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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Priester, den er kannte, war Vater Harold, ebenfalls ein Sträfling. Und hatte man Vater Harold nicht festgenommen, um ihn über einen angeblich geplanten Aufstand zu befragen? So oder so, er durfte Moira keinem Risiko aussetzen. Niemand, auch kein Beichtvater, durfte wissen, was geschehen war.  
    Erneut schlug er mit gleichmäßigen, dumpfen Schlägen auf die Metallplatte. Er hatte den Rest der Nacht im Gebet verbracht, Reue und Buße gelobt und war mit den ersten Sonnenstrahlen aufgestanden. Doch noch immer erfüllte ihn die Erinnerung an Moiras überraschenden nächtlichen Besuch und an das, was danach passiert war, mit tiefem Glück. Ein Gefühl, das sich absolut nicht mit seinen Gewissensbissen vereinbaren lassen wollte. Sooft er nur daran dachte – an sie dachte –, kribbelte es in seinem Bauch, als säße dort ein Bienenschwarm. Warum musste er sich auch unbedingt in eine verheiratete Frau verlieben?  
    Er würde sich von ihr fernhalten. Sie nie wieder begehrlich ansehen, sie nie wieder berühren. Nur so konnte er sichergehen, dass es nie wieder geschah. Allerdings hatte er keine Ahnung, wie er das anstellen sollte. Er konnte schließlich nicht einfach um seine Versetzung bitten. Der Doktor würde ihn nicht gehen lassen, jetzt, wo Duncan sich als so nützlich erwiesen hatte.  
    Gott stellte ihn schnell auf die Probe; er hörte Schritte und wusste, dass es Moira war. Insgeheim, musste er sich eingestehen, wartete er schon seit McIntyres Abfahrt auf sie. Schnell legte er einen alten Lappen über seine Arbeit; der Doktor hatte ihm schließlich strengste Geheimhaltung eingeschärft. Als er den Blick hob, stand sie vor ihm, und ihm war klar, dass er seine guten Vorsätze nie würde einhalten können.  
    In ihrem zitronengelben Kleid sah sie aus wie der junge Morgen. Ihre Augen glänzten, auf ihrer hellen Haut lag ein rosiger Schimmer, und zum ersten Mal wirkte sie auf ihn fröhlich und unbeschwert. Ihr Lächeln entzündete ein kleines Feuerwerk in seinem Bauch.  
    »Guten Morgen«, sagte sie leise und blickte sich verstohlen um. »Ist er weg?«  
    Duncan nickte. »Seit einer halben Stunde. Er wollte nach Parramatta.« Es fiel ihm schwer, seiner Stimme einen neutralen Klang zu geben und sich seine Gefühle nicht anmerken zu lassen. Herr im Himmel, diese Frau konnte ihn allein mit ihrem Lächeln um den Verstand bringen. Am liebsten hätte er sie an sich gezogen und nie wieder losgelassen.  
    »Ich weiß. Ich wollte nur sichergehen.« Mit einem Schlag wirkte sie verlegen, ihr rosiger Teint vertiefte sich zu einem dunkleren Rot. »Ich … nun … ich habe dich in der letzten Nacht in eine ziemlich … missliche Lage gebracht. Das war äußerst gedankenlos von mir.«  
    Das klang nicht, als würde sie bereuen, was sie getan hatten. Er sah sie fragend an.  
    »Nun ja«, sie knetete ihre Finger, während ihre Röte bis hinauf zum Haaransatz kroch. »Du hattest wohl kaum eine Wahl, als … Na, du weißt schon.«  
    Duncan hob die Schultern. »Ich hätte dich einfach gehen lassen können.«  
    »Aber das hast du nicht.« Sie kam ein Stückchen näher. »Wieso?«  
    »Weil ich es genauso sehr wollte wie du.« Wenn sie sich ihm noch weiter näherte, würde er sie küssen. »Hast du das nicht gemerkt?«  
    »Doch.« Ein glückliches Lächeln ging über ihr Gesicht.  
    »Aber …« Es ist eine Sünde, wollte er sagen. Es darf nie wieder geschehen. Doch er brachte es nicht über die Lippen. In seinen Lenden zog es – diese Region scherte sich keinen Deut um seine hehren Vorsätze.  
    Moira trat einen Schritt zurück, sah sich auf dem kleinen Tisch um, an dem er arbeitete, und deutete auf den Lappen, unter dem die verformte Metallplatte lag. »Was machst du da eigentlich?«  
    »Arbeiten«, antwortete er ausweichend. »Für den Doktor.«  
    »Und was genau?« Sie versuchte, das Stück Stoff an einer Ecke anzuheben.  
    Duncan legte seine Hand darauf. »Das darf ich nicht verraten.«  
    Moira hob erstaunt eine fein geschwungene Braue. »Nicht einmal mir?«  
    Er schüttelte den Kopf. »Niemandem. Ich habe ihm mein Wort gegeben.«  
    In Moiras Augen trat plötzlich ein herausforderndes Glitzern. Sie zog ihre Hand fort und griff nach dem Hammer.  
    »Dann nehme ich eben den hier.« Sie versteckte das Werkzeug hinter ihrem Rücken. »Du bekommst ihn erst wieder, wenn du es mir verrätst.«  
    »Moira, bitte, das ist … albern.« Dabei fand er es gar nicht albern. Eher … anregend. Aufregend.

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