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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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verursachte: ein goldfarbener Dingo, ganz ähnlich dem, der July stets begleitete. Das Tier stand vor Major Penrith und benahm sich ausgesprochen merkwürdig. Es jaulte, legte sich auf den Boden, knurrte, sprang auf, legte sich erneut hin und winselte, als sei der Major eine Beute, die zu groß, aber unwiderstehlich war. Oder als wollte es ihn warnen.  
    Der Major wirkte irritiert. Er fuchtelte mit den Armen und versuchte, das Tier zu treten. »Verschwinde, verdammter Köter!«  
    Ein Aufschrei unterbrach ihn. »Wilde!«  
    Allgemeine Panik war die Folge. Die Geschichten über den scheinbar unverwundbaren Schwarzenhäuptling und seine Verbrechen kamen Moira sofort wieder ins Gedächtnis, und das Entsetzen kroch ihr mit Spinnenbeinen über den Rücken.  
    »Zurück ins Haus!«, ertönte es von irgendwo, und: »Waffen, zu den Waffen!«  
    Dann sah Moira den Grund des Schreckens, und die Erleichterung erfasste sie gleich doppelt. Einmal, weil es nur ein einzelner Mensch war, und zweitens, weil es sich dabei um July handelte. Sie lebte! Reglos stand sie vor dem Wald, nur wenige Schritte von ihnen entfernt, und blickte die Gesellschaft stumm an. Diesmal erhellte kein Lächeln ihre dunklen Züge. Was tat sie hier, fern von Toongabbie?  
    »Beruhigt Euch! Ich kenne sie – sie ist harmlos!«, rief Moira. Die allgemeine Aufregung legte sich allmählich, dennoch zogen es die meisten vor, sich zurück ins sichere Haus zu begeben.  
    Moira wäre am liebsten zu dem Mädchen gegangen, aber irgendetwas hielt sie zurück. July wirkte so anders als sonst, so – unnahbar. Moiras Augen hatten sich an das flackernde Helldunkel gewöhnt; sie sah eine kaum verheilte Wunde wie von einem Streifschuss an Julys linkem Arm.  
    Auch der Major hatte July erblickt. »Du verdammte Satansbrut!«, schrie er. Seine Hand fuhr an den Degen an seiner Hüfte. »Noch einmal entkommst –«  
    Urplötzlich stöhnte er auf. Er öffnete den Mund zu einem lautlosen Schrei, dann stürzte er zu Boden. Für einige Sekunden blieb er liegen, steif wie ein Ladestock, mit verzerrtem Gesicht und verdrehten Augen. Dann fing sein ganzer Körper an zu zucken, seine Arme und Beine ruderten in Krämpfen. Moira bekam einen Fußtritt ab, der sie straucheln ließ, und bevor sie sichs versah, fiel sie mit dem Hinterteil auf die Erde.  
    »Einen Arzt!«, rief jemand. »Schnell, wir brauchen einen Arzt!«  
    »Verdammt!« William Penrith war neben ihr aufgetaucht, dahinter McIntyre.  
    »Habt Ihr Euch verletzt?« Auch O’Sullivan war plötzlich an ihrer Seite; er beachtete den wild um sich rudernden Major kaum.  
    »Nein.« Sie ließ sich von ihm aufhelfen. »Danke.«  
    Wentworth war ebenfalls herbeigeeilt. »Was ist passiert?«  
    »Ein Anfall. Haltet seine Arme und Beine fest!«, wies McIntyre die Männer an.  
    Das war gar nicht so einfach. Heftige Zuckungen schüttelten den Körper des Majors wie in einem absurden Tanz. Sein Kopf fuhr auf und schlug zurück auf den Boden. Aus seinem Mund kam schaumiges Blut, es sah zum Fürchten aus. Moira verfolgte das Ganze mit einer Mischung aus Abscheu und Faszination. Was geschah hier?  
    William zog sich hastig seinen Uniformrock aus, knüllte ihn zusammen und legte ihn unter den Kopf seines Bruders. Offenbar geschah so etwas nicht zum ersten Mal. Zu viert gelang es ihnen schließlich, den Major festzuhalten; William und O’Sullivan an den Armen, die beiden Ärzte an den Fußgelenken. Das minderte die Zuckungen etwas.  
    Nach ein paar Minuten ließen die Krämpfe nach, erschlaffte der Körper. Der Major schnappte röchelnd nach Atem, dann schien er übergangslos in Schlaf zu fallen. William seufzte auf, lockerte seinem Bruder die Halsbinde und wischte ihm damit das Blut vom Kinn. Als Moira aufschaute, bemerkte sie, dass July und der Dingo verschwunden waren.  
    »Ist es das, was ich denke?«, fragte Wentworth leise.  
    William sah ihn erschöpft an, dann nickte er.  
    »Wie oft hat er diese Anfälle?«  
    »Das weiß ich nicht. Vermutlich nicht allzu häufig. Dr. Wentworth, ich … mein Bruder und ich wären Euch zu großem Dank verpflichtet, wenn Ihr über diese Krankheit Stillschweigen bewahren könntet. Ihr ebenfalls, Dr. McIntyre.«  
    McIntyre nickte wortlos.  
    »Selbstverständlich«, sagte Wentworth. »Das fällt unter die ärztliche Schweigepflicht.« Er erhob sich. »Kein Grund zur Sorge, Ladies und Gentlemen«, rief er in die Runde, die sich spürbar verkleinert hatte. »Der Major ist von

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