auch?«  
    »Ja.« Duncans Stimme klang eher amüsiert als besorgt.  
    »Was ist das?«  
    »Mein Magen«, bekannte er.  
    »Was?« Die kurzzeitige Anspannung fiel von Moira ab, sie lachte wie ein kleines Mädchen. »Das ist dein Magen, der da so knurrt? Hast du denn noch nichts gegessen?«  
    »Nein. Ich musste ja hinter jungen Frauen herschleichen, die nachts einen Ausflug in den Busch machen wollen.«  
    Erneut kicherte sie. Aber der Zauber war gebrochen, die Wirklichkeit hatte sie wieder. Sie räusperte sich. »Wir … Ich sollte jetzt gehen.«  
    Hand in Hand bahnten sie sich einen Weg durch die Finsternis, zurück in die Zivilisation, vorbei an wisperndem Nachtgetier und duftenden Büschen. Als sie die Laternen des Hauses durch das dichte Laub schimmern sahen, blieb Duncan stehen.  
    »Gute Nacht«, sagte er leise.  
    Er blieb im Schatten der Bäume zurück, während sie auf das Haus zuging, süßen Schmerz auf den Lippen.  

10.  
     
    Ein lauter Schnarcher ihres Mannes riss Moira aus dem Schlaf. Sie schreckte auf, brauchte einige Sekunden, um sich in der Dunkelheit zu orientieren. Wovon hatte sie bloß geträumt? Von Irland? Nur das Echo von etwas Verlorenem hallte in ihren Gedanken wider.  
    Neben ihr erklang das grunzende Atmen von McIntyre, der sich an diesem Abend wie auch an den zurückliegenden schweigend neben sie gelegt hatte und sogleich eingeschlafen war. Das Fenster war geschlossen – McIntyre wollte es so –, und in der Schlafstube war es warm und stickig. Moira warf die Decke zurück, das Nachthemd klebte verschwitzt an ihrem Körper. So konnte sie unmöglich wieder einschlafen, dabei wäre sie so gerne zurückgekehrt zur verlorenen Heimat. Ob sie den Traum zurückbringen konnte? Leise richtete sie sich auf, öffnete die Schachtel unter ihrem roh gezimmerten Nachttischchen und holte ein in Ölpapier gewickeltes kleines Päckchen hervor.  
    Auf nackten Füßen ging sie in die Küche. In der gemauerten Feuerstelle glomm etwas rote Glut wie das Auge eines Riesen. Leise, um Ann, die in der Nebenkammer schlief, nicht zu wecken, ging Moira auf die Knie und öffnete das Päckchen. Torf, mitgebracht aus Irland. Die Moorerde fühlte sich gut an unter ihren Händen; dunkel und bröselig, von Fasern durchsetzt. Moira gab die Hälfte davon in die Glut und blies behutsam darauf, sah zu, wie der Torf an den Rändern sanft zu glühen begann, bis der rote Saum eine Ecke erfasste und der Brocken mit kleiner blauer Flamme zu brennen begann.  
    Sie schloss die Augen und atmete tief ein, als die Küche sich mit dem Geruch der alten Heimat füllte, dem dunklen, würzigen Moorgeruch. Mit einem Schlag war alles wieder da: ihr Zimmer in Dublin. Ivy. Dorchas. Der Stall und das neugeborene Fohlen. Vaters Weinkeller. Der Tee am Nachmittag. Scones mit Erdbeermarmelade.  
    Die Sehnsucht nach Zuhause wurde plötzlich übermächtig. Sie hatte gehofft, sich besser zu fühlen, diese fiebrige, innere Unruhe besänftigen zu können, aber das Gegenteil war der Fall. Es wurde schlimmer. Das Heimweh legte sich schwer auf ihre Brust und ließ sie kaum atmen.  
    Sie musste nach draußen. Hier bekam sie keine Luft mehr. Keuchend sprang sie auf, lief zur Eingangstür und stürzte hinaus auf die Veranda.  
    Der Regen hatte aufgehört, es war erstaunlich kühl. Ein vom Dach herabfallender Tropfen traf sie auf der Nase. Für eine Weile stand sie nur da und versuchte, wieder zur Ruhe zu kommen. In der regenfeuchten Dunkelheit ging ihr Atem wieder leichter, verschwand der Druck um ihren Brustkorb. Sie legte den Arm um einen der hölzernen Pfeiler, die das Vordach trugen, und lauschte hinaus in die Nacht. Es musste weit nach Mitternacht sein. Bis auf ein paar ferne Tierlaute, die vom Busch herüberschallten, regte sich nichts. Auch Ann schien nicht

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