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Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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seine Telefonate fortsetzte.
    »Wenn ich sagen würde, ich hätte das für nichts auf der Welt verpassen wollen, gäbe es sicher einige Leute, die das mißverstehen würden«, erwiderte Tony gequält. »Was führt Sie zu der Annahme, daß es Handy Andy war?«
    »Das Opfer ist nackt, und die Kehle ist durchgeschnitten. Der Mann ist offensichtlich in einem Rollstuhl hergebracht worden, aber dann hat man ihn auf den Boden gekippt. Und auf der Leiche lag die Titelseite der
Sentinel Times
von gestern abend.« Carols Stimme war angespannt, ihr Blick verstört. »Wir haben ihn provoziert, nicht wahr?«
    »Nein, das haben wir nicht. Die Zeitung mag das getan haben, aber nicht wir«, antwortete Tony. »Dennoch, ich habe nicht erwartet, daß er so schnell reagiert.«
    Merrick kam wieder zu ihnen und sagte erfreut: »Sieht so aus, als ob ich dem Rollstuhl auf die Spur gekommen wäre. Am Abend ist einer aus der Empfangshalle der Geburtsklinik verschwunden. Wenn wir Glück haben, hat vielleicht jemand was gesehen.«
    »Gute Arbeit, Don«, lobte ihn Carol und fragte dann Tony: »Sollen wir uns jetzt die Leiche mal ansehen?« Er nickte, und sie drängten sich durch die herumstehenden Polizisten zum Eingang der Toilette. Tony ging langsam in den Waschraum, machte in Gedanken eine Bestandsaufnahme, während er sich umschaute, registrierte die schwarzen Gummifliesen mit den ein wenig hervorstehenden kreisförmigen Innenflächen, das anscheinend zufällige Muster der grauen und schwarzen Wandfliesen, die herausfordernden Graffiti, die abgestandene naßkalte Luft und den Geruch nach Desinfektionsmitteln, der allerdings den Uringestank kaum überdecken konnte. Im Flur hinter dem Waschraum lag links die Herren- und rechts die Damentoilette. Die Behindertentoilette befand sich rechts neben dem Eingang zur Damentoilette. John Brandon und Kevin Matthews standen vor der Tür und schauten durch den breiten Türrahmen nach innen. Tony ging zu ihnen und stellte sich hinter die in bedrücktem Schweigen verharrenden Männer. Ein Polizeifotograf nahm eine Szene auf, die eine Jury bis ins Mark treffen würde, wenn es Brandons Männern je gelingen sollte, Handy Andy vor Gericht zu bringen.
    Tony sah sich die auf dem Boden liegende Leiche aufmerksam an. Sie war, wie Carol bereits gesagt hatte, nackt, aber sie war nicht gesäubert worden. Flecken irgendeiner dunklen, öligen Substanz befanden sich an den Knien, den Ellbogen und an einem Fußknöchel. Auch eingetrocknete Blutflecken bedeckten den Körper. Der Schnitt in die Kehle klaffte weit auf, war aber, wie Tony vermutete, nicht tief genug, um den Tod herbeigeführt zu haben. Soweit er es sehen konnte, waren die Geschlechtsteile nicht verletzt, aber der Anus und das ihn umgebende weiche Fleisch waren mit tiefen Schnitten eines scharfen Messers entfernt worden. Ein Gefühl der Erleichterung durchflutete Tony, zwang ihn, Notiz davon zu nehmen, was er verdrängt hatte, woran er einfach nicht hatte denken wollen. Wie Carol hatte auch er befürchtet, daß seine Aktivitäten Handy Andy dazu provoziert hatten, seinen Zyklus zu durchbrechen und vorzeitig wieder zuzuschlagen. Seit Brandons Anruf hatte diese Horrorvorstellung auf seiner Schulter gelastet wie ein riesiger, unheilbringender Raubvogel.
    Tony sah Brandon an und sagte geradeheraus: »Das war nicht unser Mann. Das war ein Trittbrettfahrer.«
     
    Aus dem Schatten am anderen Ende der Clifton Street beobachtete Tom Cross, den Mantelkragen hochgeschlagen, einem Gnom gleich, der aus einem Gully emporgestiegen ist, das bekannte Ritual des Polizeieinsatzes am Fundort einer Leiche. Mit einem flüchtigen Lächeln auf den Lippen zog er sich noch weiter in den Schatten zurück. Er nahm sein Notizbuch aus der Jackentasche und riß eine Seite heraus. Im schwachen Licht einer Straßenlaterne kritzelte er auf das Blatt: »Lieber Kevin, ich wette um eine goldene Uhr, daß der Schwulenkiller diesen Mord nicht begangen hat. Alles Gute, Tom.« Er faltete das Blatt zu einem kleinen Quadrat und schrieb »Detective Inspector Kevin Matthews persönlich« darauf. Dann ging er auf die Zuschauer zu, die sich vor dem Absperrband angesammelt hatten, und drängte sich bis zu einem Constable vor. »Sie wissen sicher, wer ich bin, Kollege?« fragte er herausfordernd.
    Der Constable nickte zögernd und schaute sich scheu nach allen Seiten um, ob jemand seine Begegnung mit dem derzeit bekanntesten Aussätzigen der städtischen Polizei wahrnahm.
    Cross drückte ihm den Zettel in

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