Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
Tony.«
    »Gut, daß ich gerade noch rechtzeitig auf Ihre Linie eingeschwenkt bin, sonst würde ich wie ein verdammter Schwachkopf dastehen«, sagte Bob Stansfield und streckte Tony die Hand hin.
    »Gut gemacht, Doc.« Carol lächelte verstohlen. Gott sei Dank fing der Rest des Teams endlich an zu akzeptieren, daß Tony durchaus positive Aspekte beizutragen hatte. Erstaunlich, wie sich die Atmosphäre seit dem Ausscheiden von Tom Cross verändert hatte.
    Kevin rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Und was hat das forensische Labor rausgefunden? Irgendwas über unsere Fälle oder nur vorläufige Feststellungen zum Mord an Chaz Collins?«
    Brandon überflog den anderen Bericht. »Vorläufiges Ergebnis … vorläufig … vorläufig …« Dann zog er scharf den Atem ein. »O mein Gott«, sagte er, und seine Stimme klang verwirrt, aber auch angeekelt.
    »Was ist los, Sir?« fragte Carol.
    Brandon strich sich mit der Hand über sein langes Gesicht und starrte wieder auf das Blatt, als müßte er überprüfen, ob er auch nichts mißverstanden hatte. »Sie haben sich die Brandnarben auf Damien Connollys Leiche näher angesehen, wollten rausfinden, womit sie verursacht worden sind.«
    Tony war gerade im Begriff, sich den letzten Bissen seines Brötchens in den Mund zu schieben, erstarrte aber mitten in der Bewegung.
    »Und was ist dabei rausgekommen?« fragte Bob Stansfield ohne Umschweife.
    »Eine total verrückte Sache«, antwortete Brandon. »Das einzige Gerät, daß die Jungs vom Labor sich vorstellen können, sind die Metalltüllen eines Satzes, mit denen man Torten und Kuchen verziert.«
    »Natürlich!« stieß Tony aus, und in seinen Augen leuchtete ein verträumtes Lächeln auf. »All die verschiedenen Sternmuster! Es ist ganz offensichtlich, wenn man erst mal darauf gekommen ist.« Ihm wurde plötzlich bewußt, daß die anderen vier ihn anstarrten. Carol allein wirkte einfach nur interessiert, der Gesichtsausdruck der übrigen spiegelte Empfindungen wider, die er kannte: vorsichtige Distanz, Widerstand, Unverständnis.
    »Hochkarätiger Verursacher von Kopfschmerzen«, sagte Stansfield. Niemand war sich sicher, ob er den Killer oder Tony meinte.
     
    Von dem Tag an, an dem Penny Burgess die Kriminalberichterstattung bei der
Bradfield Evening Sentinel Times
übernommen hatte, war sie fest entschlossen gewesen, bessere Kontakte aufzubauen, als ihre männlichen Vorgänger sie gehabt hatten. Sie war sich im klaren darüber, daß die männlichen Rituale der Freimaurerlogen und die Herrenzimmer in den Häusern der Oberschicht verschlossene Welten für sie bleiben würden, aber sie setzte sich zum Ziel, daß selbst dort nichts von Bedeutung ohne ihr Wissen geschehen würde.
    So war es denn nicht überraschend, daß ihr Telefon zu Hause an diesem Morgen zwischen sechs und sieben bereits zweimal geläutet hatte. Beide Anrufe kamen von Polizeibeamten, die ihr mitteilten, daß der Mann, den man in Verbindung mit den Schwulenmorden bereits einmal verhört hatte, beim Versuch, das Land zu verlassen, erneut festgenommen worden war. Keine Namen, keine Hinweise auf Verdachtsmomente, aber der anonyme Verdächtige werde heute morgen dem Haftrichter vorgeführt, um ihn wegen Mißachtung einer richterlichen Anweisung erneut in Haft zu nehmen. Der Zusammenhang mit der Entdeckung einer fünften Leiche, die Penny bis nach zwei Uhr vom Schlafengehen abgehalten hatte, war offensichtlich.
    Penny lächelte verträumt vor sich hin, während sie die zweite Tasse Earl Grey schlürfte. Man würde ihr heute abend wieder die Titelseite einräumen, vorausgesetzt, der Herausgeber und der Haftrichter blieben bei ihrem Kurs. Sie stellte die Teetasse und die Müslischale in das Spülbecken und schlüpfte in ihren Mantel. Auf jeden Fall stand ihr ein interessanter Tag bevor.
     
    Carol hatte den kürzeren gezogen, als geklärt werden mußte, wer zum Gericht gehen und aufpassen sollte, ob beim Haftrichter alles nach Plan verlief. Stansfield und Kevin hatten Rückstände in den Ermittlungen aufzuholen, und Tony mußte nach Leeds zu einem seit langem verabredeten Treffen mit einem kanadischen Psychologen fahren, der dort an einer Tagung teilnahm. Sie hätten, sagte Tony, einige esoterische Aspekte seiner Realisierbarkeitsstudie für die Einsatzgruppe zu besprechen. »Konzeptionelle Umrißplanung«, hatte er erklärend hinzugefügt.
    Er hätte genausogut »Quantenmechanik« sagen können, dachte sie ironisch, als sie die Treppe zum

Weitere Kostenlose Bücher